Für viele Menschen in monogamen Beziehungen ist es ein Trennungsgrund, wenn sie auf dem Handy des Partners eine Dating-App entdecken. Wenn das kein sich anbahnendes Fremdgehen ist, was dann, fragen sie sich. Und auch wohlwollende Menschen dürfte eine solche Entdeckung verunsichern. Ein heftiger Streit ist somit oft nicht weit weg.
Doch eine aktuelle Studie gibt vergebenen Nutzer:innen von Tinder und anderen Dating-Apps jetzt neue Argumente. Der Erhebung zufolge nutzen die allermeisten Menschen Dating-Apps nämlich gar nicht für Sex oder Dates. Ich-bezogen ist der Grund allerdings dennoch.
So hat ein Team von Forscher:innen der französischen University of Picardie Jules Verne herausgefunden, dass zwei Drittel der Menschen bei Tinder vergeben oder gar verheiratet sind. Dazu haben sie 1400 Nutzer:innen im Alter von 18 bis 74 Jahren befragt. Statt über die App nach Dates zu suchen, nutzen viele von ihnen Tinder wie andere Social-Media-Apps.
In der Studie, die auf der Webseite des Verlagsunternehmens "Mary Ann Liebert" veröffentlicht wurde, berichten die Forscher:innen, dass es dem ein oder anderen vor allem um "Ego-Pushs" durch Likes oder Matches geht, die sie aus der Community erhalten.
Einer der Co-Autoren der Studie weist darauf hin, dass ein solches Verhalten zulasten der übrigen Nutzer:innen gehe. Es mindere nämlich die Erfolgschancen jener, die bei Tinder ernsthaft auf der Suche nach Dates und Partnerschaften sind.
Bei Tinder wiederum ist man gar nicht einverstanden mit der Studie und der Methodik der Forschenden. Diese sei "ungenau und irreführend", lässt das Unternehmen mitteilen und führt aus:
Dabei bezieht sich Tinder auf eigene Daten sowie die "Kenntnis unserer Mitglieder". Bei der App-Funktion "Relationship Goals" geben demnach 40 Prozent der Mitglieder an, dass sie nach einer langfristigen Beziehung suchen. Unter "Beziehungstyp" würden zudem 70 Prozent Monogamie als gewünschte Beziehungsart auswählen.
In den vergangenen Jahren hat die als reine Dating-Plattform gestartete App ihr Repertoire zunehmend erweitert und will so auch User:innen ohne Dating-Ambitionen gefallen. Mit dem Modus "Freunde? Freunde!" zielt das amerikanische Technik-Unternehmen Match Group, zu dem neben Tinder auch Netzwerke wie OkCupid oder Hinge zählen, darauf ab, auch das Schließen von platonischen Freundschaften zu ermöglichen.
Die Funktion erfreut sich wachsender Beliebtheit und verzeichnete so im ersten Halbjahr 2022 bei den Zugriffszahlen einen Zuwachs von 36 Prozent. Wie es bei Apps dieser Größenordnung üblich ist, findet Tinder dabei Inspiration bei der Konkurrenz: Bumble oder Meet Up setzen schon länger auf solche Funktionen zum Freunde finden.