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Erste Wohnung einrichten: Tiktok-Star Ingrid Kühn gibt der Gen Z Tipps

Modern minimalist bedroom showcasing a plush bed, elegant bedside lamps, and soft beige tones. Natural light spills through a large window, creating a serene atmosphere Model Released ProCreators_ID28 ...
Ein Hochglanz-Albtraum in Beige? Bei Interior Design sind die Geschmäcker verschieden.Bild: Pro Creators / IMAGO/Addictive Stock
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Interior Design: Expertin Ingrid Kühn über eintönig-beige Wohnungen und Deko-Faustregeln

Wie schaffe ich es, dass mein Wohnzimmer gemütlich aussieht? Wie kann ich meinen Balkon mit wenig Geld aufhübschen? Und was darf man bei der Einrichtung der ersten Wohnung auf keinen Fall vergessen? Auf all diese Fragen gibt es eine Person, die die passenden Antworten hat: Ingrid Kühn.
16.07.2025, 07:5916.07.2025, 07:59
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Nach einer Karriere als TV-Journalistin hat Ingrid Kühn schon vor Längerem ihre private Leidenschaft zum Beruf gemacht und einen Blog sowie einen Online-Shop rund um Interior Design gegründet. Insbesondere der Gen Z ist sie aber erst seit gut einem Jahr als Interior-Design-Expertin bekannt.

In 2024 hat Kühn nämlich angefangen, Einrichtungstipps für junge Menschen und Shopping Finds von Ikea, Jysk und anderen Einrichtungshäusern auf Tiktok hochzuladen. Und das kommt gut an.

Mittlerweile folgen ihr über 140.000 Menschen auf Tiktok (Tendenz steigend). Und in den Kommentaren wird sie wahlweise als "unsere deutsche Sabrina Carpenter" oder als Bundesministerin für Inneneinrichtung gefeiert. Ingrid Kühn ist die Interior-Design-Expertin, der die Gen Z vertraut.

Im Interview mit watson spricht sie über typische Einrichtungsfehler, ob beige immer noch Trendfarbe ist und wie sie mit den unterschiedlichen Reaktionen auf ihre besondere Stimme umgeht.

Ingrid Kühn arbeitet schon seit Jahren im Interior Design Business.
Ingrid Kühn arbeitet schon seit Jahren im Interior Design Business.Bild: privat / ingrid kühn

Watson: Frau Kühn, beim Einrichten der ersten eigenen Wohnung kann viel schiefgehen. Welche Fehler sollte man unbedingt vermeiden?

Ingrid Kühn: Einer der größten Fehler ist es, ohne Plan einkaufen zu gehen. Bevor man loszieht, sollte man sich unbedingt über sein Budget und den Grundriss der Wohnung im Klaren sein. Ich spreche immer wieder mit Menschen, die impulsiv Möbel kaufen, weil sie optisch gefallen. Am Ende passen sie dann aber gar nicht in die Wohnung oder sie sind zu groß, um sie durchs Treppenhaus zu transportieren. Abgesehen davon würde ich immer mit den Basics – also Bett, Schrank und Tisch – beginnen und nicht mit der Deko.

Und welchen Teil der Einrichtung sollte man nicht unterschätzen?

Ich glaube, das ist der Schrankraum. Viele junge Menschen unterschätzen bei der ersten Wohnung, wie viele Sachen sie eigentlich unterbringen müssen. Es geht ja nicht nur um Kleidung, auch Bettwäsche, Handtücher und Putzzeug müssen irgendwo verstaut werden. Auch in der Küche denken viele "Ach, das passt schon", aber am Ende steht die ganze Arbeitsfläche voll und man kann nicht mehr richtig kochen.

Gibt es eine Faustregel, wie man beim Kleiderschrank die richtige Größe auswählt?

Es kommt natürlich immer auf die jeweilige Menge an Kleidung an. Aber wenn man eine halbe Schublade für Unterwäsche, eine halbe für Socken und jeweils eine ganze für Shirts, Pullover, Hosen und so weiter einplant, sollte man ganz gut damit fahren.

Platz ist nicht das einzige Problem. Junge Menschen haben oft nur ein begrenztes Budget. Aber wo sollte man möglichst nicht knauserig sein?

Das kann man so pauschal nicht sagen. Aus meiner Sicht sind beispielsweise ein stabiles Bettgestell und ein guter Lattenrost wichtig, aber die müssen nicht unbedingt teuer sein. Ich würde mir vor dem Kauf einfach überlegen, welche Möbelstücke ich vielleicht nur in dieser Wohnung nutze und welche ich noch in die nächste mitnehmen will. Dann kann man besser abschätzen, wofür man mehr Geld in die Hand nimmt und wofür nicht.

Das heißt, beim Möbel-Einkauf nicht nur an die jetzige, sondern direkt auch an die nächste Wohnung denken?

Genau. Ich sehe Möbel ohnehin nicht als Wegwerfartikel. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich aus einer anderen Generation stamme. Aber allein aus Gründen der Nachhaltigkeit finde ich es nicht gut, alle zwei Jahre komplett neue Möbel zu kaufen.

