
Auch Lindsay Lohan wurde schon wegen ihrer Haare ausgeschlossen, vermutet ein Tiktoker.Bild: IMAGO images / ABACAPRESS
Social Media
Es wirkt zunächst wie einer dieser typischen Tiktok-Witze, die überraschend viral gehen und man sich fragt, ob es noch absurder werden kann. Doch wer genauer hinsieht, entdeckt einen Trend, der weitaus mehr erzählt – über Zugehörigkeit, Identität und überraschende Solidarität.
Hin und wieder gibt es sie, die Tiktok-Trends, die Tränen kullern lassen. Zwischen Tänzchen und Blödeleien findet sich manchmal ein emotionaler Überraschungsmoment.
So ist es auch diesmal, jedoch ganz anders als erwartet. Denn ein einzelnes Video hat einen Fankult ausgelöst, der rothaarige Menschen abfeiert – allein, weil sie rothaarig sind. Und, weil sie das laut der Creatorin "zu den schwarzen Menschen unter den Weißen" macht.
Ein Deepdive in den wohl unerwartet berührendsten Trend der letzten Wochen auf Tiktok.
Ed Sheeran droppt bald sein Rap-Album – zumindest laut Tiktok
Inmitten dieses Trends wird sogar behauptet, Ed Sheeran würde bald ein Rap-Album veröffentlichen. Nun gut, das hat sich schnell als sarkastischer Gag herausgestellt.
Alles startete mit einem Video, in dem eine Tiktokerin behauptet, "alle, die Ginger sind – also die mit roten Haaren – das sind alles schwarze Menschen". In den Kommentaren fand sich vor allem eins: viel Ungläubigkeit ("wissen rothaarige Menschen davon?") und Belustigung ("Ed Sheeran droppt bald sein Rap-Album").
Die amerikanische Influencerin Haley Kalil (@haleyybaylee), der immerhin knapp 14 Millionen Menschen auf Tiktok folgen, kommentierte (vermutlich) scherzhaft: "Ich war noch nie so verwirrt über meine Identität".
Tausende Videos entstanden, die wiederum millionenfach geklickt wurden. Viele stimmten der These zu und führten ihre eigenen Analysen (und ehrlicherweise auch Halbwahrheiten) aus:
Tiktok-Trend schwebt zwischen Humor und Ernst
Der Humor blieb, aber zunehmend mischte sich eine neue, ernstere Note darunter. Was als Vergleich begann, verwandelte sich – halb ironisch, halb aufrichtig.
Denn rothaarige Menschen begannen, einander zu supporten, über alte Verletzungen zu sprechen und zu zeigen, dass auch sie Erfahrungen mit Ausgrenzung gemacht haben – oftmals ganz subtil, aber konstant, ihr Leben lang.
Und so kamen auch weitere rothaarige Creator:innen zur Debatte, um zu erklären, dass auch sie ihr Leben lang diskriminierende Erfahrungen machen mussten. So fragt @tiny_tobasco: "Müssen mir weiße Menschen immer erklären, dass ihr Cousin dritten Grades auch rothaarig ist?"
Ein User mit dem Namen @redheadsrule33 erklärte, er habe noch nie in seinem Leben so viel Liebe erhalten. "Ich habe es als Kind gehasst, rothaarig zu sein", gesteht er unter Tränen. "Ich habe mich noch nie geliebt gefühlt, bis heute".
Auch am nächsten Tag richtet er sich weinend an seine Community und bedankt sich für die ganze Unterstützung. Beide der Videos haben mehr als eine Million Aufrufe erreicht. Andere berichteten davon, als "Hexe" bezeichnet zu werden und ausgeschlossen worden zu sein, weil erzählt wurde, dass ihre Sommersprossen ansteckend seien.
Besonders bemerkenswert: Viele schwarze Creator:innen solidarisierten sich offen mit den Erfahrungen der Rothaarigen – teils aus echtem Mitgefühl, teils auch mit ironischem Augenzwinkern.
Sie zogen Parallelen zu eigenen Erlebnissen, kommentierten mit "Du bist zuhause jetzt. Du bist sicher" oder erklärten:
"Solidarität zwischen Rothaarigen und der Black Community stand nicht auf meiner Bingo-Karte. Aber hier sind wir."
Bei dem Trend geht es offenbar nicht darum, die Erfahrungen, die schwarze Menschen in unserer rassistischen Gesellschaft gemacht haben, mit den diskriminierenden Erlebnissen von rothaarigen Menschen gleichzusetzen. Sondern um Solidarität zwischen ausgegrenzten Menschengruppen.
Ein User kommentiert: "Das bedeutet nicht, dass die Vergangenheit vergessen wird – sondern dass aus ihr gelernt wird und wir gemeinsam daran wachsen. Wahre Verbundenheit entsteht nicht einfach durch Worte, sondern durch Lernen, Vertrauen und dadurch, dass wir füreinander da sind – dann, wenn es zählt."
Dieses Verständnis, gerade aus der BIPOC-Community, machte den Trend für viele besonders kraftvoll: "Wir wurden unser Leben lang gemobbt, danke, dass ihr uns adoptiert" schreibt eine rothaarige Userin, "ihr habt gerade etwas in mir geheilt".
Es wirkt zunächst wie einer dieser typischen Tiktok-Witze, die überraschend viral gehen und man sich fragt, ob es noch absurder werden kann. Doch wer genauer hinsieht, entdeckt einen Trend, der weitaus mehr erzählt – über Zugehörigkeit, Identität und überraschende Solidarität.
Hin und wieder gibt es sie, die Tiktok-Trends, die Tränen kullern lassen. Zwischen Tänzchen und Blödeleien findet sich manchmal ein emotionaler Überraschungsmoment.