Als ich noch kinderlos war, schickte mir meine Schwägerin folgendes Zitat: "Urlaub mit Kindern ist wie Alltag mit Klimaveränderung." "Hahaha" schrieb ich zurück. Ich fand es ein bisschen lustig. Inzwischen ist mir das Lachen vergangen. Ich würde sogar so weit gehen: Urlaub mit Kind ist anstrengender als Alltag, weil die Vormittagsbetreuung wegfällt, weil bei Regenwetter der ganze Spielkram nicht vorhanden ist und weil aufkeimende Hoffnung auf Erholung jedes Mal wieder enttäuscht wird.
Das mit den hohen Urlaubs-Erwartungen hatte sich jedoch, für meine Verhältnisse, relativ früh gelegt. Denn in unserem ersten Familienurlaub bekamen wir direkt die volle Dröhnung ab. Das Leben hat uns deutlich klargemacht: Verabschiedet euch von euren bisherigen Vorstellungen, sofort!
Noch kurz davor hielten wir uns für lässige Eltern, die auch mit einem sieben Monate alten Baby ein nicht-europäisches Land erkunden würden. Also ab nach Marokko, inklusive Mietwagen, Restaurant-Reservierungen und durchgestylten Unterkünften.
Wie die Realität aussah? Wir blieben mit einem Schrottauto abends auf einer viel befahrenen Straße liegen, weil Mietwagen-Gauner selbst vor jungen Familien keinen Halt machen. Wir ratterten mit dem Buggy über ungepflasterte Gassen in der Medina Marrakeschs, während wir gleichzeitig Mopeds auswichen. Gestresst jagten wir unserem Krabbel-Baby in angesagten Dachterrassen-Restaurants hinterher, das sich am liebsten herunterstürzen wollte. Wir hielten uns ausschließlich zum Schlafen in hübsch designten Riads auf, weil wir als einzige Gäste mit Kind permanent auffielen. Wir bekamen Panik im Hinterland, weil die Apothekerin weder auf Englisch noch auf Französisch verstand, welche Medikamente wir dringend benötigten.
Ab da hieß es für uns: Designhotel, Abenteuer und Erholung ade! Familienhotel, Ferienwohnung und Urlaub mit den Großeltern hello!
Früher machten wir drei Arten von Urlaub: 1. Städtereisen, um in Metropolen einzutauchen. 2. Abenteuer-Trips, um unbekannte Länder und Kulturen zu entdecken. 3. Hotelaufenthalte, um uns in wunderschönen, atmosphärischen Anlagen verwöhnen zu lassen, zu genießen und uns zu erholen.
Jetzt gibt’s folgende Optionen: Eine Ferienwohnung, am besten mit Selbstversorgung, um Restaurantbesuche zu vermeiden, bei denen das Kind nach dem geleerten Brotkorb aufstehen möchte, während wir gerade unsere Vorspeise serviert bekommen. Das Apartment sollte möglichst in Strand- oder Seenähe liegen, einen Gartenzugang haben und sich in einer beständigen Klimazone befinden.
Die Alternative? Familienhotels. Nicht weil ich Lust auf weitere Nervkinder in meinen Ferien hätte, sondern weil ich ein entspanntes Umfeld benötige, für das ein abgestellter Kinderwagen im Foyer kein Drama bedeutet, in dem ich mir keine Gedanken über die Sauerei unter dem Frühstückstisch machen muss und das einen Lautstärkepegel gewohnt ist, in dem unser Sohn gar nicht erst auffällt.
Was ich jedoch bis heute nicht verstehe: das Prinzip Kinderbetreuung. Welches Kind lässt sich im Miniclub bei fremden Menschen problemlos abgeben? Unseres nicht. Ich müsste erst mal zwei Wochen Eingewöhnung machen, doch bis es so weit wäre, sind wir längst abgereist.
Wir planen also Urlaub mit Freunden, die ebenfalls Kinder haben, damit sich die Kinder miteinander beschäftigen. Oder Urlaub mit der eigenen Familie, damit wir eine Betreuung an Bord haben. Oma, Opa, Tanten und Onkels, gerne auch ältere Cousins und Cousinen – Hauptsache, das Kind wird bespaßt. Nur dann flammen diese kurzen Entspannungsmomente auf, in denen ich ungestört aufs Wasser starren oder drei Buchseiten am Stück lesen kann.
Wir haben einen Weg gefunden, unsere Ferien angenehm zu gestalten. Urlaub würde ich es nicht nennen. Wirklich Urlaub mache ich nur noch mit Freundinnen oder allein mit meinem Mann – immer in Kurzform. Meistens mieten wir uns für drei Tage in irgendein Luxus-Wellness-Hotel ein (Adults only!) und tanken maximal auf. Das Gute daran: Seit wir Eltern sind, fühlen sich drei Tage kinderfrei wie eine Woche an. Das nennt man dann wohl Jahresurlaub.