Tiktok-Hype um Tripod-Fish: Warum es der Tiefsee-Kreatur gar nicht schlecht geht
Tiktok scheint einen Softspot für Fische zu haben. Erst Anfang des Jahres wurde die Social-Media-App von Videos zu Anglerfischen überflutet. Viele waren äußerst berührt vom Schicksal eines Exemplars, das plötzlich an der Meeresoberfläche vor der Küste Teneriffas aufgetaucht war. Denn eigentlich verbringen die Tiefseekreaturen ihr gesamtes Leben am Meeresboden.
Wieso schwamm der Fisch so weit entfernt von seiner Heimat? Musste er vor einem Raubtier flüchten? Oder war er einfach nur neugierig? Auf Tiktok kursierten viele Theorien, teilweise gingen sogar Kurzfilme im Disney-Stil viral, doch die Wahrheit blieb ein Geheimnis.
Tripod-Fish: Animiertes Video löst Hype aus
Der Hype um den Anglerfisch ist schon länger abgeebbt, aber nun beschäftigt die Tiktok-Community ein neuer Tiefseefisch: der Dreibeinfisch. Der ist zwar nirgendwo an der Meeresoberfläche aufgetaucht. Ein Tiktok-Creator hat aber kürzlich ein neunminütiges Video gepostet, in dem er das Leben eines Tripod-Fish, wie er auf Englisch genannt wird, skizziert.
Und das wirkt ganz schön brutal. Alles beginnt angeblich damit, dass der Tripod-Fish aus seinem Ei schlüpft und bereits von einem Parasiten befallen ist, der an seiner Schwanzflosse knabbert.
Um ihn herum würden 99.000 Geschwister schlüpfen, die das gleiche Problem hätten. "Manche haben zwei Parasiten, andere sind schon tot. Ihre kleinen Körper sind [von den Parasiten] ausgehöhlt worden", erklärt der Creator weiter.
Als ob das nicht schon grausam genug klingt, muss der Fisch dem Creator zufolge noch weitere Höllenqualen durchlaufen. Überall lauern demnach Fressfeinde und die Augen des Jungfisches würden nach und nach in seinen Schädel sinken, sodass er nach nur wenigen Wochen komplett erblinde.
Am Meeresboden, wo der Tripod-Fish den Großteil seines Lebens verbringe, liege die Temperatur nur knapp über dem Gefrierpunkt und es sei stockdunkel. Auch dort lauern wieder Parasiten, die sich an seinem Körper festbeißen und Eier legen.
Zwischendurch findet der Fisch zwar eine Partnerin, aber die wird letztlich von einem Hai getötet. Und da er so tief im Meer kaum Nahrung findet, kann sich der kleine Fisch nicht mehr bewegen und muss zusehen, wie die Leiche seiner Partnerin langsam zersetzt wird. Komplett traumatisiert und ausgehungert, verendet der Fisch einsam am Meeresgrund. Ein Happy End gibt es in dieser Tiktok-Erzählung nicht.
Leidensgeschichte des Tiefsee-Fischs ist zugespitzt
Trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) ist das Video viral gegangen. Über 15 Millionen Mal wurde der für Tiktok-Verhältnisse überlange Clip mittlerweile aufgerufen. In den Kommentaren zeigen sich viele bestürzt über das Leben der Tiefseekreatur. "Das ist das Traurigste, was ich je gesehen habe", schreibt eine Person. Ein anderer meint: "Das Leben dieses Fisches ist furchtbar".
Und ein dritter schreibt: "Das waren die schlimmsten neun Minuten meines Lebens". Andere lassen ihrer Trauer in eigenen Videos freien Lauf. "Ich bin ziemlich aufgebracht, wenn Leute sagen, dass Gott eine Frau sei", erklärt etwa eine Userin mit Tränen in den Augen.
"Denn wenn Gott eine Frau wäre, würde dieser verdammte Tripod-Fish nicht existieren", ist sie überzeugt. Sie könne nicht glauben, dass der Fisch so eine furchtbare Existenz durchleben müsse. Auch dieses Video hat bereits über zwei Millionen Aufrufe.
Zugegebenermaßen zeigt das ursprüngliche Video eine herzzerreißende Geschichte, doch die ist komplett fiktiv und viele Elemente unwahr. Der Tripod-Fish entwickle sich zu etwas, das biologisch gar keinen Sinn ergebe, heißt es beispielsweise in dem Video. Das Gegenteil ist der Fall: Der Fisch ist perfekt auf das Leben in der Tiefsee angepasst.
Es hat durchaus seinen Sinn, dass das Tier in der dunklen Tiefsee nur ein reduziertes Sehvermögen hat und sich vornehmlich auf seinen Tastsinn beziehungsweise die Wahrnehmung von Vibrationen verlässt. Dass Fische von Parasiten befallen werden, ist auch nicht ungewöhnlich.
Und auch, dass er mit seinen drei verlängerten Flossenstrahlen einsam auf dem Meeresboden steht, hat keinen tragischen Hintergrund. Bewegung kostet Sauerstoff und Kalorien – beides ist in 4000 Meter Tiefe knapp; dementsprechend ist es nur logisch, dass der Fisch an einer Stelle verbleibt und vorbei schwimmenden Beutetieren auflauert.
Zumindest einige User:innen scheinen die Dramatisierung des viralen Videos erkannt zu haben. Der Creator nenne keine Quellen oder Beweise für seine Behauptungen, betonen manche.
Demnach muss also niemand schlaflose Nächte verbringen, weil der Schmerz um die "Leidensgeschichte" zu groß ist. Eine Userin bringt es auf den Punkt: "Tripod-Fische leiden nicht – sie wachsen einfach so, wie es für sie am besten ist".
