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Steuererklärung: "Lehrer sind am schlimmsten" – Ein Finanzbeamter packt aus

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"Lehrer sind die Schlimmsten" – 7 Fragen an einen Finanzbeamten

11.01.2019, 17:34
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Formulare, Fristen, kauzige Beamte. Das Finanzamt gilt nicht gerade als Ort der Sehnsucht. Oder hast du schon mal jemanden getroffen, der sich als Steuerromantiker bezeichnet? Nein? Siehste.

Niemand geht gerne ins Finanzamt. Gut, dass man seine Steuererklärung mittlerweile online einreichen kann. Falls du bei "Steuererklärung einreichen" Schnappatmung bekommen hast: Don't Panic! Stichtag ist, seit diesem Jahr, der 31. Juli. Es ist also noch genügend Zeit. Zum Aufschieben, zum Bearbeiten, zum Tricksen.

Welche Tipps und Kniffe es gibt, was die Sachbearbeiter im Amt so richtig nervt und welche Skurrilitäten es in Sachen Steuererklärungen gibt – das haben wir einen Finanzbeamten* gefragt:

Was sind die besten Tricks bei der Steuererklärung, die nicht unter "Betrug" fallen?

"Na ja, Tricks würde ich es nicht nennen. Viele Menschen wissen gar nicht, was sie alles absetzen können. Es gibt zig Ausgabenpauschalen, zum Beispiel für Werbungskosten. Man kann Kontoführungsgebühren absetzen, was auch viele Leute nicht wissen. Spenden, Mitgliedschaften in Berufsverbänden, Arztkosten, auch das kann man absetzen. Kinder sind auch immer gut, aber man sollte nicht nur wegen der Steuer Kinder machen..."

Was oder wer geht dir am meisten auf den Senkel bei Steuerklärungen?

"Lehrer. Lehrer sind Personen, die denken, dass sie einfach alles, was sie sich kaufen, von der Steuer absetzen können. Lehrer geben einem immer wahnsinnige Aufstellungen. Beamten im Allgemeinen sind eigentlich die Schlimmsten, was Steuererklärungen betrifft. Ansonsten nerven Leute, die meinen, dass sie gar nichts ausfüllen müssen. Die geben einfach ihre Jahresabrechnung vom Arbeitgeber ab und füllen ihre persönlichen Daten aus, das war's dann. Und dann ist es, ehrlich gesagt, sogar einfacher, alles Fehlende selbst nachzutragen, als die Erklärung nochmal zur Berichtigung zurückzuschicken."

Szenario: Auf Deinem Schreibtisch landet eine Steuererklärung eines Bekannten. Darfst Du die bearbeiten?

"Nein. Dann muss ich die an einen Kollegen abgeben und darf die nicht bearbeiten. Den Fall hatte ich auch öfter."

Was passiert eigentlich, wenn man sich zu Gunsten des Staates verrechnet?

"Dann muss man das als Finanzbeamter richtigstellen. Man arbeitet ja nicht, um dem Staat die Kassen zu füllen, so wie viele Leute annehmen. Es geht darum, die Steuerfestsetzung gemäß dem Gesetz richtig zu machen. Deswegen bessert man das genauso aus – so wie auch umgekehrt, wenn sich jemand zu seinen Gunsten verrechnet."

Gibt es Deinen Arbeitsplatz in zehn Jahren noch? Oder macht das dann ein Computer?

"Es läuft ja schon ganz viel über Computersysteme im Finanzamt. Die Steuererklärung kommt in den seltensten Fällen noch in Papierform bei uns an, sondern wird über das Portal 'Elster' online übermittelt. Der Computer erkennt Ungenauigkeiten. Dennoch ist der Mensch die letzte Instanz, die das Gesetz von vorne bis hinten kennt. Im Endeffekt ist das Steuerrecht so komplex, hat viele Lücken und Schlupflöcher. Deswegen ist der Mensch definitiv unersetzlich bzw. ich wüsste nicht, wie ein Computer die Finanzbeamten in den kommenden Jahren ersetzen sollte."

Was war das Skurrilste, das du jemals erlebt hast? 

"Die Steuererklärungen von Sexarbeiterinnen sind eine Sache für sich. Es gibt ein Verfahren, dass die Sexarbeiterin dokumentieren muss, welchen Kunden sie wann empfangen und wie viel Geld sie jeweils verdient hat. Das ist irgendwie immer sehr spannend zu sehen, was die verdienen und in welcher Frequenz sie Kunden empfangen."

Eine Frage noch: Warum wird man freiwillig Finanzbeamter? 

"Warum nicht? (lautes Lachen) Nein, es ist schon ein Job, der einen schlechten Ruf hat. Aber wie alles, was mit Recht zu tun hat, ist er auch sehr interessant. Man beschäftigt sich mit Recht, wendet dieses Recht an, es hat etwas sehr Systematisches, was mir gefällt. Man hat auch sehr viel mit Menschen zu tun. Der Job ist eigentlich ganz schön spannend und gar nicht so unsexy. Ämter sind unsexy. Nicht zuletzt wählen viele die Beamtenlaufbahn aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus."

*Die befragte Person möchte anonym bleiben und ist ehemaliger Finanzbeamter im gehobenen Dienst. 

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