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Dating-Trend auf Tinder & Co: Männer suchen "leicht autistische" Frauen

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Die Sache mit dem Online-Dating wird nicht einfacher.Bild: imago images / imagebroker
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Fragwürdiger Dating-Trend: Männer suchen "leicht autistische" Freundin

Auf Tinder & Co. tauchen immer mehr Männer auf, die angeblich nach "leicht autistischen" Frauen suchen. Dahinter steckt aber oft mehr Fetisch als echtes Interesse – und das wird schnell gefährlich.
22.10.2025, 15:5122.10.2025, 15:51

Wer schon mal durch Tinder, Hinge oder Bumble gewischt hat, kennt die üblichen Männer-Klischees: "Liebt Spaziergänge", "Sonntags gibt es Braten" oder "Fußball ist Religion". Meist nervig, aber harmlos.

Doch jetzt schwappt ein neuer, ziemlich verstörender Trend in die Dating-Bios: Immer öfter geben Männer an, sie suchen nach einer "leicht autistischen" Frau – oder sagen Dinge wie "ein Hauch von Tism wär schon nice" (abgeleitet vom englischen Begriff Autism). Das ist nicht nur seltsam, sondern auch gefährlich.

"Slightly Autistic": Zwischen Fetisch und Fehleinschätzung

Zugegeben: Vielleicht sind manche dieser Männer selbst neurodivergent und hoffen auf jemanden, der sie versteht. Aber wahrscheinlicher ist, dass hier einfach nur Autismus romantisiert – oder besser gesagt: fetischisiert – wird. Und das auf ziemlich selektive Art.

Denn auffällig oft heißt es in den Profilen: "leicht autistisch". Also bitte kein echtes Stimming, keine sensorischen Overloads – sondern eher das Bild von einer ruhigen, nerdigen Frau mit niedlichen Obsessionen, die sich für Sternbilder oder Vogelbeobachtung interessiert. Willkommen im Stereotypen-Karussell.

Milly Evans ist seit Jahren auf Dating-Apps unterwegs. Sie ist autistisch – und kann kaum glauben, wie oft sie dort auf Anspielungen stößt. Für sie ist klar: Viele dieser Männer wissen gar nicht, was Autismus wirklich bedeutet – oder hoffen sogar bewusst eine "verletzliche" Partnerin kennenzulernen, die sie leichter manipulieren können.

Die Idee von "Tism Rizz" – also dass autistische Eigenheiten wie tiefes Fachwissen oder spezielle Gesten charmant wirken können – stammt ursprünglich aus der Neurodivergenz-Community. Doch inzwischen haben sich viele neurotypische Männer den Begriff gekrallt und völlig aus dem Kontext gerissen.

Aus einem liebevollen Insider-Witz wurde ein Social-Media-Gag – auf Kosten derjenigen, die wirklich betroffen sind.

Dating: Dark Humour, Algorithmus und eine große Portion Ignoranz

Warum sowas gerade jetzt durch die Decke geht? Weil wir in einer "Post-Woke"-Welt leben, in der politische Korrektheit oft belächelt wird. Und weil Tiktok, Insta und andere Social-Media-Plattformen kontroverse Inhalte besonders stark pushen.

Der Algorithmus liebt eben den Schock-Effekt – egal, wie verletzend er ist. Psychologin Dr. Sabrina Romanoff warnt: "Wir gewöhnen uns daran, über andere Menschen in einer Weise zu sprechen, die unsere Werte untergräbt – alles für Likes, Lacher oder viralen Erfolg."

Realitätscheck: Autismus ist kein süßes Accessoire

Carina, 27, ist selbst autistisch und kennt die Schattenseiten. Gegenüber "Dazed" erzählt sie:

"Ich wurde aus Freundeskreisen ausgeschlossen, weil ich anders bin. Mein Partner und ich haben feste Abläufe, damit ich beim Rausgehen keine Meltdowns bekomme. Und manchmal muss ich stundenlang im Dunkeln sitzen, weil Licht auf meiner Haut wie Nadeln brennt."

Von außen erkennt man solche Erlebnisse selten – aber für Betroffene ist es Alltag. Deshalb ist es so frustrierend, wenn Autismus in Dating-Apps auf das Image des "quirky Pixie-Girl mit Spezialinteressen" reduziert wird.

Autistische Menschen haben beim Daten mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen. Viel Kommunikation läuft nonverbal, über Gesten oder unausgesprochene Regeln – was zu massiven Missverständnissen führen kann. Milly Evans erzählt, wie sie nach ihrer Diagnose erst mal eine Pause vom Dating machen musste, weil ihr klar wurde, wie oft sie ausgenutzt wurde.

Besonders drastisch: Eine Studie aus Frankreich zeigt, dass 9 von 10 autistischen Frauen sexuelle Gewalt erlebt haben – dreimal so häufig wie neurotypische Frauen.

Klare Kommunikation und Support wichtig für Betroffene

LGBTQ+-Therapeutin Prema Menon rät Betroffenen, beim Daten auf Konsistenz zu achten: "Reden und Handeln müssen zusammenpassen. Wer dich wirklich respektiert, geht auf deine Bedürfnisse ein – wer dich manipulieren will, wird dich unter Druck setzen." Ebenfalls wichtig sind gute Support-Netzwerke und Freund:innen, die Red Flags erkennen, bevor man sie selbst sieht.

Männer, die "eine leicht autistische Freundin" wollen, suchen oft nicht nach einer echten Beziehung – sondern nach einem Stereotyp. Nach einer niedlichen, vertrauensvollen Begleiterin, die ihre komischen Sprüche unwidersprochen hinnimmt.

Doch echte Partnerschaft funktioniert anders. Oder wie Carina es sagt: "Ein Mann, der sagt, autistische Frauen seien sein Typ, ist oft nicht bereit, mit echten Herausforderungen umzugehen. Der will keine Partnerin – der will eine Fantasie."

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