Bananen aus Ecuador, Kaffee aus Äthiopien oder Kiwis aus Neuseeland – Bio-Produkte werden aus der ganzen Welt nach Deutschland importiert. Bisher mussten sogenannte Drittländer die Bio-Standards der EU lediglich "äquivalent" anwenden. Das heißt, deren Standards waren nicht zwingend identisch mit denen der EU, aber ähnlich.
Ab 2025 – also in ungefähr acht Wochen – gelten jedoch neue Regeln. Ab dann soll das EU-Bio-Recht nämlich 1:1 auch in Drittländern umgesetzt werden. Ziel ist es, die Qualität und Transparenz von Bio-Produkten zu erhöhen und den Verbraucherschutz zu stärken.
Die neuen Regelungen umfassen unter anderem strengere Auflagen für den Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln sowie Anforderungen an die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von Bio-Lebensmitteln. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass die Produkte tatsächlich den Bio-Standards entsprechen und die Umweltbelastungen verringert werden.
Aus Verbraucher:innensicht klingt das zunächst nach einer positiven Entwicklung. Allerdings birgt die Änderung zum Jahreswechsel auch einige Probleme.
"Bis Jahresende wird das ganze Kontrollsystem umgekrempelt: Die Kontrollstellen müssen sich neu von der EU-Kommission akkreditieren lassen", zitiert die "Lebensmittel Zeitung" (LZ) Johanna Stumpner von der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller. Zwar seien bisher schon 65 Kontrollstellen aktiv, die das Gros der Importerzeugnisse abdecken würden. Bei vielen Kontrollstellen wisse man aber noch nicht, ob sie auch künftig zugelassen werden.
Das sorgt natürlich für Planungsunsicherheit, denn viele Unternehmen wüssten nicht, ob ihre Lieferanten in zwei Monaten überhaupt noch eine Kontrollstelle haben werden. "Wenn man aber innerhalb von vier Wochen probieren muss, eine andere Kontrollstelle zu bekommen, die aufgrund des Systemwechsels ohnehin gerade viel zu tun hat, ist das sehr herausfordernd", erklärt Stumpner.
Ein weiteres Problem sind die sogenannten Gruppenzertifizierungen. Die Öko-Verordnung sieht nämlich vor, dass ab 2025 Betriebe nur noch weniger als fünf Hektar, maximal 25.000 Euro Bio-Umsatz und höchstens 2000 Mitglieder zählen dürfen.
"80 Prozent der Bio-Erzeuger sind Kleinbauern. Wenn eine Erzeugergruppe bisher 10.000 Mitglieder hat, muss sie nun in fünf Gruppen aufgeteilt werden. Da jede Gruppe zertifiziert sein muss, steigen die Zertifizierungskosten exorbitant", wird die Expertin Stumpner von der "LZ" zitiert.
Gegenüber der "Frankfurter Rundschau" hat die Vorständin von Fairtrade Deutschland schon im Sommer Kritik an der neuen Regelung geübt. "Das betrachten wir als praxisfern und gegen jede Entwicklungspolitik gerichtet", sagte Claudia Brück.
Jahrelang habe Fairtrade Deutschland Organisationen dahin beraten, sich in größeren Einheiten zusammenzuschließen, um effizienter und wettbewerbsfähiger zu sein. Diese Entwicklung werde nun gegen alle Sinnhaftigkeit wieder umgekehrt.
Das könnten im neuen Jahr auch Verbraucher:innen zu spüren bekommen: Fairtrade schätzt, dass etwa 60 Prozent der Kleinproduzent:innen von Bio-Kaffee und sogar 95 Prozent der Bio-Bananen-Bäuer:innen, die Anforderungen der Öko-Verordnung wohl nicht erfüllen.
Es besteht also die Gefahr, dass deutsche Supermärkte Anfang des neuen Jahres erst einmal weniger Bio-Produkte im Angebot haben. Oder, dass die Preise für das Bio-Sortiment (zumindest in Teilen) deutlich angezogen werden.
Wie hoch diese Preiserhöhungen für Bio-Importe ausfallen, ist unklar. Die "Lebensmittel-Zeitung" bezieht sich auf nicht weiter benannte Insider, die mit Steigerungen von 100 bis 500 Prozent rechnen. Spätestens im Januar wird sich zeigen, wie realistisch diese Schätzungen sind.