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Ist Eisbaden gesund? Medizinerin steigt in die Tonne und berichtet

Unsere Kolumnistin hat es (wieder) getan: Sie ist in eine Eistonne gestiegen.
Unsere Kolumnistin hat es (wieder) getan: Sie ist in eine Eistonne gestiegen.bild: ideogram / ki
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Ist Eisbaden gesund? Ich bin für euch in die Tonne gestiegen – das sind meine Erkenntnisse

Julia Saliger ist angehende Ärztin. In ihrer watson-Kolumne schreibt die 25-Jährige über ihr Leben, ihre Emotionen und ihre Erfahrungen zwischen Kittel, Klinik und Kaffeeküche.
31.01.2024, 07:1831.01.2024, 07:31
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Es ist der 1. Januar, 0.43 Uhr. Ich hocke splitterfasernackt in einer mit Eiswasser gefüllten Regentonne auf dem Balkon eines Freundes. Das Feuerwerk knallt im Hintergrund und die Luft wird langsam diesig. Neben mir schwimmt ein Stück Eis im Wasser. Ich starte mein Jahr 2024 direkt mit meinem Vorsatz: Ich möchte regelmäßig zum Eisbaden gehen!

Man könnte sich jetzt fragen, wieso das mitten in der Silvesternacht passieren musste und wie viel Alkohol dabei im Spiel war, aber darauf kann ich entspannt antworten: Ich war nüchtern und genoss das Gefühl. Denn es ist atem(be)raubend, im beißenden Eiswasser zu sitzen.

Ich merke, wie mein Adrenalinspiegel schlagartig steigt, sich das berauschende Gefühl in meinem Körper breit macht und meine Gedanken wortwörtlich erfrischt werden. Zwar merke ich auch, wie meine Hände und Füße schmerzen, meine Haut feuerrot wird und meine Disziplin, im Wasser zu bleiben, jede Sekunde aufs Neue gefordert wird, aber in diesem Augenblick ist das für mich nebensächlich.

Das Beweisfoto: Unsere Kolumnistin sitzt in der Eistonne.
Das Beweisfoto: Unsere Kolumnistin sitzt in der Eistonne.bild: julia saliger

Für mich überwiegen die psychischen und physischen Benefits von regelmäßigem Eisbaden. Dafür nehme ich den kurzzeitigen Schmerz in Kauf.

Ist Eisbaden gesund? Das sind die Vorteile

Doch was sind diese Benefits? Als Medizinerin möchte ich euch das in meiner Kolumne erklären. Zumal Tiktok und Instagram voll sind von Menschen, die im Eis baden. Was ist dran am Hype?

Fangen wir mit den basic reactions des Körpers aufs Eisbaden an: Gefäße in der Haut verengen sich schlagartig, um den Wärmeverlust zu verringern. Wir beginnen zu zittern. Braunes Fettgewebe betreibt Wärmeproduktion, unser Blutdruck steigt.

Wer den Anfang dieser Kolumne aufmerksam gelesen hat, wird den Zusammenhang bemerken: Ein "berauschendes" Gefühl macht sich breit. Es ist wie eine schlagartige, sekundenschnelle Reaktion meines Herzens, der folgende Blutdruckanstieg sorgt für den rush.

Sieht schon schön aus. Aber den Alkohol verkneift ihr euch beim Eisbaden besser.
Sieht schon schön aus. Aber den Alkohol verkneift ihr euch beim Eisbaden besser.Bild: unsplash / kbrembo

Doch es gibt nicht nur die kurzfristigen, unmittelbar spürbaren Effekte des Eisbadens, sondern auch die langfristig gesundheitlichen. Die habe ich für euch recherchiert. Und war selbst positiv überrascht.

Vorab will ich sagen: Natürlich ist regelmäßige Kälteexposition nicht für jede:n geeignet und benötigt ärztliche Abklärung bei Vorerkrankungen. Aber für uns junge, dynamische, gesunde Mittzwanziger ist es eine super Sache.

