
Bei Zara sind die Models dünn – und die Ideale auch.Bild: imago images/ NurPhoto
Analyse
Die Rückkehr zum extrem schlanken Körper bringt ein fragwürdiges Ideal zurück in den Mainstream. Zara gerät deshalb ins Visier der britischen Werbeaufsicht. Und steht plötzlich im Zentrum eines ästhetischen und politischen Klimawandels.
06.08.2025, 19:5406.08.2025, 19:54
2022 zwängte sich Kim Kardashians zur Met Gala in das legendäre, goldene Kleid von Marilyn Monroe; sagte später etwas zu stolz, sie habe dafür in wenigen Wochen sieben Kilo abgenommen und da war es eigentlich schon geschehen: Wenn sich die Silhouetten und Proportionen der Kardashians – verlässlicher Seismograf moderner Schönheitsstandards – verändern, passt sich schließlich auch die Welt an: aus Brazilian Butt Lift wurde Ozempic.
Das, was früher als "Heroin Chic" bekannt war – eingefallene Wangen, harte Schatten, hervorstehende Knochen – kehrte in die Ästhetik des Mainstreams zurück. Und mit ihm die Debatte um Schönheitsideale, Körperbilder und eine Gesellschaft, die auch modisch wieder ins Reaktionäre driftet. Dünn ist zurück wie die Wehrpflicht und Oasis. Und mit der Rückkehr kommt auch die Kritik.
Zara wird in Großbritannien für Werbung gerügt
Zwei Werbeanzeigen des Modekonzerns Zara wurden nun von der britischen Advertising Standards Authority (ASA) sogar verboten. Der Vorwurf: Die Models in den Bildern wirkten "ungesund dünn". Die Anzeigen seien daher "unverantwortlich" und dürften "in ihrer aktuellen Form nicht wieder erscheinen".
Zara, Fast-Fashion-Gigant und eine der erfolgreichsten Modemarken der Welt, entfernte die betreffenden Fotos nach Bekanntwerden der Entscheidung. Beide Models hätten ärztliche Atteste vorgelegt, die ihre Gesundheit bestätigten, teilte das Unternehmen mit.
In einer der beiden beanstandeten Aufnahmen trägt das Model ein kurzes, voluminöses Kleid, die Schultern sind freigelegt, das Licht fällt hart von der Seite. Die Kombination aus Pose, Schnittführung und Schatten habe den Eindruck erweckt, die Beine seien "auffällig dünn", befand die britische Werbeaufsicht.
In der zweiten Anzeige ist ein anderes Model in ein weit geschnittenes Hemd gekleidet, der Blick leer, die Haare streng zurückgebunden. Der tiefe Ausschnitt mache die "hervorstehenden Schlüsselbeine" zum "zentralen Blickfang" der Darstellung, so die ASA.
Zara ist sich "Verantwortung für Inhalte bewusst"
Zara erklärte, keine der Aufnahmen sei digital verändert worden, bis auf minimale Licht- und Farbkorrekturen. Die betroffenen Models hätten zudem für "renommierte Marken" gearbeitet.
Man habe sich an Empfehlungen des britischen Berichts "Fashioning a Healthy Future" gehalten. Dieser fordert unter anderem, dass Models ärztlich auf ihre Gesundheit und Essstörungen hin untersucht werden sollen. Zara betont, dass man sich "der Verantwortung für Inhalte bewusst" sei und "strenge Richtlinien" bei Auswahl und Inszenierung anwende.
Nur steht der Vorfall nicht allein da. Bereits im Juli war eine Anzeige der Modemarke Marks & Spencer verboten worden, weil ein Model ungesund dünn gewirkt habe. Große, spitz zulaufende Schuhe hätten die "Schlankheit ihrer Beine" übermäßig betont.
Auch der Konkurrent Next musste eine Anzeige für Skinny Jeans zurückziehen. Die ASA sprach hierbei von einer irreführenden Perspektive und einem Model, das "unproportioniert" wirkte.
Shirin David und Skinnytok: Vibe Shift bei Zara
Was sich hier abzeichnet, lässt sich als Teil eines ästhetischen Klimawandels verstehen, der sich nicht nur auf Laufstegen und Werbeplakaten zeigt, sondern auch auf Foren, Plattformen, auf Social Media. "Geh ins Gymmie, werde skinny", rappte Shirin David, der Hashtag skinnytok ist auf Druck der EU sogar gesperrt worden.
Die Rückkehr zu extrem schlanken Körperidealen fällt in eine Zeit, in der auch gesellschaftliche Leitbilder wieder stärker auf Disziplin, Ordnung und Anpassung ausgerichtet sind. Schlankheit wird dabei nicht per se politisch – wohl aber dann, wenn sie als einzig legitimes Ideal inszeniert wird und Abweichungen davon moralisch abgewertet werden.
Auf Social Media ist zu beobachten, wie bestimmte Ästhetiken Körper disziplinieren und zugleich konservative Rollenbilder normalisieren. Die neue Schlankheit wirkt in diesem Kontext weniger wie Ausdruck individueller Freiheit, sondern wie ein ästhetisches Echo eines gesellschaftlichen Klimas, das Vielfalt zunehmend unter Verdacht stellt.
Dass ausgerechnet Fast-Fashion-Giganten wie Zara solche Debatten mit auslösen, ist sicherlich kein Zufall. Marken, die im Wochentakt Kollektionen wechseln, brauchen eine Ästhetik, die universell genug ist, um zu gefallen und radikal genug, um Aufmerksamkeit zu generieren. Schlankheit funktioniert da als Signal und Strategie zugleich.
Wer entscheidet, wo "Unhealthiness" beginnt?
Die ASA zeigt mit ihren Entscheidungen ein Regulierungsideal, das in vielen anderen Ländern fehlt: Nicht alles, was visuell erlaubt ist, ist gesellschaftlich folgenlos.
Dabei ist der Grat schmal. Denn anders als bei irreführenden Preisen lässt sich "Unhealthiness" kaum objektiv messen. Der medizinische Nachweis eines gesunden Körpers reicht nicht aus, wenn der kulturelle Eindruck eines ungesunden Ideals dominiert.
Dass auf diese Weise Fragen des Körperbildes öffentlich und juristisch verhandelt werden, ist einerseits ein Zeichen von Fortschritt. Andererseits zeigt es, wie weit der Einfluss der Modeindustrie reicht: bis in die Wahrnehmung von Proportion, Normalität und Selbstbild.
In Kommentaren zur Next-Entscheidung wurde übrigens gefragt, warum keine Anzeigen mit "ungesund übergewichtigen" Models verboten würden. Auch das ist Teil der Verschiebung: Der neue Körpertrend hat längst begonnen, sein Gegenbild zu markieren.
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