Es ist so einfach, jemanden aus der Distanz zu beschimpfen, zu bedrohen, ihm den Tod zu wünschen. Internet macht's möglich. Ein Kommentar auf Insta, Youtube oder etwa Facebook ist schnell getippt und ebenso schnell sichtbar für Betroffene. Welche Wirkung Hassbotschaften haben können, blenden ihre Verfasser oft aus. Für die Betroffenen ist es aber alles andere als das, sie leiden häufig enorm unter den virtuellen Angriffen.
Trotz Aufklärung durch Pädagogen, der Bundesregierung oder Medien, ist Cyber-Mobbing noch immer verbreitet. Wie sehr, zeigt eine exklusive Umfrage, die watson zusammen mit Civey durchführte. Dabei befragten wir Menschen jeder Altersgruppe, um zu sehen, ob Cyber-Mobbing nur ein unter jungen Menschen verbreitetes Phänomen ist, oder ob es auch ältere betreffen kann.
Der Umfragezeitraum war vom 15. bis zum 19. Februar. Zu jeder Frage äußerten sich rund 8000 Personen. Für die Auswertung nahm Civey eine Quotenstichprobe von rund 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, das gilt für alle Fragen. Laut Civey ist das Ergebnis repräsentativ.
Dass viele junge Menschen von Mobbing betroffen sind, ist klar. Gelten sie doch als Digital Natives. Allerdings können Hassnachrichten auch Teil der Lebensrealität von Menschen weit über 60 sein. Immerhin hat jeder Zugriff auf das Internet. Wer auf einer sozialen Plattform unterwegs ist, kann zum Angriffsziel werden.
Dafür aber deutlich seltener als junge Menschen, wie sich bei unserer Umfrage herausstellte. Sechs Prozent der Befragten über 65 gaben an, Erfahrungen mit Cyber-Mobbing gemacht zu haben. Mit sinkendem Alter steigen die Zahlen. Unter den Befragten zwischen 18 und 29 Jahren war jeder Vierte davon betroffen, in Zahlen sind es rund 27 Prozent.
Ein möglicher Grund für die Ergebnisse: Je jünger die Befragten sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Internet in ihrem Leben eine große Rolle einnimmt, sei es beruflich oder privat. Auch insgesamt sind die Ergebnisse eher bedrückend. 14 Prozent der Deutschen waren bereits Opfer von Mobbing im Internet.
Viele Menschen waren also bereits von Cyber-Mobbing betroffen. Neu ist das nicht. 2014 stellte sich in einer Studie vom Bündnis gegen Cyber-Mobbing heraus, dass von über 6000 Befragten über 18 Jahren rund acht Prozent Opfer von Cyber-Mobbing waren. 2018 stieg die Zahl in einer weiteren Auswertung auf 30 Prozent, obwohl es mit 4000 Personen deutlich weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmer gab. Die Zahlen sprechen dafür, dass Mobbing in der Gesellschaft weiter zunimmt.
Auch unsere Befragten sind sich in allen Altersgruppen diesbezüglich einig. So liegt die Zustimmung auf die Frage, ob Cyber-Mobbing zunimmt, bei allen über 80 Prozent. Besonders interessant ist, dass die Zustimmung bei den Befragten über 65 Jahre mit 89 Prozent am höchsten ausfällt. Woran das liegt, ist unklar.
Cyber-Mobbing bleibt weiterhin ein Problem. Soziale Medien dienen in dem Fall als Pranger, an dem Betroffene wahllos gestellt und mit Hasskommentaren oder anderen verbalen Entgleisungen überhäuft werden. Loslösen können sie sich nicht. Sie müssen ausharren, hoffen, dass es irgendwann vorbei ist.
Möglich ist es aber, hier erzählt ein Betroffener seine Geschichte.
Es sind weiterhin Kampagnen nötig. Auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Mitarbeiter eines Unternehmens müssen aufgeklärt werden. Denn häufig kommen Mobbingfälle erst ans Licht, wenn sie in der Vergangenheit liegen. Viele werden jedoch auch für immer verschwiegen. Es braucht also Prävention, um klar zu machen, dass Hasskampagnen im Netz eben kein "Spaß" sind.
(tkr)