Alle Jahre wieder treffen sich die Deutschen auf dem Weihnachtsmarkt. Viele kommen erst so richtig in Feststimmung, wenn sie sich durch Massen teils angetrunkener Menschen quetschen müssen und sich am ersten Glühwein die Zunge verbrennen.
Die weihnachtliche Beleuchtung und die Lautsprecher-Beschallung mit "Last Christmas" tun ihr Übriges. Das hat schon alles seinen Charme, seit einigen Jahren kocht zur Weihnachtsmarktsaison aber auch immer wieder die Debatte um ein Getränk mit dem Namen "Lumumba" auf.
In Frankfurt am Main hat die Tourismus und Congress GmbH, die den Weihnachtsmarkt organisiert, den Standbetreiber:innen in diesem Jahr empfohlen, das Kakao-Getränk mit Schuss unter einem anderen Namen anzubieten, um keine rassistischen Stereotype zu bedienen.
Aber warum wird das Getränk überhaupt mit Rassismus in Verbindung gebracht und wie ist der Name Lumumba zustande gekommen?
Letztere Frage lässt sich nur schwer beantworten, denn die Namensherkunft des Getränks ist bis heute nicht geklärt. Was allerdings klar ist: Lumumba ist der Nachname des afrikanischen Freiheitskämpfers Patrice Lumumba.
Er wurde 1925 im Kongo geboren, als das Land noch von der Kolonialmacht Belgien besetzt und ausgebeutet wurde. Als junger Mann engagierte er sich jahrelang für die Unabhängigkeit seines Landes und war am Ende tatsächlich erfolgreich: Am 30. Juni 1960 erlangt die Demokratische Republik Kongo ihre Unabhängigkeit von Belgien; Lumumba wird erster Premierminister des zentralafrikanischen Landes.
Damit sollte die jahrzehntelange Ausbeutung und koloniale Unterdrückung endlich ein Ende finden. Wenige Monate später kam es allerdings zum Militärputsch und Lumumba wurde wegen seiner angeblichen Nähe zur Sowjetunion verhaftet. An diesem Vorgang sollen Belgien und die USA beteiligt gewesen sein.
Im Januar 1961 wurde Lumumba schließlich von einem belgisch-kongolesischen Kommando erschossen. Um Spuren zu verwischen, wurde sein Leichnam später in Säure aufgelöst.
Und genau an diesen Todesumständen hängt sich nun die Kritik an der Bezeichnung "Lumumba" für das Heißgetränk auf: ein erschossener Freiheitskämpfer als Namensgeber für einen Kakao mit Schuss? Das halten einige Menschen für mehr als unangebracht.
"Eine zentrale Figur des Widerstands gegen Kolonisierung und Rassismus wird hier auf ein Getränk reduziert", erklärte beispielsweise Tahir Della, Pressesprecher der Initiative Schwarze Menschen Deutschland (ISD) 2022 gegenüber dem WDR.
Das stoße bei Schwarzen Menschen auf großen Unmut, da sie zu Objekten degradiert würden. Es fällt laut Della aber schwer, auf diese Problematik hinzuweisen, weil viele Menschen in Deutschland die Geschichte dahinter nicht kennen würden.
Andere sehen in der Bezeichnung keine (subtile) Form des Rassismus, sondern eine Art Gedenken an den kongolesischen Freiheitskämpfer. "Zumindest diejenigen, die den Hintergrund kennen, haben die Ehrung von Patrice Lumumba auch immer ein bisschen mitverkauft", sagt Thomas Roie, Vorsitzender des Schaustellerverbandes Frankfurt Rhein-Main gegenüber der "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Mit der Umbenennung gerate nun ein stolzer Freiheitskämpfer in Vergessenheit. Wie viel Aufklärungsarbeit bisher an deutschen Weihnachtsmarktbuden über einen antikolonialen Widerstandskämpfer aus dem Kongo geleistet wurde, kann man sicherlich hinterfragen.
Aber auch Roie gesteht ein: "Wenn einmal irgendwo in einer Fehlbenennung unwissentlich 'Lumumba mit Schuss' genannt wurde, dann hatte das mit Sicherheit einen unschönen Beigeschmack, wenn man die Hintergründe kennt." Die Empfehlung des Veranstalters zur Umbenennung des Getränks wollen die Standbetreiber:innen jedenfalls mittragen.
Die Initiative Schwarzer Menschen Deutschland wird das wohl gutheißen. Und alle anderen werden es höchstwahrscheinlich verkraften, wenn auf an den Weihnachtsmarktbuden künftig mit Kakao mit Schuss geworben wird. Am Geschmack ändert das nämlich nichts.