Jede Krise birgt auch eine Chance für neue Ideen. Manche dienen der Vorbereitung, manche der Bewältigung und andere der Nachsorge. Während der Corona-Krise entschlossen sich etwa Menschen, via Nähmaschine Schutzmasken herzustellen. Sinnvoll. Andere wollten Plexiglaskästen auf Stränden verteilen, damit dort die Abstandsregeln eingehalten werden. Weniger sinnvoll, da es womöglich etwas zu heiß in ihnen werden könnte.
Und ab jetzt verkauft Aldi Süd einen Hygienehaken für 99 Cent, mit dem sich Türen öffnen, Halteknöpfe in Straßenbahnen drücken und Einkaufswagen schieben lassen. Stellt sich nur die Frage, ob die Welt das gebraucht hat.
Vorab: Die Idee zu den Hygienehaken ist nicht wirklich neu. Auf Amazon gibt es sie zu teils horrenden Preisen. Aldi bietet ihn aber als erster Discounter günstig an.
Der Hygienehaken kann als eine Art Greif- und Drückhilfe verstanden werden. Klingt erstmal praktisch. Fassen wir doch so viele Dinge an, sobald wir das Haus verlassen: die Haustür, Druckknöpfe an der Ampel oder Obst in der Auslage. Jucken nach dem Grabbeln Nase und Augen, müssen wir stark sein. Ins Gesicht greifen ist erst wieder drin, sobald die Hände auch sauber sind. Mit dem Haken werden sie jedoch gar nicht erst schmutzig. Sollte man meinen.
Stellt sich nur die Frage, wie sicher der Haken wirklich ist. In der aktuellen Folge "Stern TV" testete ein Reporter den Haken und ließ darauf untersuchen, wie viele Erreger sich darauf befanden. Während des Tests sollte der Reporter zudem seine andere Hand normal benutzen – als Vergleichsbasis.
Mal mehr, mal weniger beholfen nutzte er den Haken zu jeder Gelegenheit. Auf der Autobahntoilette, an der Tastatur, im Supermarkt. Meist rutschte der Reporter mit dem Haken ab, was eventuell seiner Geschicklichkeit geschuldet ist. Trotzdem: Proben konnten genommen werden.
Insgesamt gab es drei Abstriche: Von der Hand mit Haken, der ohne und dem Haken selbst. Wer jetzt unterschiedliche Ergebnisse erwartet hat, wird leider enttäuscht. Die Leiterin der Krankenhaushygiene im Universitätsklinikum Essen, Birgit Ross, sagte im "Stern TV"-Bericht, dass es zwischen den Proben keine Unterschiede gab.
Dabei handelt es sich um normale Hautkeime, die wir ohnehin mit uns herumtragen. Jetzt ist aber nur von Bakterien die Rede. Die Gretchenfrage wäre, ob sich an dem Haken auch Viren, etwa Sars-Cov-2, angesammelt haben.
Getestet werden konnte das leider nicht. Dafür hätte es jemanden gebraucht, der infiziert ist. Theoretisch könnten sich die Viren aber auch auf dem Hygienehaken halten. Ross hält ihn aus diesem Grund für eher unnötig.
Deswegen sehe man auch bei den Proben, dass sich in allen dreien dieselben Bakterien befinden. Streng genommen wird der Haken zur Virenschleuder. Aldi empfiehlt von daher, ihn regelmäßig zu waschen. Vielleicht wäre es cleverer, einfach bei den Händen zu bleiben.
(tkr)