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Südkorea: Spieleentwicklerin von "Maple Story" wegen Figur angefeindet

Dieser Charakter hat eine Hetzjagd auf die Entwicklerin ausgelöst.
Dieser Charakter hat eine Hetzjagd auf die Entwicklerin ausgelöst.Bild: maple story
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Spiele-Entwicklerin bekommt Morddrohungen – wegen einer Figur

12.01.2025, 12:15
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Die Gemüter im Internet lassen sich heutzutage schnell erhitzen. Ob zu Ernährung, zu Tierhaltung, zu Musikgeschmack oder auch zu Politik. In Foren und unter Postings kann man teilweise ellenlange Diskussionen mitverfolgen.

Solange es dabei nur bei einem Meinungsaustausch bleibt, ist dagegen auch wenig einzuwenden. Doch Hass im Internet ist inzwischen weit verbreitet und solche Diskussionen verrohen immer mehr im Ton. Todes- und Vergewaltigungsdrohungen sind an der Tagesordnung.

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Das musste nun auch eine der Spieleentwicklerinnen des südkoreanischen Gaminghits "Maple Story" erfahren. Eine Entwicklerin arbeitete einen neuen Charakter für "Maple Story" aus und stellte diesen in einem Trailer vor. Danach hagelte es tausende Drohungen verschiedenster Art von jungen männlichen Spielern, in manchen war von Mord und Vergewaltigung die Rede.

"Maple Story": Feministische Geste wird zum Verhängnis

Denn die neue Figur – die nur kurz im Video zu sehen ist – macht ein Zeichen mit ihrer Hand, dass den Gamern so gar nicht gefällt: Sie hält Daumen und Zeigefinger so, dass es aussieht, als würde sie einen kurzen Abstand beschreiben.

Diese Geste wurde laut "BBC" jedoch eine Zeit lang von einer feministischen, südkoreanischen Gruppierung genutzt – und war sehr wohl eine Anspielung auf kleine Penisse.

Nach Veröffentlichung des Trailers häuften sich die Nachrichten an das Studio, in denen die Verfasser behaupteten, die Entwicklerin sei eine Feministin und ihre Entlassung forderten. Innerhalb weniger Stunden zog das Unternehmen das Werbevideo zurück.

Die Entwicklerin war das jüngste Opfer einer Reihe von Online-Jagden geworden, bei denen Männer in Südkorea Frauen angriffen, die sie verdächtigen, feministische Ansichten zu vertreten. Sie bombardierten sie mit Beschimpfungen und versuchten, für ihre Entlassung zu sorgen.

Südkorea: Hetzjagd auf Frauen weitet sich aus

Dies ist Teil einer wachsenden Ablehnung des Feminismus, bei der Feministinnen als Männerhasserinnen abgestempelt werden, die es verdienen, bestraft zu werden. Diese Art der "Hexenjagd" hat eine abschreckende Wirkung auf Frauen, und viele haben jetzt Angst, sich als Feministinnen zu bekennen, erläutert "BBC".

Die Hetzjagden werden oft von jungen männlichen Videospielern angeführt und zielen auf Frauen ab, die in der Branche arbeiten. In letzter Zeit haben sie dieses Vorgehen auch auf andere Berufe ausgeweitet.

Sie suchen nach allem, was der so genannten "Fingerzeig-Geste" ähnelt, und verwenden dies als Beweis dafür, dass sich männerhassende Frauen heimlich über sie lustig machen. Sobald sie ein vermeintliches Zeichen entdecken, beginnt die Jagd.

"Sie beschließen, dass sich eine dunkle, böse Feministin in der Firma versteckt und ihr Leben ruiniert werden muss", erklärt Minsung Kim, ein 22-jähriger männlicher Gamer laut "BBC". Er hat aus Sorge vor diesen Hexenjagden eine Organisation zur Unterstützung der Opfer gegründet.

Anti-Feminismus-Bewegung: Gamer sitzen am längeren Hebel

Das Problem an dieser Bewegung: Die Anti-Feministen haben sich eine Geste ausgesucht, die so gut wie jeder Mensch im Alltag mal bewusst, mal unbewusst ausführt.

Deswegen fürchten Frauen in Südkorea immer mehr, als Feministen abgestempelt zu werden. Denn wenn sie einmal ins Visier der Männer geraten, wird ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt.

Eine weitere Gaming-Produktionsfirma hat nun auf diese Vorgehensweise der jungen Gamer reagiert und bei weiblichen Figuren in Spielen die Hände heraus retuschiert. So kann nirgends eine bestimmte Geste hineininterpretiert werden. Die Firma habe sich gezwungen gesehen, zu handeln. Denn die Gamer sitzen am längeren Hebel: Wenn ihnen etwas nicht passt, boykottieren sie einfach ein Spiel und bedrohen damit die Existenz der Firma.

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