Hohe Lebensmittelpreise und explodierende Mieten in den Universitätsstädten – viele Studierende können ihre Lebenshaltungskosten kaum noch stemmen. Laut Zahlen des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband lebt ein Drittel von ihnen in Armut. Die staatliche Förderung BAföG erhalten aber nur rund zwölf Prozent.
Viele Studierende sehen sich gezwungen, einen Studienkredit abzuschließen. Diesen bietet etwa die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an, allerdings mit unattraktiven Konditionen. Zwischenzeitlich waren die Zinsen auf neun Prozent gestiegen.
Daher greifen immer mehr Studierende auf private Anbieter zurück, um an Geld auf Pump zu kommen. Die in der Not abgeschlossenen Verträge entpuppen sich aber häufig als echte Schuldenfalle, wie ein Betroffener zu berichten weiß.
Der 34-Jährige, der heute als Ingenieur arbeitet, leidet noch immer unter der folgenschweren Entscheidung, einen privaten Studienkredit aufgenommen zu haben, wie er im "Spiegel" erzählt.
Während seines Maschinenbaustudiums wurde ihm das Bafög gestrichen, da er nicht in der Regelstudienzeit blieb. Für zusätzliche Belastung sorgte der unerwartete Tod seiner Mutter. Um sich das Essen in der Mensa leisten zu können, habe er manchmal Pfandflaschen gesammelt.
Der Student hielt sich mit einem Nebenjob über Wasser, doch Geld blieb knapp und Stress nahm zu. "Ich war kurz davor, mein Studium zu schmeißen", sagt er dem "Spiegel". Den scheinbaren Ausweg aus seiner misslichen Lage brachte ein Angebot, auf das er im Internet stieß: ein Studienkredit des Anbieters "Deutsche Bildung".
Das Unternehmen bewirbt seine Darlehen mit dem Model eines "umgekehrten Generationenvertrags". Das bedeutet, dass die Höhe der Rückzahlungen sich am späteren Gehalt orientiert. So übersteigen die Tilgungen häufig deutlich die geliehene Summe – laut dem Kreditgeber im Schnitt um das 1,6-fache.
Der junge Mann, der 2020 sein Studium beendet hat, lieh sich insgesamt 14.000 Euro. Da er als Ingenieur mittlerweile rund 6000 Euro brutto im Monat verdient, fordert der Kreditgeber mit insgesamt 30.000 Euro mehr als das Doppelte zurück.
"Ich habe den Vertrag abgeschlossen, als ich sehr verzweifelt war", sagt der Mann heute. "Ich war unerfahren und wusste nicht, was ein Ingenieur verdient", betont er. Vor allem, dass sich mit jeder Gehaltserhöhung auch die Raten erhöhten, sei ihm nicht klar gewesen. Eine persönliche Beratung habe es nicht gegeben.
Bei anderen Verbraucherkrediten ist es in der Regel möglich, die Schulden gegen eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung auf einen Schlag zu tilgen. Doch viele Studienkreditgeber argumentieren, dass ihr Modell nicht unter das Darlehensrecht fällt. So kommen die Schuldner:innen nur schwerlich wieder aus dem Vertrag.
Viele Jurist:innen halten derartige Konditionen für sittenwidrig. Ein Aachener Rechtsanwalt konnte 2016 vor dem Landgericht Aachen ein Grundsatzurteil gegen einen anderen Anbieter erkämpfen. Den Kreditnehmer:innen sei es dem Gericht zufolge "kaum möglich gewesen, sich ohne Einholung von Rechtsrat einen Überblick zu verschaffen", heißt es im "Spiegel".
Dank des Urteils konnten viele Betroffene einen außergerichtlichen Vergleich erstreiten. Die Rechtslage ist aber weiterhin nicht vollständig geklärt. Laut "Spiegel" verweist etwa der Kreditanbieter Brain Capital auf ein Urteil des OLG Stuttgarts, wonach eine etwaige Sittenwidrigkeit nicht aus einem Vergleich mit marktüblichen Zinsen abgeleitet werden könne.
Der Maschinenbaustudent jedenfalls konnte sich mit "Deutsche Bildung" auf einen außergerichtlichen Vergleich einigen und muss nun 10.000 Euro weniger zurückzahlen.
Wie "Deutsche Bildung" gegenüber dem "Spiegel" mitteilt, sei die Vergabe aus dem bisherigen Studienfonds im April 2024 eingestellt worden und werde nun in gemeinnützige Strukturen überführt.
Generell nehmen viele Bildungs-Expert:innen die Politik in die Pflicht. Staatliche Angebote zur Studienfinanzierung seien derzeit nicht angemessen und attraktiv gestaltet, sagt Ulrich Müller, Experte für Studienkredite am Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) dem "Spiegel". So griffen Studierende vermehrt auf private Bildungsfonds zurück.