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Finanzen in der Krise: Welche Anlage ist jetzt am besten? Finanzprofis antworten

Wohin mit all dem hart verdienten Geld? Ins Sparschwein am besten nicht.
Wohin mit all dem hart verdienten Geld? Ins Sparschwein am besten nicht.Bild: iStockphoto / simpson33
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Aktien am Boden, Häuser zu teuer: Die besten Anlagetipps von Finanzprofis für junge Menschen

03.07.2022, 10:00
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Wer als junger Mensch fleißig gespart oder etwas von Oma vererbt bekommen hat, mag sich derzeit fragen: Wohin mit meinem Geld? Dem heißgelaufenen Immobilienmarkt in den Rachen schmeißen und sich eine Wohnung kaufen – beziehungsweise anzahlen?

Doch für die meisten jüngeren Menschen ist die Vorstellung, noch Wohneigentum finanzieren zu können, derzeit utopisch. Im dritten Quartal 2021 sind die Preise für Immobilien im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr um zwölf Prozent gestiegen – das zweite Mal in Folge der höchste Anstieg in den vergangenen 22 Jahren.

Seit 2010 sind die Preise für gebrauchte Eigentumswohnungen sogar um 85 Prozent, die für Ein- und Zweifamilienhäuser um 75 Prozent gewachsen. Zur Miete wohnen ist jedoch leider angesichts der hohen Mietpreise in vielen Großstädten auch keine langfristige Option mehr.

Sein Geld auf die Bank zu bringen, ist ebenfalls keine gute Idee, da es aktuell von der Inflation gefressen wird. Und die Börse? Während früher jedermann zum Anlegen in ETFs (börsengehandelte Indexfonds) geraten hat, und das selbst für risikoscheue Menschen eine gute Anlagestrategie schien, geht es seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Energiekrise an den Aktienmärkten rund. Also was ist derzeit die beste Geldanlage-Strategie?

Watson hat zwei Finanzprofis gefragt, wo und wie wir jetzt investieren sollten.

Mario Lochner, Mission Money

Immobilien sind tatsächlich gerade ein schwieriges Thema. Für die Jungen ist das eher utopisch, gerade jetzt bei den steigenden Zinsen. Bei ETFs ist es eigentlich genau andersherum: Da ist es ja zuletzt nicht so gut gelaufen. Aber das liegt nicht an ETFs, sondern einfach daran, dass der Aktienmarkt nicht gut läuft.

"Für junge Menschen wäre es jetzt genau richtig, in ETFs reinzugehen."

Für junge Menschen wäre es jetzt genau richtig, in ETFs reinzugehen: Also wenn sie schon angefangen haben, dabei zu bleiben, vielleicht sogar mehr zu machen. Und wenn sie noch nicht dabei sind, ist es optimal, gerade jetzt einzusteigen. Und wenn der Kurs noch weiter fällt, gibt es eine ganz schöne Strategie, das nennt sich Pyramidisieren.

Mario Lochner ist Diplom-Betriebswirt, Journalist und einer der profiliertesten Finanz-Blogger Deutschlands. Er ist Redakteur des Wirtschaftsmagazins Focus-Money und Gesicht des erfolgreichen Youtube-Kanals Mission Money mit mehr als 220 000 Abonnenten.

Man stelle sich das vor wie eine Pyramide. Ich sage mal, ich habe 10.000 Euro zur Verfügung und fange jetzt mal mit 2000 Euro Investition an. Wenn der Kurs weiter fällt, lege ich noch 2000 oder 3000 Euro mehr an. Je weiter der Kurs fällt, desto mehr kaufe ich. Dann habe ich den Effekt, dass ich schon mal dabei bin. Wenn der Kurs dann steigt, ist das schön.

"Wenn ich jung bin und langfristig denke, sollte ich nur das Geld investieren, das ich für den Alltag nicht brauche."

Und wenn der Kurs weiter fällt, hat man eine gewisse Kontrolle. Dann kann man sich eigentlich sogar freuen, weil es ja billiger wird. Gerade wenn man jung ist, 20 oder 30 Jahre, dann – und das ist auch wissenschaftlich und rechnerisch erwiesen – kann einem nichts Besseres passieren, als wenn es am Anfang wirklich schlecht läuft.

Sein Geld auf die Bank zu bringen, lässt das Vermögen wegen der Inflation eher schrumpfen.
Sein Geld auf die Bank zu bringen, lässt das Vermögen wegen der Inflation eher schrumpfen.Bild: iStockphoto / Ridofranz

Wenn ich jung bin und langfristig denke, sollte ich nur das Geld investieren, das ich für den Alltag nicht brauche. Das ist ganz wichtig: Geld, das man für die Miete oder für die Gasrechnung braucht, hat am Aktienmarkt grundsätzlich nichts zu suchen.