Studienergebnisse, die allerdings noch limitiert und hier nachzulesen sind, deuten darauf hin, dass kardiovaskuläre Risikofaktoren, gemessen an Markern für oxidativen Stress und Herzgesundheit, durch regelmäßige Eisbäder gesenkt werden. Unser Risiko, eine Herzkrankheit zu entwickeln, sinkt also. Schon wieder was gelernt beim aktuellen Schrei, sich vorzurechnen, dass wir alle 100 Jahre alt werden wollen.

Im Grunde schützt der winterliche Spaß unser Herz-Kreislauf-System, trainiert aber auch unsere Atemreaktion auf plötzliche Kälte. Für den Ottonormalverbraucher ist das vielleicht nebensächlich, aber sollten wir mal unbedacht mitten im Winter auf einem zugefrorenen See einbrechen, sinkt durch bereits trainierte Kälteexposition zumindest unser Risiko, am sogenannten Kälteschock zu sterben.

Im warmen Pool liegen, wenn drumherum Schnee liegt? Das kann ja jede:r!
Im warmen Pool liegen, wenn drumherum Schnee liegt? Das kann ja jede:r!Bild: pexels / Yaroslav Shuraev

Denn auch daran gewöhnt sich unser Körper durch Eisbäder: Blutdruck und Atmung zeigen eine Art der Habituation und reagieren nach sogenanntem cold exposure training weniger stark auf plötzliche Temperaturabfälle unserer Umgebung. (Bitte lauft trotzdem nicht planlos über zugefrorene Seen.)

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Apropos longevity: Wir wissen, dass Hormone wie beispielsweise Insulin eine Rolle spielen. Auch hier haben wir einen sich positiv auswirkenden Effekt durch Eisbäder. Zur Erklärung: Insulin ist notwendig, um Glucose, also Zucker, aus dem Blut in die Zellen aufzunehmen. Geschieht dies nicht, kommt es zu einer Reihe negativer Langzeiteffekte im Körper, seien es Entzündungen oder Ausbildung von arteriosklerotischen Gefäßveränderungen.

Die Insulinsensitivität unserer Zellen nimmt im Eis zu, Glucose kann effektiver aufgenommen werden und wir können zudem die "Insulinproduzentin" unseres Körpers, die Bauchspeicheldrüse, effektiv entlasten, indem wir weniger Hormon verbrauchen.

Es gibt aber nicht nur die physischen, sondern auch die psychischen Effekte. Zumindest im Kampf gegen den Winterblues, den viele von uns kennen. Kein schönes Gefühl. Auf seltsame Art und Weise macht alles in dieser Zeit weniger Freude und erscheint ein wenig trüber als bei Sonnenschein. Auch hier bringt der Sprung ins kalte Nass einige positive Nebeneffekte: Durch Freisetzung von Noradrenalin und Endorphinen kann ein positiver Effekt auf unsere Stimmung beobachtet werden.

Eisbäder sorgen für positive Vibes im grauen Winter. Und ich bin auch mit Stolz erfüllt, wenn ich der beißenden Kälte Widerstand geleistet habe.

Falls ihr euch fragt, warum ich bei all den positiven Aspekten nicht längst mit den Eisbädern angefangen hatte und dafür einen Neujahrsvorsatz brauche, kann ich das gerne noch beantworten: Gemütlichkeit.

Denn ich weiß ganz genau: Der Moment, ins kalte Wasser zu steigen, wird furchtbar schmerzhaft, all meine Disziplin wird verlangt. Und dann muss ich mich in Windeseile mitten im eisigen Englischen Garten in München wieder anziehen, um mich langsam, aber stetig aufwärmen zu können, denn der Luxus der Regentonne bleibt mir in meiner Wohnung ohne Balkon verwehrt.

Und falls ich euch mit meinen Argumenten überzeugt habe, wisst ihr jetzt, wo ihr mich auch bei klirrenden Temperaturen in Zukunft findet. Dann können wir gerne gemeinsam eine Runde im Eis baden gehen.

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