Tiktok: Warum ist der Trend um den Hashtag Pingtok so gefährlich?
Hot-Chip-Challenges, Fashion-Inspos oder auch Christfluencer:innen, die einem neben kostenlosen Bibeln auch noch kostenlose Ratschläge für ein enthaltsames Leben unter die Nase reiben: Oft kann man auf Tiktok gar nicht so schnell swipen, wie einem der Algorithmus den nächsten absurden Trend in die Timeline spült.
Regelmäßig muss man sich entsprechend selbst vom Doomscrollen abhalten und das Handy einfach mal weglegen. Doch gerade das macht die Plattform für Kinder und Jugendliche gefährlich. Denn für sie fällt das Filtern der Inhalte teils noch schwerer und dennoch bekommen sie relativ wahllos Videos auf den Bildschirm gespült – oft von Themen, mit denen sie ansonsten gar nicht in Berührung gekommen wären. Ein aktuelles Beispiel: Pinktok.
Was wiederum nach mädchenhaften Fashionvideos und Strawberry Matchas klingt, ist in Wirklichkeit eine riesige Gefahr. Immer mehr Videos sammeln sich unter dem Hashtag auf Tiktok. Doch in diesen Clips teilen die Nutzer:innen eben keine Schminktipps oder geben Roomtours, sondern stellen offen ihren Drogenkonsum zur Schau.
Pingtok auf Tiktok: ein gefährlicher Trend
"How long till it kicks in, Eff?". Dieser Satz ist häufig im Hintergrund der Videos zu hören, unterlegt mit einem eingängigen Beat. Er stammt aus der britischen Serie "Skins", in der Jugendliche wie die Protagonistin Elizabeth "Eff" Stonem ebenfalls häufig dabei zu sehen sind, wie sie unter anderem Ecstasy oder LSD nehmen.
Auf Tiktok ist der Konsum nicht explizit zu sehen – das würde ohnehin gegen die Richtlinien der Plattform verstoßen. Auch die Nennung expliziter Substanzen in Hashtags oder Captions kann zur Sperrung der eigenen Inhalte führen. Aber dafür hat die Community eben längst einen Workaround mithilfe von Algospeak gefunden. Und der heißt Pinktok – oder oft auch Pingtok.
Das häufigste Bild unter diesem Hashtag sind Nahaufnahmen der Augenpartie. Dass sich die Pupillen in Folge des Konsums von Amphetaminen wie Ecstasy weiten, wird darin gewissermaßen glorifiziert. Dass die Personen vor der Kamera in vielen Fällen ziemlich offensichtlich minderjährig sind, bleibt unerwähnt.
"Friends that ping together, stay forever", steht unter vielen Videos. "ping" bezieht sich auf die englische umgangssprachliche Formulierung für Drogen nehmen. Auch andere Codewörter werden dabei genutzt, um den Algorithmus zu umgehen. Viele berichten etwa davon, dass sie so gerne mit "Tante Emma" oder "Onkel Ben" abhängen würden – und meinen damit wiederum Ecstasy oder das Schlafmittel Benzodiazepine.
Social Media glorifiziert Drogenkonsum
Diese harmlos scheinende Formulierung reiht sich ein in die allgemeine Ästhetik der Videos von Pinktok. Alles wirkt clean, wenn auch ein bisschen edgy. Drogenkonsum wird mit Nähe und Freundschaft verknüpft.
Problematisch daran ist vor allem der Algorithmus. Wer einmal solche Videos konsumiert hat, wird bald ähnliche in seiner Timeline finden. Bei Jugendlichen entsteht somit schnell der Eindruck, Drogenkonsum gehöre eben zum Alltag dazu wie der Iced Matcha nach dem Sport.
Das Problem geht aber noch weiter: Denn in den Kommentaren der jeweiligen Videos sind immer häufiger auch Verkaufsangebote, teils sogar mit expliziten Ortsangaben auch in Deutschland, zu sehen. Einige Nutzer:innen verlinken auch Telegram-Seiten, über die demnach illegale Drogen einfach zu bestellen sind.
Und so existieren wohl auf Tiktok einige Hundert Profile, auf denen Jugendliche offen ihren Drogenkonsum zur Schau stellen. Zwar sind dabei nicht alle positiv. Einige thematisieren am Rande der Videos auch ihre Abhängigkeit.
Dennoch spiegelt sich in dem Hashtag ein alt bekanntes Problem von Tiktok wider: Die bestehenden Richtlinien sind ein Schutzschild für die Verantwortlichen, nicht aber für die Nutzer:innen.
Zwar befindet sich der Konsum illegaler Drogen unter Minderjährigen laut offiziellen Studien in den vergangenen Jahren im Abwärtstrend. Die nicht-medizinische Anwendung von Arzneien wie Schlafmitteln aber nimmt demnach unter Jugendlichen zu.
Hinzu kommt, dass die entsprechenden Studien oft eine große Dunkelziffer enthalten dürften, da der Konsum erst bei einer tatsächlich behandelten Suchterkrankung wirklich erfasst wird.
Expert:innen raten Eltern im Zusammenhang mit Pingtok, das Thema Drogenkonsum offen bei ihren Kindern anzusprechen. Denn Tiktok macht das längst.