Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar dieses Jahres, bereiten sich Energieversorger und Behörden darauf vor, dass Russland seine Gaslieferungen nach Deutschland einstellt. Sollte dieser Fall eintreten, muss schnell gehandelt werden.
Zu den konkreten Plänen für das Ausbleiben der Gaslieferungen äußerte sich zuletzt der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller – und löste damit eine hitzige Diskussion in der Lebensmittelindustrie aus.
In einem Interview mit der Funke-Gruppe bestätigte Müller, dass ein Ausbleiben der Gaslieferungen aus Russland für weitreichende Einschränkungen verantwortlich sein könnte. "In kritischen Bereichen wie Teilen der Lebensmittel- und Pharmabranche müssen wir sehr vorsichtig sein", zitierte die "Lebensmittelzeitung" den Präsidenten der Bundesnetzagentur.
"Dagegen wären Produkte und Angebote, die in den Freizeit- und Wohlfühlbereich fallen, eher nachrangig. Schwimmbäder gehören wohl nicht zum kritischen Bereich, genauso wie die Produktion von Schokoladenkeksen."
Letztere Aussage sorgte für einiges an Kritik seitens des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie. Eine Sprecherin kritisierte laut Angaben der "Lebensmittelzeitung", dass Müller den Empfehlungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe widersprechen würde: Dieses hatte den Bürgerinnen und Bürgern in einer Checkliste kürzlich nämlich nahegelegt, auch Kekse in den Notvorrat mit aufzunehmen.
Da die Gaslieferungen für viele Lebensmittelhersteller von existentieller Bedeutung sind, haben einige Interessenvertreter um besonderen Schutz durch die Bundesregierung gebeten. Zu ihnen gehört auch der Verband Deutscher Kühlhäuser und Kühllogistikunternehmen (VDKL) sowie das Deutsche Tiefkühlinstitut (dti).
In einer Pressemitteilung betonten sie die Abhängigkeit der Tiefkühl- und Frischewirtschaft von den Gaslieferungen. "Eine Umstellung auf andere Energieträger ist kurzfristig in vielen Produktionsprozessen technisch und logistisch nicht möglich", erklärten die Geschäftsführer der beiden Institutionen. "Daher fordern dti und VDKL die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Versorgung [...] mit Erdgas durch eine schnelle und klare Priorisierung sicherzustellen."
Im Mai veröffentlichte die Bundesnetzagentur einige Hintergrundinformationen zum Vorgehen, falls Russland seine Gaslieferungen nach Deutschland signifikant verringert oder sogar komplett einstellt.
In dem fünfseitigen Dokument wird unter anderem erläutert, welche Handlungsoptionen es im Falle eines Versorgungsengpasses gibt und nach welchen Kriterien Entscheidungen des Bundeslastverteilers getroffen werden. Nach eigenen Angaben sollen unter anderem die Dringlichkeit, die Größe der Anlage, deren Gasbezug, die zu erwartende wirtschaftliche Schäden und die Bedeutung für die Versorgung der Allgemeinheit abgewogen werden.
(fw)