Narzissmus gilt zu Recht als Red Flag beim Dating. Zu viel Selbstliebe bei gleichzeitiger Abwertung des Gegenübers als toxic trait, bei dem man schleunigst das Schlafzimmer verlassen und das Date blockieren sollte.
Aber was, wenn du mit einer narzisstischen Person anbändelst, die dir trotz allem gefällt? Oder du erst spät begreifst, dass du ein Leben mit einem Narzissten oder einer Narzisstin aufgebaut hast? Gibt es jemals eine realistische Chance auf eine glückliche Partnerschaft, wenn dein Lieblingsmensch eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hat?
Darüber sprachen wir mit Dr. Britta Papay. Die Therapeutin hat eine Praxis in Hamburg und ein Buch zum Thema verfasst ("Verkappte Narzissten. Wie wir sie enttarnen und ihnen die Macht nehmen", Now Verlag).
Diese Frage sei sehr kompliziert und lasse "sich leider nicht pauschal beantworten", sagt sie. Denn: "Erstens hängt es von der Art der Beziehung ab, und zweitens, wie ausgeprägt das narzisstische Verhalten ist."
Das Problem mit solchen Menschen sei nämlich ihr mangelndes Empathievermögen. Zwar können Gefühle Anderer entschlüsselt und verstanden werden, aber es fehlt das ehrliche Mitgefühl, das wohlwollende, liebevolle Beziehungen zwischen Menschen ausmacht.
Daher warnt die Expertin: "Wenn der Mensch die Merkmale einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung aufweist, ist die Chance, mit diesem Menschen glücklich zu werden, gleich null." Sie führt aus, warum es schlicht unmöglich wäre:
Es ist extrem ungesund, sich an eine Person zu binden, die Mitmenschen überrennt, manipuliert oder herabsetzt. Daher geht die Liebe zu Narzisst:innen leider niemals gut aus.
Allerdings trägt im Prinzip jeder Mensch narzisstische Merkmale in sich, die sogar gesund sein können, wie Papay in ihrem Buch ausführt. Dazu gehört das Gefühl, einzigartig zu sein und den eigenen Wert zu kennen.
"Menschen, die sich im Spektrum des normalen Narzissmus bewegen – also mit mehr oder weniger stark ausgeprägten Zügen – können natürlich in Beziehung sein", sagt die Therapeutin. Es käme dann darauf an, wie stark die narzisstischen Merkmale wären und wie gefestigt der Selbstwert des Gegenübers.
Die Liebe zu einem narzisstischen Menschen ist also möglich, wenn der Narzissmus nicht stark ausgeprägt ist. Dennoch: "Um mit diesen glücklich zu sein, muss man lernen, eine gute Selbstfürsorge zu betreiben", mahnt Papay dennoch.
Was das bedeutet?
Es kann sein, dass du in einer solchen Beziehung niemals die Hauptrolle sein darfst und in Krisen vielleicht nicht den Trost erfährst, der dir zustände. Reicht dir das? Wie wirst du damit umgehen? Hast du ein Umfeld, das dich auffängt, bist du in der Lage, deine Grenzen zu wahren?
Es bleibt eine heikle Einzelfall-Entscheidung, ob die Liebe zu einer narzisstischen Person sich lohnt, "wenn man sich eine Beziehung auf Augenhöhe wünscht", erklärt Papay zusammenfassend. Aber es sei wichtig zu begreifen, dass es durchaus Partnerschaften ohne Sticheleien, Herabsetzungen und Kontrolle gibt.
Britta Papay sagt, in einer gesunden Beziehung "herrscht ein gegenseitiges Geben und Nehmen mit warmherziger Unterstützung und wahrer Verbundenheit." Diese Verbundenheit herzustellen sei zwar nicht unmöglich, aber würde "zumindest schwieriger, sobald hier ausgeprägte narzisstische Züge sind."