Die Entwicklung am Aktienmarkt durch die Krisen ist natürlich generell nicht schön, aber man muss rational und kühl rangehen. Man muss das einfach als Chance sehen und das ist es auch. Das ist bisher immer gewesen und wird im Zweifel jetzt auch wieder sein. Es gibt da ganz tolle Statistiken und Auflistungen was alles schon passiert ist und der Weltmarkt hat sich trotzdem wieder erholt, sogar von zwei Weltkriegen.

Es gab ja immer schon Probleme wie beispielsweise die Klimakrise. Wir brauchen dafür Lösungen, ob das jetzt die Energiekrise ist, die mit Elektroautos oder Windenergie gelöst wird, oder ob das irgendwas Neues sein wird in zehn oder 20 Jahren. Das bietet gigantische Chancen und wenn man breit denkt, an die Weltwirtschaft, muss die These einfach sein, dass es insgesamt besser wird. Natürlich kann es schwierig werden und es können auch schlechte Jahre werden. Das kann keiner ausschließen.

Aber am Ende – das ist zumindest meine These und ich bin da auch Optimist – glaube ich, dass es besser werden wird. Und die Unternehmen, die Lösungen bringen für wirklich wichtige Probleme, werden dann sehr viel Geld verdienen und die Welt auch besser machen.

Katja Eckhardt, die Finanzdiva

Meine Strategie in turbulenten Zeiten? Auf Tradition, Stärke und Dividende setzen. Aktien von Johnson & Johnson, Procter & Gamble oder Nestlé im Depot lassen Anleger auch in einem Bärenmarkt nachts gut schlafen. Die Firmen sind international aufgestellt, haben ein breites Sortiment und ihre Produkte werden auch in einer Rezession nachgefragt. Finger weg von angesagten Rendite-Turbos und Highflyern der vergangenen zwei Jahre wie Nel Asa, Plug Power oder Shopify.

"Meine Strategie in turbulenten Zeiten? Auf Tradition, Stärke und Dividende setzen."

Setzen Sie auf Firmen mit starken Bilanzen und hohen Cash-Reserven. Halten Sie sich zudem immer an Investments, die Sie mögen, verstehen und auf die Sie schon immer gesetzt haben. Hören Sie auf, neuen Anlagetrends hinterherzulaufen. Kryptowährungen mögen hip sein, für schwache Nerven sind die hochriskanten digitalen Werte allerdings nichts.

Katja Eckhardt ist Autorin mehrerer Finanzbücher wie "Cash aus Coins: Das Krypto 1x1" und betreibt einen Instagram-Account für Finanzen unter dem Alias "Die Finanzdiva".

Bevor ich's vergesse: Cash is not Trash. Zinserhöhungen und Inflation hin oder her: Wer jetzt aus Panik heraus all sein Geld voreilig für noch überteuerte Assets ausgibt, könnte sich schon bald ärgern. Der Abwärts-Sog eines Bärenmarktes ist unglaublich stark. Und niemand weiß, wie Tief in so einem Börsenumfeld ein Tief sein kann. Daher mein Tipp: In der Ruhe liegt die Rendite. Abwarten und Kaffeetrinken lautet meine Devise. Ich selbst spekuliere auf einen abwärts gerichteten Gesamtmarkt und auch auf einen tiefen Fall des Bitcoins, wo wir schon bei meinem aktuellen Lieblingsthema wären: Kryptowährungen.

"Wenn ich eins gelernt habe, dann dass FOMO schlecht ist fürs Geldvermehren."

Bei 10.000 US-Dollar würde ich anfangen, den König unter den Kryptowerten, den Bitcoin, einzusammeln sowie die Nummer 2 der Krypto-Charts, Ethereum. Denn auch der selbsternannte Weltcomputer und andere sogenannte Altcoins korrelieren mit der Kurs Auf-und Abwärtsbewegung des Bitcoins. Natürlich kann es bis dahin noch ein Weilchen dauern. Aber wenn ich eins gelernt habe, dann dass FOMO schlecht ist fürs Geldvermehren. Auch wenn viele Anleger schon bei einem Bitcoin-Kurs von 20.000 Dollar glauben, der Boden sei erreicht, bin ich skeptisch.

Die Gründe meiner Bedenken: Eine aggressive Fed-Politik soll der stark gestiegenen Inflation den Garaus machen. Weitere Zins-Schritte könnten folgen – in einem Umfeld von Überschuldung… Na? Klingelt da was? Eine Immobilienblase droht zu platzen. Vor noch nicht allzu langer Zeit riss die Subprime-Krise die Börsenkurse in den Abgrund. Wer hier genug Cash auf der hohen Kante hatte, konnte in Ruhe Top-Werte im Sonderangebot erwerben.

Ich selbst habe 2010 zugeschnappt bei Werten wie Cisco, Nestlé, Canadian Solar oder Xing (jetzt New Work SE) und nein, ich wurde nicht enttäuscht. Denn: Die Börsenkurse erholten sich schnell wieder – wohlbemerkt bei den Firmen mit globaler Kundschaft und starkem Geschäftsmodell.

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