35 Dinge, bei denen wir noch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung uneins sind
Am 3. Oktober 1990 trat der Einigungsvertrag in Kraft und vollendete die deutsche Einheit.
Gefeiert wird das auch in diesem Jahr drei Tage lang, vom 2. bis 4. Oktober 2025, in Saarbrücken unter dem Motto: "Feiern, was uns verbindet". Geplant ist ein Festakt, an dem neben der saarländischen Ministerpräsidentin Anke Rehlinger auch Bundeskanzler Friedrich Merz und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron teilnehmen.
Vor genau 35 Jahren hörte die DDR auf zu existieren. Doch es gibt Dinge, bei denen wir in Deutschland nach wie vor uneins sind, die vielleicht niemals verschwinden werden: 35 Dinge, bei denen Unterschiede zwischen Ost und West in Deutschland bis heute spürbar sind – vom ARD-"Tatort" und Bierpreisen bis zu beliebten Supermarkt-Produkten.
Dialekte
Im Osten: "Na, gloobste?" – im Westen: "Hä, kannst du das bitte auf Deutsch wiederholen?" Daran hat sich in den vergangenen 35 Jahren wenig geändert: Viele Westdeutsche finden Sächsisch unverständlich oder mindestens unsexy: Insgesamt sind es 37,6 Prozent der Deutschen, denen es so geht.
Berliner vs. Pfannkuchen
Im Westen sagt man "Berliner", während im Osten der "Berliner" ein Mensch ist. Damit sich beim Bäcker niemand blamiert: Im Osten sagt man zu dem Gebäck "Pfannkuchen".
Pfannkuchen vs. Eierkuchen
Aber das war es noch nicht. Denn wenn westdeutsche "Berliner" in Ostdeutschland "Pfannkuchen" sind, – was sind dann "Pfannkuchen"? Die Antwort ist: "Eierkuchen".
Brötchen vs. Schrippen
Habe ich selbst genau so erlebt bei einer Bestellung in einer Hauptstadtbäckerei: "Brötchen?! Hamwa nich!" Denn in Berlin sagt man stattdessen "Schrippen". Und es ist wohl so: Diese Backware trennt uns mehr als jede Mauer …
Karneval vs. "Was ist Karneval?"
Im Westen sagt man "Alaaf" und "Helau" – im Osten höchstens: "Hallo geht’s noch?!" Eine Karnevals-Tradition gab es hier noch nie. Und wird es auch nie geben.
Feiertage
Der (evangelisch geprägte) Osten feiert den Reformationstag, der (katholisch geprägte) Westen, vor allem der Süden, hingegen Fronleichnam. Amen.
Trabbi vs. VW Golf
Im Osten war der Trabbi Kult. Im Westen halten viele das Auto (ganz im Gegensatz zum Golf, natürlich) für: Pappe auf Rädern.
Tempolimit
Umfragen zeigen: Ostdeutsche lehnen das Tempolimit stärker ab als Westdeutsche. Und wohl auch deshalb gab es statt Vollgas auf der A3 im Westen auch schon Klimaprotest.
Ostrock vs. Neue Deutsche Welle
Im Osten hört man Karat und Puhdys. Im Westen eher Nena und Falco. Klar ist: Wenn Songs dieser Genres auf Partys laufen, sind sie immer zu lang.
Bierpreise
Auch in der Gastronomie zeigen sich Unterschiede zwischen Ost und West noch heute. Das günstigste Bier in Deutschland kann man in Magdeburg genießen (1,12 Euro pro Liter). Besonders teuer ist Bier hingegen in Bayern (1,49 Euro pro Liter).
Wo Ost- und Westdeutschland bis heute uneins sind
Hauptstadtgefühle
Während man im Osten seit der Wende feiert, dass Berlin "zu uns" gehört, halten viele im Westen die Hauptstadt immer noch für genauso schrottig und dirty wie nach dem Mauerfall. Dabei ist das doch so 90er …
Gender-Pay-Gap
Der Gender-Pay-Gap, also der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen, ist mit 5,8 Prozent in Ostdeutschland sehr viel geringer, als in Westdeutschland (19,8 Prozent). Wie gut, dass das Thema Gleichberechtigung bei Friedrich Merz jetzt an oberster Stelle steht.
Kinderbetreuung
Wohl nicht ganz loszulösen vom Gender-Pay-Gap ist die unterschiedliche Kinderbetreuung. 2022 wurden in Ostdeutschland 73,4 Prozent der 3- bis 6-Jährigen ganztags außer Haus betreut, im Westen dagegen nur 41,4 Prozent.
Vereinsleben
Verein, das heißt im Osten hauptsächlich: Kegelklub und Schrebergarten. Im Westen hingegen: Schützenfest und Karnevalsverein (siehe auch Punkt 5 in dieser Liste).
"Tatort" vs. "Polizeiruf"
Der Polizeiruf war die Antwort der DDR auf den sehr erfolgreichen "Tatort" (ab 1970), der im Westfernsehen lief, und startete nur ein Jahr später. Beide TV-Formate gibt es noch.
Doch bis heute wird "Polizeiruf" (neben München) vor allem in ostdeutschen Städten wie Halle (Saale), Magdeburg, Rostock und Berlin gedreht. Der "Tatort" spielt in nur drei von 17 Folgen in ostdeutschen Städten (Berlin, Dresden, Leipzig).
Kaffee vs. Muckefuck
"Wir hatten ja nüscht im Osten" – das trifft in diesem Fall wohl ganz besonders zu. Denn Bohnenkaffee war in der DDR selten und sehr teuer. Und Muckefuck klingt zwar anstößig für Westdeutsche, die davon noch nie gehört haben, war aber einfach nur ein Malzkaffee.