Billig-Plattformen wie Shein und Temu verlocken die Gen Z aber genau dazu.

Ja, eigentlich sagt man ja, dass der Gen Z die Nachhaltigkeit so wichtig ist, aber nach meinem Eindruck sind es vor allem junge Leute, die dort einkaufen.

Schnelllebig geht es ja auch auf Tiktok zu. Was liegt da im Trend?

Die Trendfarbe ist dieses Jahr auf jeden Fall Mocha Mousse, also dieser sanfte Braunton. Was Einrichtungsstile angeht, sind sowohl Minimalismus als auch Maximalismus gerade beliebt. Der Trend geht auf jeden Fall zu mehr Farbe, zum Beispiel beim Dopamin-Style.

Dabei hat man auf Tiktok lange Zeit Wohnungen gesehen, die nur eine Farbe kannten – beige. Ist der Gen Z da die Individualität verloren gegangen?

Das würde ich so nicht pauschalisieren. Es stimmt, dass beige im letzten Jahr sehr stark auf Tiktok vertreten war. Das ist mittlerweile aber nicht mehr so angesagt und außerhalb der App war es das auch nie wirklich. Ich habe lange in der Interior-Branche gearbeitet, viele Messen besucht und dadurch Einblicke, was wirklich verkauft wird. Mir ist in all der Zeit nie ein Hersteller untergekommen, der eine ganze Einrichtung nur in Beige verkauft hätte. Das ist mir ausschließlich auf Tiktok begegnet.

Auf Tiktok sehen viele Wohnungen austauschbar aus. Wie schafft man es, sich seine Individualität zu bewahren? Lieber Flohmarkt statt Ikea?

Eine Wohnung wird nicht allein dadurch schöner, dass ich alle Sachen auf dem Flohmarkt kaufe. Egal, wo man die Sachen besorgt: Man muss immer wissen, wie man sie zusammenstellt. Da geht es darum, eine Spannung zu kreieren, zum Beispiel zwischen neu und alt oder hoch und niedrig. Auch die Anzahl der Teile, die man miteinander kombiniert, ist dabei ein Faktor. In der klassischen Einrichtungslehre gibt es die 3-5-7-Regel, also dass man eine ungerade Anzahl an Deko-Elementen arrangiert.

Klingt fast wie eine Wissenschaft.

Ja, aus meiner Sicht wird das Einrichten einer Wohnung unterschätzt. Das ist nicht angeboren, das muss man lernen.

Und viele wollen es ja auch lernen.

Ja, es betrifft ja auch alle. Niemand will jeden Tag in einem Zimmer sitzen, in dem man sich nicht wohl fühlt. Gerade Farben haben eine große Wirkung auf die Psyche. Aber ich glaube, für viele ist die Wohnung auch eine Visitenkarte. Wenn man Freunde nach Hause einlädt und die einem Komplimente für die Einrichtung machen, tut das natürlich auch dem Selbstbewusstsein gut.

Man spürt Ihre Leidenschaft für das Thema. Kein Wunder, dass sie auf Tiktok als deutsche Inneneinrichtungsministerin gefeiert werden.

(Lacht) Das habe ich noch gar nicht gelesen.

Wie wohl fühlen Sie sich mit dem Titel?

Das ist doch nett. Ich freue mich, dass mein Content so gut ankommt. Auf Social Media sieht man so häufig tolle Einrichtungen. Aber viele können damit nichts anfangen, weil sie gar nicht die Räumlichkeiten haben – das sind ja teils Paläste, die man da zu sehen bekommt. Ich versuche praktische Tipps zu geben, wie man sich mit wenig Geld gute Sachen kaufen kann, ohne dass man extra einen Innenarchitekten engagieren müsste.

Immer wieder geht es in den Kommentaren auch um Ihre Stimme. Wie überrascht waren sie davon?

Da war ich sehr überrascht! Mir war vorher schon bewusst, dass ich im Vergleich zu anderen Frauen eine deutlich dunklere Stimmfarbe habe und dann habe ich auch noch diese Hamburger Art, zu sprechen. Aber mich erstaunt es, dass ich immer noch fast täglich Kommentare zu meiner Stimme bekomme.

Viele finden die Stimme beruhigend, andere Kommentare fallen weniger positiv aus. Wie gehen Sie damit um?

Gar nicht, das ist mir egal. Das wäre ja komisch, wenn jeder meine Stimme toll fände. Ich denke, es macht Menschen aus, dass sie unterschiedlich denken. Deswegen berühren mich solche negativen Kommentare nicht.

Würden Sie das auch jungen Menschen mitgeben, die Hass im Internet erfahren?

Es ist manchmal leichter gesagt als getan, sich davon abzugrenzen. Aber ich glaube, es ist wichtig, sich nicht darüber zu definieren, was andere Leute über einen denken. Sonst ist man immer damit beschäftigt, sich der Meinung anderer Menschen anzupassen. Für konstruktive Kritik sollte man offen sein, aber rüde Kommentare haben eigentlich nie etwas mit einem selbst zu tun, sondern immer mit der Person, die sie aussprechen. Das sollten auch junge Menschen im Hinterkopf behalten.

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