Wohl keine Social-Media-Plattform ist derart umstritten wie das Videoportal Tiktok. Grund ist der Betreiber: das chinesische Unternehmen Byte Dance, welches Ende 2022 zugegeben hat, illegal auf Nutzerdaten zugegriffen und Journalist:innen ausspioniert zu haben.
Aufgrund einer strategischen Partnerschaft mit der chinesischen Regierung, steht der Tiktok-Betreiber zudem immer wieder in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, Inhalte zu zensieren und zu überwachen, die für die Kommunistische Partei ein Dorn im Auge sind. Im andauernden Handelsstreit zwischen den USA und China haben die Vereinigten Staaten nun hart gegen Tiktok durchgegriffen – zum Unmut der eigenen Bevölkerung.
In der vergangenen Woche haben 25 US-amerikanische Bundesstaaten Beschränkungen erlassen, die die Nutzung von Tiktok auf staatlichen Geräten betrifft. Darunter fallen auch jene von einigen öffentlichen Schulen und Universitäten. Die Folge: Bei manchen Colleges können Nutzer:innen nun nicht mehr über deren Geräte oder das Campus-Netzwerk auf die Kurzvideoplattform zugreifen.
Gegen die neue Regelung haben sich bereits einige Proteste formiert, wie das Nachrichtennetzwerk "Bloomberg" berichtet. Wenig überraschend in Anbetracht der Zielgruppe, die schließlich vor allem Teenager und jüngere Erwachsene umfasst. Genau die Personengruppe, die von der Einschränkung betroffen ist. Auch ein Teil des Lehrpersonals äußerte sich bereits kritisch.
"Ich nutze Tiktok als pädagogisches Werkzeug, um Wissenschaft unterhaltsam und zugänglich zu machen", sagte beispielsweise Kate Biberdorf gegenüber "Bloomberg". Biberdorf ist außerordentliche Professorin für Chemie an der Universität von Texas in Austin und hat fast 200.000 Follower auf der Videoplattform.
"Dass dieses Werkzeug von einer Universität weggenommen wird, finde ich nicht in Ordnung", erklärt sie weiter. "In unserer Community haben wir das Gefühl, dass uns unsere Rechte genommen werden, und das ist ein weiterer Schritt in die falsche Richtung."
Auch einige Student:innen fühlen sich in ihren Persönlichkeitsrechten beschränkt, wie sie kritisieren. "Es ist die Entscheidung der US-Bürger, ob sie Tiktok konsumieren und ob sie dieses Risiko eingehen wollen", erklärt beispielsweise eine 22-jährige Studentin.
Die ersten Proteste, die sich gegen die gesetzliche Verordnung formieren, könnten auch gefährlich für die Demokratische Partei in Hinblick auf die US-Wahl im kommenden Jahr werden. Die Haupt-Zielgruppe von Tiktok gehört nämlich zur selben Altersgruppe, die für den US-Präsidenten Joa Biden zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Schließlich waren bei den Zwischenwahlen in den USA im vergangenen Jahr die Wähler:innen unter 30 Jahren die einzige Altersgruppe, die mit einer Mehrheit für die Demokraten stimmten – und zwar mit einem Vorsprung von 28 Prozentpunkten, wie aus Daten der Tufts University hervorgeht. Der Umgang der US-Regierung mit Tiktok kann also maßgeblichen Einfluss auf den Präsidentschaftswahlkampf 2024 nehmen.