Spanien-Urlaub: Fisch-Branche auf den Kanaren steckt in massiver Krise
Die Kanaren gehören zu den beliebtesten Reisezielen Europas. Sie bieten sich vor allem als relativ nahes Urlaubsparadies im Winter an. Denn mit Durchschnittstemperaturen um die 20 Grad Celsius sind ganzjährig Aktivitäten wie Wandern ebenso möglich wie ein Badeurlaub.
Tourist:innen werden auch von spektakulären Stränden und dem Versprechen mediterraner Küche angelockt. Fischgerichte gelten dabei eigentlich als Klassiker: Dorade frisch vom Grill, Thunfisch mit Tomate oder Meeresfrüchte in Knoblauchöl.
Eigentlich.
Denn die Fischbranche auf den Kanaren steht unter Druck. Während Tourist:innen im Urlaub weiterhin gerne Fisch bestellen, sieht es bei den Einheimischen ganz anders aus. In den privaten Küchen der Kanaren landen immer häufiger Tiefkühlprodukte, frischer Fisch dagegen wird zur Ausnahme.
Wie das spanische Landwirtschafts- und Fischereiministerium meldet, ist der Fischkonsum auf den Inseln auf ein Rekordtief gefallen. Während in Spanien im Schnitt 19,2 Kilo pro Person und Jahr gegessen werden, sind es auf den Kanaren nur noch 14,4 Kilo – der niedrigste Wert im Land. Fischereiverbände schlagen Alarm.
Einheimische auf den Kanaren greifen immer weniger zu eigenem Fisch
Miguel Delgado, Vorsitzender eines Fischereiverbandes auf Gran Canaria, bringt den Kern des Problems gegenüber "Teneriffa News" auf den Punkt: "Nicht jeder kann es sich leisten, 17 oder 20 Euro für ein Kilo zu bezahlen." Gemeint ist hier die Dickkopf-Zahnbrasse (auch "Sama" genannt), die ein traditioneller Speisefisch ist.
Die Fischer:innen selbst verkaufen ihre Ware vergleichsweise günstig. Doch sobald die Ware im Supermarkt landet, "explodiert der Preis", sagt Delgado. In Zeiten hoher Inflation können viele Familien das nicht mehr stemmen – und verzichten ganz auf frischen Fisch oder greifen zu billiger Tiefkühlware, wie das Portal berichtet.
Das Problem hängt auch mit den Einkommen zusammen: Viele Kanaren-Bewohner:innen arbeiten im Tourismussektor, für oft niedrige Löhne. Laut örtlichen Medien braucht inzwischen fast jede zweite Person einen Zweitjob, für teuren Frischfisch bleibt da kaum Geld.
Urlaub auf den Kanaren: Wer Qualität bei Fisch will, zahlt viel Geld
Weil der Absatz stockt, sind Farmfische und Importe längst Alltag. Viele Produkte kommen inzwischen aus Afrika. Delgado warnt, dass zwar die Preise sinken, dafür aber auch die Qualität: "Jeder muss selber wissen, was er konsumiert."
Auch Umweltorganisationen blicken kritisch auf diese Entwicklung. Importierte Zuchtfische bedeuten nicht nur lange Transportwege, sondern auch mögliche Probleme bei Nachhaltigkeit und Tierwohl. Für eine Region, die gern mit "frischem Atlantik-Fisch" wirbt, ist das ein Widerspruch.
Das Ministerium bestätigt den Trend: Der Rückgang sei nicht erst mit der Inflation gekommen, sondern halte schon seit rund zehn Jahren an.
Fischer auf den Kanaren verlieren Teil ihrer Identität
Neben dem Geld spielt auch der Faktor Zeit eine Rolle. Frischfisch bedeutet Vorbereitung: Das Ausnehmen, Säubern und die Zubereitung des Fisches dauern länger. Tiefkühlware dagegen kommt direkt in die Pfanne. "Wenn wir möchten, dass sich wieder mehr Verbraucher für Qualität entscheiden, müssen wir den Sektor stärker fördern", sagt Delgado.
Für die Fischer:innen geht es dabei nicht nur ums Geschäft, sondern auch um ein Stück Identität. Auf den Kanaren hat die Seefahrt jahrhundertelange Tradition, Gerichte mit fangfrischem Fisch gehören eigentlich zur Kultur. Wenn der Konsum weiter sinkt, verlieren die Inseln nach Ansicht vieler nicht nur einen Wirtschaftszweig, sondern auch ein Stück kulinarisches Erbe.
Die Fischer:innen hoffen nun auf politische Unterstützung. Ohne zusätzliche Werbung und gezielte Programme könnte einer der traditionsreichsten Wirtschaftszweige der Inseln weiter schrumpfen. Und das trotz voller Häfen und reicher Meeresgründe.