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Beim Thema Finanzen schwirren vor allem jungen Leuten ein paar Fragezeichen durch den Kopf. Was bedeutet Geld anlegen denn genau? Welche Möglichkeiten gibt es? Wie viel Geld muss ich haben, um überhaupt anlegen zu können? Und was meinen Finance Bros im Internet, wenn sie sagen "man soll das Geld für sich arbeiten lassen"?
All diese Fragen haben wir Maria von Financery gestellt. Sie berät vor allem junge Frauen und kennt die Sorgen und Verunsicherungen, die viele beim Einstieg in dieses Thema haben.
watson: Fangen wir ganz von vorne an: Ich verdiene nun zum ersten Mal mein eigenes Geld. Lege ich direkt mit dem Anlegen los?
Maria: Wer jung ist, ist genau im richtigen Alter, um anzufangen. Denn Zeit ist der wichtigste Erfolgsfaktor bei einem Investment – unabhängig von der Form. Über die Zeit arbeitet nämlich der Zinseszinseffekt für einen. Das funktioniert so: Investiert man im ersten Jahr 1000 Euro und hat einen Zinssatz von 5 Prozent, erhält man am Ende des Jahres 50 Euro Gewinn. Bleibe ich auch im nächsten Jahr bei einem Investment von 1000 Euro, erhalte ich bereits 52,50 Euro, obwohl ich bei 5 Prozent Zinssatz geblieben bin. Der Gewinn erhöht sich aber durch den sogenannten Zinseszins jedes Jahr ein bisschen.
Da ernährt sich das Eichhörnchen aber sehr mühsam.
Am Anfang mag sich das nicht nach viel anfühlen, aber mit der Zeit kann man sein Investment verdoppeln oder verdreifachen. Das ganze sieht dann wie eine exponentielle Kurve aus – mit der Zeit wird sie immer höher. Und gerade wenn ich jung bin und anfange zu investieren, hat die Kurve – und somit das Vermögen – Zeit zu wachsen. Das ist übrigens auch mit "Sein Geld für sich arbeiten lassen" gemeint. Es vermehrt sich mit der Zeit von selbst.
Früh anfangen ist also der wichtigste Faktor?
Genau. Junge Leute haben die Zeit auf ihrer Seite. Oft haben aber gerade sie keine genaue Vorstellung davon, wann man loslegen sollte. Sie warten den ersten Job nach dem Studium oder der Ausbildung ab oder denken, sobald sie die erste Gehaltserhöhung bekommen, legen sie los. Aber dabei verliert man Zeit, in der das Geld sich schon vermehren und für einen arbeiten könnte. Und beim Anlegen ist Zeit wertvoller, als der Betrag. Man kann durchaus mit kleinen Beträgen anfangen – Hauptsache, man fängt an!
Aber was genau heißt das denn: Anfangen? Welche Methoden gibt es, um Geld anzulegen?
Wir bei Financery stellen beispielsweise ETF-Portfolios für unsere Kund:innen zusammen. Dabei kann man mit einer Erstanlage oder mit einem monatlichen Sparplan starten. Wer möchte, kann auch schon in Aktien investieren.
Und was ist der Unterschied zwischen ETF-Portfolio und Aktien?
Bildlich dargestellt ist eine Aktie eine einzelne Blume und ein ETF-Portfolio ein ganzer Blumenstrauß. Eine Aktie ist ein Anteil an einem Unternehmen. In eine Aktie zu investieren lohnt sich, wenn man davon ausgeht, dass sich dieses Unternehmen positiv entwickeln und Gewinn machen wird. Je höher der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens ist, desto höher ist der Wert der Aktie. Der Haken an der Sache: Es gibt keine Garantie dafür, dass sich ein Unternehmen langfristig positiv entwickeln wird. Hier kommen ETFs ins Spiel.
Inwiefern?
In einem ETF werden Aktien verschiedener Unternehmen zusammengefasst. Mit einem ETF-Portfolio kann man also gleichzeitig in verschiedene Unternehmen aus verschiedenen Branchen und verschiedenen Ländern investieren. Das schafft einen Ausgleich: Sollte sich mal ein Unternehmen nicht so gut entwickeln, ein anderes aber schon, schwankt das Portfolio weniger stark als wenn ich in einzelne Aktien investiere.
Ihr habt euch in eurer Beratung vor allem auf junge Frauen spezialisiert. Woher kommt dieser Fokus?
Frauen sind im Alter eher von Armut betroffen, als Männer es sind. Das kommt auch daher, dass Frauen sich meist erst später im Leben mit Finanzen auseinandersetzen, als Männer es tun. Gesellschaftlich ist es verankert, dass hauptsächlich Männer sich um Finanzen kümmern, während Frauen damit weniger Berührungspunkte haben – das wandelt sich aber gerade zum Glück schon. Auch für Frauen ist es wichtig, sich früh um Anlagen zu kümmern, um später finanziell unabhängig zu sein. Deswegen möchten wir Frauen ansprechen und sie für das Investieren begeistern.
Thema Altersarmut und Rente – das sind ja auch nicht gerade die Lieblingsthemen junger Leute.
Dass vor allem junge Leute später keine oder nur eine sehr geringe Rente erhalten werden – das ist leider kein Geheimnis. Gerade hierfür haben vor allem junge Frauen noch nicht das Bewusstsein. Wie schon erwähnt, ist es aber genau deswegen wichtig, früh zu starten.
Dann ist da die Sorge, etwas falsch zu machen. Welchen Fehler darf man auf gar keinen Fall machen?
Das ist eine der größten Hürden, wenn es ums Anfangen geht und ein weiterer Unterschied zwischen Männern und Frauen: Frauen wollen alles richtig machen und zögern oft aus Angst vor einem Fehler. Unsere Beobachtung ist: Bevor sie etwas falsch machen, machen sie lieber gar nichts. Aber genau das ist der Fehler. Dabei verliert man Zeit und den Zeiteffekt der Zinsen. Ein weiterer Fehler: Alles auf ein Unternehmen und auf eine Karte zu setzen. Denn wenn dieses dann nicht die Erwartungen erfüllt, kann man Geld verlieren. Deswegen ist es wichtig, sich breiter aufzustellen und ein Portfolio mit mehreren Unternehmen anzulegen.
Letztens gab es eine Börsentalfahrt und sowas verunsichert natürlich. Was tut man in so einem Moment?
Was man auf jeden Fall nicht tun sollte: In Panik geraten und sein Portfolio verkaufen. Denn während eines Börsencrashs verlieren die Aktien an Wert und man würde sie mit einem Verlust verkaufen. Tatsächlich ist es aber ein guter Zeitpunkt, um Aktien günstig zu kaufen. Emotional gesehen ist so ein Crash vielleicht verunsichernd. Aber aus wirtschaftlicher Sicht ist es quasi ein Sale: Jetzt kommt man an günstige Aktien.
Ein letzter Rat für junge Menschen, die sich noch gar nicht mit dem Thema auskennen?
Der beste Zeitpunkt anzufangen ist immer jetzt. Es ist immer heute. Es macht außerdem Sinn, sich am Anfang ein kleines Budget zu überlegen – was kann man monatlich beiseitelegen? Und dann damit in einzelnen Schritten dazuzulernen, sich an das Thema heranzutasten und zu sehen, wie sich das entwickelt.
