Vor Kurzem hatte ich ein Date mit einem Mann, bei dem mir schon recht bald klar war: Aus uns beiden wird nichts. Und ich meine, wirklich nichts – keine große Liebe, kein Sex, kein Knutschen, wahrscheinlich nicht mal Freunde.
Als ich ihm mitteilte, dass der Funke bei mir nicht übergesprungen ist, war er leicht verwundert: Er sei nämlich davon ausgegangen, dass ich etwas Ernstes suche, und da könne man ja praktisch nicht so schnell entscheiden.
Erst mal: Doch, das kann man so schnell entscheiden. Wenn ich einen Menschen kennenlerne, weiß ich innerhalb von maximal zwei Minuten, ob ich die Person grundsympathisch oder womöglich auch attraktiv finde. Man spürt eine gemeinsame Chemie ziemlich schnell, finde ich – und wenn die nicht da ist, ist es schwer, da eine tiefergehende Beziehung irgendeiner Art rauszuquetschen.
Dann: Ich habe niemals behauptet, dass ich irgendetwas suche. Ich finde es generell komisch, diese ganzen Gesuche auf dem Dating-Markt. Das fängt schon an, wenn man in Dating-Apps die Profile durchliest und es heißt: "Suche nach was Lockerem", "Keine ONS" und "Ich versuche, hier mal die große Liebe zu finden – ja, ich weiß, unrealistisch, hihi".
Ich habe auch mal einen getroffen, der dezidiert Freunde bei Tinder gesucht hat. Nicht, dass ich ausschließen würde, mich beim Online-Dating mit jemandem anzufreunden – aber für das Knüpfen rein platonischer Bindungen ist die App jetzt nicht bekannt. Besonders erfolgreich schien sein Vorhaben nicht, auch unsere Freundschaft wollte nicht so richtig aufblühen – was seiner Meinung nach daran lag, dass ich doch heimlich was von ihm wollte. Meiner Meinung nach lag es eher daran, dass ich es nicht so nett fand, als er ein paar abfällige Bemerkungen über alleinerziehende Mütter und Menschen in Armut gemacht hat.
Andersherum bin ich auch immer irritiert, wenn Leute mich schon beim ersten Date fragen, was ich suche. Es ist ja nicht so, dass ich mir auf meiner To-Do-Liste vornehme: "So, heute such ich mir mal wen zum Heiraten." Oder: "Bis Ende des Monats habe ich eine Person gefunden, mit der ich alle zwei Wochen unverfänglich den Beischlaf vollziehe." Entgegen so mancher pseudo-romantischer Vorstellung gehe ich auch nicht in den Supermarkt und hol mir Mehl, Eier, Knäckebrot, den perfekten Mann fürs Leben und einen Bund Petersilie. Solche Dinge passieren halt. Oder eben auch nicht.
Jedenfalls finde ich es komisch, wenn ich eine bestimmte Beziehungsform, die ich für optimal halte, im Kopf habe und nun die passende Person dazu suche. Klar kann ich verstehen, dass manche Menschen schon von Vornherein wissen, dass sie einfach mit niemandem Fremden Sex haben wollen oder sich nicht für eine monogame Beziehung eignen. Aber sollte man nicht idealerweise erst die Person kennenlernen – und dann die gemeinsame Beziehung gestalten? Erscheint mir irgendwie einfacher.
Und dann: Manchmal überrascht man sich einfach selbst. Und das kann man um so besser, je weniger man sich vornimmt. Als ich nach Berlin gezogen bin, habe ich mich bei Tinder angemeldet, weil ich dachte: Ich bin neu hier, ich nutze jeden Kanal, um neue Menschen kennenzulernen. Ich bin dann nur auf ein Date gegangen, aus dem eine fast einjährige Beziehung wurde. Die Dinge laufen eben häufig nicht nach Plan – und das ist ja auch ganz schön so.
Wer aber das Gefühl hat, sich an seine Idealvorstellung und Partnergesuch klammern zu müssen, sollte sich vielleicht fragen, was dahintersteckt – und ob man sich von der ein oder anderen Wunschvorstellung lösen kann. Echtes Leben ist meist dann doch spannender als vorgefertigte Ideen.
Der Mann, der dachte, ich suche etwas Ernstes, hat übrigens ganz freundlich angeboten, dass wir uns ja trotzdem mal zum Spazierengehen treffen können. Das finde ich zwar nett – ich muss nach dem Hin und Her jetzt allerdings schauen, ob das immer noch das ist, was ich aktuell suche. No offense.