FKK
Die FKK-Bewegung fand in der DDR ihre größte Anhängerschaft. Für viele Menschen in Ostdeutschland ist Nacktbaden bis heute das Normalste der Welt. Doch spießige Westdeutsche werden daran wohl nie Gefallen finden.
Fußball-Vereine
Dynamo Dresden ist im Osten Religion. Schalke ist auch Religion, aber mit mehr Drama. Denn seit 1991 gab es kaum Ost-Klubs in der Bundesliga (Hansa Rostock, Dynamo Dresden, Union Berlin). Während Schalke-Fans über den Abstieg jammern, nennt man das im Osten: Alltag.
G8 vs. G9
In den meisten Bundesländern gilt aktuell das 13-jährige Abitur (G9). Doch ein paar, vor allem ostdeutsche, Bundesländer bieten weiterhin das verkürzte Abi an. Neben Bremen und Hamburg sind das: Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Broiler vs. Hähnchen
Im Osten bestellt man immer noch gerne einen "Broiler", während im Westen das "Hähnchen" auf den Tisch kommt.
Spreewaldgurken
Die Spreewaldgurke ist im Osten ein Kultprodukt, das man spätestens seit "Good Bye, Lenin!" auch im Westen kennt – aber dort nie denselben Stellenwert haben wird.
Begrüßung: "Na?" vs. "Na, was?!"
Im Osten ist "Na?" eine gängige Begrüßung, die im Westen oft für Verwirrung sorgt, weil sie – obwohl es eine Frage ist – keine direkte Antwort verlangt.
Nordsee vs. Ostsee
In ostdeutschen Bundesländern fährt man an die Ostsee. Da weiß man, was man hat. In den meisten westdeutschen Bundesländern ist die Nordsee beliebter.
Politik
Kompliziertes Thema. Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen konnten AfD-Bürgermeister:innen gerade noch verhindert werden. Es ist also nicht so, als wäre die Partei im Westen gar kein Thema. Doch ein Jahr vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt kommt sie in einer aktuellen Umfrage von Infratest Dimap auf 39 Prozent.
Erben
2024 wurde in Westdeutschland viermal so viel Geld vererbt oder verschenkt wie im Osten. Kann man nur sagen: Danke, DDR. Denn das sind Folgen des damaligen Ziels der Regierung, Immobilien und Betriebe zu verstaatlichen und in Genossenschaften umzuwandeln.
Wohnen
Im Osten sind die Mieten im Schnitt günstiger: Laut Zensus ist die Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche in Sachsen-Anhalt mit 5,38 Euro am niedrigsten, knapp vor Thüringen (5,65 Euro) und Sachsen (5,72 Euro). Bundesweit liegt die Miete bei durchschnittlich 7,28 Euro.
Orange vs. Apfelsine
Ist das Gleiche, wird aber bis heute oft unterschiedlich bezeichnet.
Reihenhaus vs. Plattenbau
Plattenbauten prägen in vielen ostdeutschen Städten bis heute das Stadtbild. Zwischen 1970 und 1990 wurden in der DDR laut Statistischem Bundesamt 1,9 Millionen Wohnungen neu gebaut: Die meisten davon waren Plattenbauten. Im Westen gab und gibt es hingegen vor allem Reihenhäuser und Einfamilienhäuser.
Jägerschnitzel
Wer beim Jägerschnitzel im Osten (wie im Westen) ein Schnitzel mit Pilzsoße erwartet, wird überrascht sein: Denn statt eines echten Schnitzels bekommt man hier eine dicke Scheibe Jagdwurst (daher der Name), paniert und von beiden Seiten gebraten. Kulinarisch fragwürdig, aber Kult.
BIP
Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Ostdeutschland ist nach wie vor geringer als im Westen. 2024 verdienten Vollzeitbeschäftigte im Osten im Schnitt 13.300 Euro weniger als im Westen.
Das Gefühl nach der Einheit
Auch kein leichtes Thema. Und wohl von Punkt 24 aus dieser Liste (Politik) nicht ganz losgelöst zu betrachten. Während im Osten viele den Anpassungsdruck an den Westen empfunden haben, war es im Westen eher eine finanzielle Belastung für die westdeutschen Bundesländer, die zu Unzufriedenheit geführt hat.
Hallorenkugeln
Kennen in Ostdeutschland alle (!). Auch im Westen werden sie bekannter, sind aber weit davon entfernt, Kult zu sein.
Mama vs. Mutti
Sag mir, wie du deine Eltern nennst, und ich sag’ dir, woher du bist: Mutti oder auch Vati – das sagt in Westdeutschland kein Mensch. (Stattdessen: Mama und Papa.)
Im Gefühl
35 Jahre nach der Deutschen Einheit zeigt eine aktuelle Forsa-Umfrage eine große Entfremdung zwischen Ost und West. Nur noch 35 Prozent der gut 1000 Befragten sagen, Ost- und Westdeutschland seien wirklich zusammengewachsen. Für 61 Prozent überwiegt eher das Trennende – in Ostdeutschland sagen das sogar 75 Prozent.
Ampelmännchen
Was viele gar nicht wissen: Das Ost-Ampelmännchen gibt es nicht nur als Schlüsselanhänger, Kühlschrankmagnet, Gummibärchen oder in jeder anderen vorstellbaren Form von Souvenir. Es ist in Berlin und anderen Städten, vor allem in Ostdeutschland, immer noch im Einsatz.