Mallorca ist nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel für junge Menschen aus Deutschland, sondern auch ein Hotspot für Mietwagen – und offenbar neuerdings auch für Betrugsmaschen. Wer hier ein Auto leiht und sich zu schnell erwischen lässt, hat in der Regel ziemlich schnell Post von der spanischen Verkehrsbehörde DGT im Briefkasten. Doch was, wenn die Behörde nie einen Brief verschickt hat – und die Straße, auf der man angeblich zu schnell war, gar nicht existiert?
Genau das passierte offenbar Nicole Welzel und ihrer Familie. Die Deutschen lebten rund drei Jahre auf Mallorca, bevor sie vor Kurzem nach Trier zurückzogen. Ende Februar bekamen sie überraschend einen Bußgeldbescheid zugeschickt – angeblich ausgestellt von der DGT. Der Vorwurf: Sie seien mit 76 km/h auf einer Straße mit 50 km/h-Limit unterwegs gewesen. Kostenpunkt: 200 Euro.
Zunächst wirkte der Strafzettel authentisch. "Wir haben uns sehr gewundert, weil wir an diesem Tag das Auto gar nicht benutzt hatten", erzählt Nicole Welzel gegenüber der "Mallorca Zeitung". Dennoch: Alle Details passten – von der Adresse über das Kennzeichen des Mietwagens bis zur Führerscheinnummer ihres Mannes.
Erst Gespräche mit Freund:innen auf Mallorca brachten die Wahrheit ans Licht. Der Bußgeldbescheid enthielt kein Angebot, nur die Hälfte der Strafe zu zahlen – eine in Spanien übliche Option. Und noch ein weiteres Detail fiel auf: Die angebliche Straße, die M-404, existiert auf Mallorca nicht. Stattdessen verweist die Bezeichnung eher auf den Raum Madrid.
Tatsächlich beginnen die Straßenbezeichnungen auf Mallorca ausschließlich mit "Ma" oder in wenigen Fällen mit "PM" für Palma. Auch das angebliche Beweisfoto war auffällig: stark verschwommen, das Nummernschild kaum zu erkennen. Normalerweise ist die Bildqualität bei echten DGT-Strafzetteln gestochen scharf.
Nach kurzer Recherche im Internet stieß Nicole Welzel auf weitere Fälle. Auf Reddit berichteten mehrere User:innen von exakt derselben Masche. Immer ging es um einen angeblichen Blitzer auf der M-404, immer 76 km/h statt 50, immer mit einem Mietwagen von Goldcar. Auch ein anderer Leser der Zeitung meldete sich nach Veröffentlichung des Falls und bestätigte: Auch er erhielt einen nahezu identischen Strafzettel – ebenfalls mit Bezug zur nicht existierenden M-404.
Nicole Welzel kontaktierte daraufhin die Verkehrsbehörde DGT, die Ortspolizei in Palma und ihren Autovermieter Goldcar. Die Reaktionen waren eindeutig. Die DGT bestätigte, dass es sich um einen Betrug handle – und riet klar davon ab, die Strafe zu bezahlen. Auch Goldcar empfahl zunächst, nicht zu zahlen, kündigte aber eine interne Prüfung an. Die Polizei auf Mallorca verwies dem Bericht zufolge an die deutschen Behörden. Der Verdacht liegt nahe, dass persönliche Daten von der Mietwagenfirma abgegriffen wurden – möglicherweise über ein internes Datenleck.
Auch auf Reddit äußerten User:innen den Verdacht, dass Mitarbeitende Daten weitergegeben oder verkauft haben könnten. Ein Sprecher des Mietwagenunternehmens reagierte zurückhaltend: "Wir sind uns des Problems bewusst, was lediglich eine sehr kleine Zahl von Kunden auf Mallorca betroffen hat", heißt es gegenüber der "Mallorca Zeitung". Zur genauen Ursache wollte Goldcar mit Verweis auf laufende polizeiliche Ermittlungen keine Angaben machen.
Der Sprecher sagte aber: Es habe keine Weitergabe von Daten durch das Unternehmen selbst gegeben. Für Betroffene, die bereits gezahlt hatten, gibt es immerhin eine gute Nachricht: Laut Goldcar wurde der Betrag in allen bekannten Fällen zurückerstattet. Nicole Welzel und ihr Mann hatten in diesem Fall Glück – sie vertrauten ihrem Bauchgefühl und zahlten erst einmal nicht. Mallorca-Urlauber:innen sollten auch ganz genau hinschauen, wenn das nächste Mal ein spanischer Strafzettel in den Briefkasten flattert.