
Allein Pizza essen an Weihnachten kann entspannt sein.Bild: pexels / Leeloo The First
Gesundheit & Psyche
"Ich will einfach, dass es mir gut geht", sagt Moni (27) und lacht. Das ist die kurze Erklärung dafür, warum sie dieses Jahr schon zum dritten Mal nicht in die Heimat fährt über Weihnachten. Die lange Erklärung ist etwas komplizierter, wie es Familienverhältnisse eben oft sind.
Aber ganz allein in Berlin zu bleiben, wie in Monis Fall, während viele Freund:innen, Partner:innen und die Mitbewohner:innen weg sind über die Feiertage – das klingt einsam. Moni ist mit dem Alleinsein aber nicht allein. Ob freiwillig oder unfreiwillig: Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen verbringen sieben Prozent der Deutschen Heiligabend allein. Und weitere sieben Prozent feiern am 24. Dezember gar nicht.
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Zu hohe Erwartungen an die Feiertage
Das kann tatsächlich einsam werden, sogar traurig machen und Verzweiflung auslösen, erklärte Peter Mohr vergangenes Jahr im Gespräch mit watson. Mohr ist angehender Psychotherapeut und forscht am Deutschen Zentrum für psychische Gesundheit. Die negativen Gefühle würden auch durch die besonders hohen Erwartungen an Weihnachten ausgelöst.
Vor drei Jahren änderte sich in Moni an diesem Punkt etwas: "Mich hat extrem gestört, dass Weihnachten so aufgeladen ist." Zufällig seien die Feiertage 2022 auf ein Wochenende gefallen. Also habe sie statt "Frohe Weihnachten" nur noch "Happy Weekend" als Wunsch für die nächsten Tage bei Begegnungen gesagt.
Solche kleinen Rituale hätten auch dazu beigetragen, dass Weihnachten für Moni an Bedeutung verlor. "Das sind für mich ganz normale Wintertage."

Allein, allein. Bild: pexels / Lisa Fotios
Es ging bei Monis Familie früher nur um Gott
Der religiöse Hintergrund des Festes findet bei ihr im Kopf keinen Platz mehr. Das ist in einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen aus der Kirche austreten, erstmal nichts Ungewöhnliches. Moni ist jedoch, wie sie erzählt, in einer sehr religiösen Familie aufgewachsen. Weihnachten sei zwar ein Familienfest gewesen, jedoch habe statt des Beisammenseins vielmehr Gott im Mittelpunkt der Festlichkeiten gestanden.
"Ich bin diesem religiösen Anspruch aber entwachsen, habe meine Einstellung dazu geändert", sagt sie. Deswegen spare sie sich Stress, wenn sie Weihnachten ohne Familie in Berlin verbringt. "Außerdem muss Zuhause immer alles klappen, alles muss gut sein. Wenn es das nicht ist, wird das einfach überspielt, als wäre alles okay und heile. Da entsteht in mir einfach ein Dilemma." Ihr geht es also besser, wenn sie dem fernbleibt.
"Das ist einfach anstrengend."
Moni erzählt weiter, dass sie das Gefühl hat, dass sie sich in den vergangenen Jahren nicht nur bezogen auf die Religion, sondern auch generell weiterentwickelt habe. Wenn sie nach Hause fahre, verfalle sie aber aufgrund von Familiendynamiken in alte Muster und mag sich dann selbst nicht. "Das ist einfach anstrengend."
Erst mit Mitte 20 hat sie sich getraut, auf ihr Gefühl zu hören und einfach in Berlin zu bleiben. Die psychotherapeutische Heilpraktikerin und Autorin des Buches "Kontaktabbruch mit der Familie" Claudia Haarmann sagt in einem Interview mit "ze.tt", dass Menschen häufig erst im Erwachsenenalter erkennen, wie belastend die Beziehung zur eigenen Familie sein kann. Das führe dann dazu, dass Menschen beispielsweise auf Distanz zu ihren Eltern gehen und Grenzen setzen.
Fühlst du dich verzweifelt?
Telefonseelsorge: Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichst du rund um die Uhr Mitarbeiter:innen, mit denen du sprechen kannst. Auch ein Gespräch via Chat oder E-Mail ist möglich.
Kinder- und Jugendtelefon: Der Verein "Nummer gegen Kummer" kümmert sich vor allem um Kinder und Jugendliche. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter der Rufnummer 116 111.
Krisenchat: Bei Krisenchat kannst du dich per Whatsapp rund um die Uhr an ehrenamtliche Berater:innen wenden. Das Angebot richtet sich an Menschen bis 25 Jahre.
Um größere Familienkonflikte zu vermeiden, legt sich Moni jedes Jahr Arbeitsschichten auf die Feiertage. So müsse ihre Familie einfach akzeptieren, dass sie nicht nach Hause kommt. Außerdem habe es noch einen anderen Vorteil, über die Feiertage zu arbeiten: "Ich arbeite in der Pflege, es können also nicht alle aus dem Team frei machen. Andere haben Kinder oder wollen wegfahren. So ist es auch für die Kolleg:innen angenehmer, wenn ich mich freiwillig melde."
Selbstfürsorge gegen Einsamkeit
Viele Menschen haben aber über Weihnachten frei. Um nicht in Einsamkeit zu versinken, rät Peter Mohr, sich gut um sich selbst zu kümmern. "Man kann auch ein Stück weit seine Emotionen regulieren. Musik hilft dabei sehr gut, Sport, etwa Joggen, ebenfalls. Auch Meditation tut sehr gut. Im Endeffekt hilft ein hoher Grad an Selbstfürsorge beziehungsweise Selfcare", sagte er im watson-Interview.
Genau so will auch Moni ihre Freizeit an den Feiertagen dieses Jahr verbringen. Sie plant viel Sport zu machen, trifft vereinzelt Freund:innen oder geht zu einem Weihnachts-Chor-Konzert. Langweilig wird ihr nicht, sie genießt die dichte Taktung: "Dann kommt auch erst gar nicht, glaube ich, dieses Gefühl von Einsamkeit auf."
"Am besten auf das Bauchgefühl hören."
Obwohl es jedes Jahr einen kleinen Moment gebe, so erzählt sie, an dem es sie doch packen würde – dieses traurige Gefühl. Denn auch sie wünsche sich an Weihnachten Gemeinschaft mit der Familie. Aber eben anders als es bei ihr daheim ist.
Und manchmal würden sie auch die Reaktionen von Menschen um sie herum nerven, wenn sie erzählt, dass sie Weihnachten allein in Berlin verbringt. Von überrascht bis mitleidig und extrem lösungsorientiert sei alles dabei. Menschen würden ihr oft Mut machen wollen. Den braucht Moni aber gar nicht, wie sie sagt. Sie entscheide sich ja bewusst dafür, nicht zur Familie zu fahren.
Deswegen ist ihr Appell an alle, die auch mit der Verpflichtung, an Weihnachten in die Heimat fahren zu müssen, hadern, sich einfach mal zu trauen, es nicht zu machen. Sie lacht und+sagt: "Just do it! Es geht in erster Linie ja darum, selbst okay zu sein. Am besten auf das Bauchgefühl hören."
Essen gehen war früher für viele ein selbstverständlicher Genuss, doch mittlerweile überlegen sich viele zweimal, ob sie sich einen Restaurantbesuch leisten wollen. Die Preise in der Gastronomie sind in den vergangenen Jahren deutlich nach oben gegangen – teure Lebensmittelpreise, gestiegene Löhne und Energiekosten treiben die Rechnungen in die Höhe.