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Bedingungsloses Grundeinkommen: Pilotprojekt liefert Daten zu Vorteilen

ARCHIV - 27.12.2016, Baden-W
Ein bisschen mehr Geld im Portemonnaie kann vieles verändern.Bild: dpa / Lino Mirgeler
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Bedingungsloses Grundeinkommen: Erste deutsche Langzeitstudie zeigt Vorteile

Seit Jahren wird über das bedingungslose Grundeinkommen diskutiert. Wissenschaftler:innen haben nun in einer Langzeitstudie Effekte auf das Leben einer kleinen Gruppe von Empfänger:innen untersucht – mit teils überraschenden Ergebnissen.
09.04.2025, 10:3209.04.2025, 14:59
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Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) wird in Deutschland schon seit Jahren diskutiert. Das Konzept ist eigentlich simpel: Alle Bürger:innen sollen unabhängig ihres Einkommens, Vermögens oder Arbeitsstatus – also ganz ohne Bedingungen – jeden Monat eine feste Geldsumme erhalten.

Befürworter:innen erhoffen sich davon, dass sowohl die Armut in unserer Gesellschaft bekämpft als auch die soziale Sicherheit erhöht wird. Und nebenbei sollen Menschen auch mehr Freiheit bei der Gestaltung ihres Privat- und Berufslebens erhalten.

Kritiker:innen befürchten allerdings, dass durch ein bedingungsloses Grundeinkommen die Motivation vieler Menschen, zu arbeiten, drastisch sinken könnte. Besonders in schlecht bezahlten Berufen könnte es womöglich zu einem akuten Arbeitskräftemangel kommen. Gleichzeitig würden auch Menschen davon profitieren, die ohnehin schon wohlhabend sind.

Hinzukommt Kritik an der Finanzierung. Manche Gegner:innen des BGE argumentieren nämlich, dass es kaum möglich ist, das Konzept zu finanzieren, ohne drastisch die Steuern zu erhöhen oder an bestimmten Stellen im Sozialsystem zu sparen.

Grundeinkommen-Langzeitstudie: Ein Klischee hält nicht stand

Ungeachtet dieser Kritik gibt es in Deutschland bereits Menschen, die ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten, und zwar über den spendenfinanzierten Verein Mein Grundeinkommen. Der verlost an registrierte User:innen regelmäßig Grundeinkommen in Höhe von 1000 Euro für zwölf Monate. Und vor drei Jahren stieß der Verein das "Pilotprojekt Grundeinkommen" an, das endlich handfeste Belege für die Effekte eines BGE liefern sollte.

Dazu wurden 122 Menschen im Alter von 21 bis 40 Jahren und mit einem Nettoeinkommen zwischen 1100 und 2600 Euro wissenschaftlich begleitet. Sie erhielten über drei Jahre jeden Monat 1200 Euro; in der Kontrollgruppe befanden sich über 1500 Menschen, die kein Geld bekamen.

An der Studie beteiligt waren Wissenschaftler:innen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien), dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), der University of Oxford, der Frankfurt School of Finance & Management sowie der Universität zu Köln.

Ein Klischee, mit dem die Studienautor:innen direkt zu Beginn aufräumen: Menschen, die ein Grundeinkommen erhalten, entscheiden sich nicht mehrheitlich dafür, den Job zu kündigen und arbeitslos zu bleiben. Der Anteil der arbeitenden Menschen bleibe über den gesamten Studienzeitraum unverändert, heißt es im Bericht.

Und auch was die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden angeht, scheint der Erhalt eines Grundeinkommens keinen großen Einfluss haben. Über den gesamten Untersuchungszeitraum arbeitete sowohl die Grundeinkommens- als auch die Kontrollgruppe im Schnitt etwa 40 Stunden pro Woche.

Ergebnisse des Pilotprojekts legen viele Vorteile nahe

Unterschiede offenbarten sich dafür an anderer Stelle: Der Anteil derer, die ihren Beruf wechselten, war in der Gruppe mit Grundeinkommen deutlich höher als in der Kontrollgruppe, insbesondere in der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums. Das legt die Vermutung nahe, dass sich die Grundeinkommen-Empfänger:innen womöglich sicherer gefühlt haben, das berufliche Risiko eines Jobwechsels einzugehen.

Wenig überraschend: Die Menschen mit Grundeinkommen waren deutlich zufriedener mit ihrem Einkommen als die ohne. Auch die Arbeitszufriedenheit fiel bei den BGE-Empfänger:innen – zumindest in der zweiten Studienhälfte – etwas höher aus als bei der Vergleichsgruppe.

Weitere Vorteile, die mit dem Erhalt eines Grundeinkommens einhergingen: Die Proband:innen fühlten sich weniger gestresst und bewerteten ihre mentale Gesundheit, ihren Schlaf, ihre Gesundheit und generelle Lebenszufriedenheit höher als die Studienteilnehmenden in der Vergleichsgruppe.

Teilnehmer mit Grundeinkommen verprassten Geld nicht

Das Vorurteil, dass die Grundeinkommen-Empfänger:innen ihr zusätzliches Einkommen direkt verprassen, konnten die Studienautor:innen nach eigenen Angaben entkräften. Zwar würden sich die Proband:innen zuerst "lang gehegte Wünsche erfüllen", später würden viele aber sparen, und zwar im Schnitt 450 Euro mehr als die Vergleichsgruppe.

Außerdem würden die Menschen mit Grundeinkommen im Schnitt 28 Euro pro Monat spenden und damit mehr als doppelt so viel wie die Menschen in der Kontrollgruppe (12 Euro).

Die Vorteile eines bedingungslosen Grundeinkommens sind gemäß den Studienergebnissen also zahlreich. Trotzdem bleibt die Finanzierungsfrage Knackpunkt des ganzen Projekts. Der Verein Mein Grundeinkommen argumentiert, dass ein BGE in Deutschland finanzierbar wäre und hat dazu sogar einen Online-Finanzierungsrechner entwickelt.

Kritik an Finanzierungsfrage bleibt bestehen

Kritiker:innen weisen aber daraufhin, dass für eine Finanzierung deutlich höhere Steuern notwendig wären und selbst dann noch eine Milliardenlücke bleibe. Zudem sind Anpassungsreaktionen schwer abzuschätzen. Die Langzeitstudie legt zwar nahe, dass die Empfänger:innen nicht unbedingt weniger arbeiten. Aber wie reagieren sie auf einer erhöhte Mehrwertsteuer? Würden sie trotzdem mehr konsumieren als zuvor?

Auch die Effekte einer erhöhten Vermögens- und Erbschaftssteuer sind schwer abzuschätzen.

Zudem werden bei einem Grundeinkommen regionale Unterschiede nicht berücksichtigt. Wer in Brandenburg auf dem Land lebt kommt mit 1.200 Euro pro Monat womöglich besser zurecht als jemand der in einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen oder Bayern wohnt.

Auch wenn die Langzeitstudie also Fakten zu positiven Effekten auf die Lebenszufriedenheit und Gesundheit von Grundeinkommen-Empfänger:innen liefert, bleibt in mancherlei Hinsicht noch Skepsis bestehen, zumal es für die Umsetzung aktuell ohnehin keine politischen Mehrheiten gibt.

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