Am Anfang war die Begeisterung noch groß, als ein LAP Coffee Store nach dem anderen in Berlin aufploppte. Das lag einerseits an den Preisen, denn einen Espresso für 1,50 Euro oder einen Cappuccino für 2,50 Euro gibt es in der Hauptstadt nur noch selten zu kaufen. Und auch ein Matcha-Getränk für 4,50 Euro halten viele noch für vertretbar.
Hinzukommt die schicke Aufmachung: In den Läden gibt es zwar meist nur wenig Platz zum Sitzen, die grellblaue Brand-Farbe hat aber einen hohen Wiedererkennungswert; das lässt sich auf den Pappbechern gut auf Instagram oder Tiktok in Szene setzen. Wer es eilig hat, kann seinen Kaffee oder Matcha sogar schon online vorbestellen und dabei Treuepunkte sammeln.
Und dann steht LAP auch noch für "Life Among People", also das "Leben unter Leuten". Man wolle ein Treffpunkt sein, wo "Fahrradkurier, Gen-Z-Studentin und Künstler aus dem Kiez aufeinandertreffen", schreibt die Kette. Sehr trendy!
Das Konzept geht auf, die Kette expandiert in rasantem Tempo. In nur zwei Jahren sind 20 LAP-Cafés in Berlin und München eröffnet worden; bald soll eine weitere Filiale in Hamburg hinzukommen. Der Erfolg ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen.
Zum einen spart man durch die geringe Ladenfläche Mietkosten, was gerade in Großstädten von Vorteil ist. Zudem kommen in den Cafés keine Siebträgermaschinen zum Einsatz, sondern automatisierte Vollautomaten, was im täglichen Betrieb Zeit spart. "Wir verdienen mit jeder Tasse Geld. Ab dem sechsten Monat sind wir mit jedem Store profitabel", erklärt einer der beiden Gründer, Ralph Hage, gegenüber der "Wirtschaftswoche".
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass LAP Coffee finanzstarke Unterstützer hat. Da wären FoodLabs, ein namhafter Investor in der Start-up-Szene, oder der Tech-Investor HV Capital, berichtet die Zeitung. Und auch die Influencerin und Unternehmerin Diana zur Löwen soll in die Kette bereits investiert haben.
Auch die beiden Gründer selbst sind in der Start-up-Szene nicht unbekannt. Ralph Hage hat einst für Delivery Hero gearbeitet; Tonalli Arreola war zuvor Führungskraft beim E-Scooter-Verleiher Lime und dem Schnell-Lieferdienst Flink.
Und genau daran hängt sich auch ein Teil der Kritik auf, die in den vergangenen Wochen immer lauter geworden ist. Viele inhabergeführte Cafés, die es teilweise schon Jahre oder Jahrzehnte in Berlin gibt, können nicht auf solche großen Investoren zählen und sind daher auch nicht in der Lage, mit den niedrigen Preisen von LAP Coffee zu konkurrieren.
"Es frustriert, dass da so viel Geld reingesteckt wird, sodass wir alle gar nicht mithalten können", erklärt Philipp Reichel, der das Isla Coffee in Neukölln betreibt und die Branche seit 15 Jahren kenne. Gegenüber dem RBB äußert er eine Befürchtung, die wohl viele teilen: "Ich denke, dass LAP Coffee in den nächsten Jahren immer präsenter wird und viele Läden verdrängen wird."
Online wird bereits vor einer Gentrifizierung durch LAP Coffee gewarnt; einige glauben, dass die Kette die Kieze gar "zerstören" könnte. Diese Kritik kann Gründer Hage allerdings nicht nachvollziehen. "Wir haben eine eigene Nische besetzt", sagt er der "Wirtschaftswoche". "Wir konkurrieren, wenn überhaupt, eher mit Starbucks und McCafé. Ganz sicher nicht mit kleinen Cafés aus der Nachbarschaft".
Woran er das festmacht, bleibt offen. Gegenüber dem RBB erklärte LAP Coffee, dass man sich nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu kleinen, bereits bestehenden Cafés sieht. Die Läden seien ein Angebot für Menschen, die bislang selten Kaffee außer Haus trinken würden. Aber auch die sind wohl potenzielle Kund:innen für kleine Traditionscafés.
Doch es gibt noch mehr Kritik: Die meisten Getränke werden bei der Café-Kette mit der blauen Farbe nämlich in Pappbechern verkauft. Durch die kleine Ladenfläche ist der Anreiz groß, eher ein Getränk to go zu bestellen als dort zu verweilen. Aus Umweltschutzsicht ist das natürlich wenig erfreulich.
Doch daran will Gründer Hage arbeiten, versichtert er in der "Wirtschaftswoche". Das Unternehmen motiviere seine Kund:innen dazu, trotz wenig Sitzmöglichkeiten, ihre Getränke vor Ort in Keramiktassen zu trinken oder wiederverwendbare Becher zu nutzen.
Ob das am Ende gelingt, hängt wohl auch von den Kund:innen ab. Die entscheiden schließlich selbst, ob sie den Kaffee im Pappbecher bestellen – und ob sie eine Kette oder doch das Café von nebenan unterstützen wollen.