Es gibt Dinge, die spreche ich in Gegenwart meiner Eltern gar nicht erst an.
Aus einem einzigen Grund: Ich bin zu faul dafür.
Ich bin zu faul, ihnen Dinge zu erklären, die für meine Freunde und mich völlig selbstverständlich sind, die bei meinen Eltern aber nur zu einem großen "WTF" führen würden.
Wenn sie wüssten, wofür die Abkürzung steht. Und wenn sie fluchen würden.
Dazu gehört:
Ich mache manchmal Fotos von meinem Essen. Warum ich das mache, ist mir selber gar nicht klar. Ich tue es einfach. Auch schon in Gegenwart meiner Eltern.
Sie fragen nie, warum. Gut so.
Denn ich könnte ihnen keine wirklich befriedigende Antwort geben: Leute fotografieren ihr Essen, weil es besonders schön aussieht oder weil es besonders schlimm aussieht. Weil sie das dann auf Social Media posten können, oder irgendjemandem schicken.
Weil alles, was wir tun, irgendwie dokumentiert werden muss. Damit wir sicher sein können, dass es passiert ist?
Was man selber kaum versteht, lässt sich halt schwer erklären.
Meine Eltern haben zwei Zeitungs-Abos. Und meine Eltern gucken Fernsehen. Ihr Medienverhalten ist typisch für ihre Generation und hat mit dem Medienverhalten meiner Generation nicht viel zu tun.
Ich kenne kaum mehr Menschen, die überhaupt einen Fernseher besitzen. Aber die meisten meiner Freunde haben mindestens einen Streaming-Dienst abonniert. Wir unterhalten uns nicht mehr über was-auch-immer-im-Fernsehen-läuft, sondern über die letzte Serie, die wir geguckt haben.
Und wir gucken Serien auch nicht wohldosiert, sondern gierig und am Stück. Manchmal zehn Stunden lang. Wie ein ganzer Arbeitstag.
Für Menschen schwer nachzuvollziehen, die nur Fernsehprogramme kennen.
Irgendwann habe ich in eine Mail an meinen Vater mal ein Zwinkersmiley eingefügt, und ich gehe fest davon aus, dass er glaubt, dass ich mich vertippt habe. Eine Kollegin erzählte, ihr Mutter hätte dieses Emoji 😂 für ein weinendes Emoji gehalten und unter eine sehr traurige Nachricht gepostet.
Learning: Keine Abkürzungen, keine Emojis, kein Denglish.
Macht das Leben einfacher.
Wo soll ich anfangen? Es gibt Ghosting, Submarining, Benching, es gibt Friends with Benefits, Nicht-Beziehungen, "ONS" und natürlich "No ONS".
Wer heutzutage datet, weiß: Es gibt absolut nichts, was es nicht gibt. Und es gibt deshalb auch ganz viel, was man sich noch nicht mal selber erklären kann.
Den Eltern erst recht nicht.
Klar, es gibt genügend Jobs, die muss man Eltern nicht erklären. Berufe, die es immer schon gegeben hat. Metzger, Arzt, Lehrer.
Aber bei allem, was im allerweitesten Sinne mit "diesem Internet" im Zusammenhang steht, wird es schwierig.
Ich glaube, meine Eltern verstehen so zu zwei Dritteln, was ich beruflich mache.
Das muss reichen.
Apropos Internet. Für meine Eltern sind alle Leute unter 40 irgendwie IT-Experten.
Das Ding ist: In der Regel sind nur IT-Experten auch IT-Experten. Und doch hören wir ständig: "XY funktioniert nicht mehr, aber ich habe nichts gemacht, wirklich! Könntest Du Dir das mal anschauen?" Einatmen, ausatmen.