Massentourismus: Experten raten von Urlaub an 8 beliebten Reiseorten ab
Tourismus ist längst nicht mehr nur ein Segen für beliebte Reiseziele. Während er Einnahmen generiert, bringt er auch erhebliche Probleme mit sich: überfüllte Städte, Umweltzerstörung, steigende Lebenshaltungskosten und einen angespannten Wohnungsmarkt.
Um auf die Herausforderungen des Massentourismus aufmerksam zu machen, veröffentlicht das US-Reisemagazin "Fodor's" jedes Jahr eine sogenannte No-List. Diese Liste soll Reisende dazu anregen, stark belastete Orte bei ihrer Urlaubsplanung zu meiden und den "Druck auf Land und lokale Gemeinschaften" zu verringern.
Für 2026 hat "Fodor's" acht Reiseziele auf die No-List gesetzt, inklusive einiger Überraschungen: Neben den Kanarischen Inseln, dem Glacier-Nationalpark in den USA, der Isola Sacra in Italien, der Jungfrauregion in der Schweiz, Mexiko City und Montmartre in Paris befinden sich dort auch Mombasa in Kenia und die Antarktis.
Urlaub ohne Massentourismus: Kanaren-Natur in Gefahr
Die Kanarischen Inseln gehören zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen. Mit ihrem milden Klima, beeindruckenden Vulkanlandschaften und vielfältigen Freizeitmöglichkeiten wie Wandern, Surfen und Tauchen locken sie jedes Jahr Millionen von Tourist:innen an.
Doch genau diese Beliebtheit wird zunehmend zum Problem, wie sich an den Kanaren exemplarisch zeigt. Allein in der ersten Hälfte des Jahres 2025 besuchten laut "Fodor's" 7,8 Millionen Menschen die Inseln – eine Zahl, die Einwohner:innen, Natur und Infrastruktur an ihre Grenzen bringt.
Ein großes Problem ist demnach der Verkehr: Überfüllte Straßen und verlängerte Fahrtzeiten würden sowohl Einheimische als auch Urlauber:innen belasten. Hinzu käme die Wohnraumkrise, die durch Plattformen wie Airbnb verschärft werde. Viele Immobilien würden an Tourist:innen vermietet, was die Mietpreise in die Höhe treibe und es vor allem jungen Menschen erschwere, bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Auch die Umwelt leidet: "Naturräume werden ständig zerstört, was zu einem alarmierenden Verlust an Artenvielfalt führt", warnt ein Sprecher der Umweltorganisation Asociación Tinerfeña de Amigos de la Naturaleza (ATAN) gegenüber "Fodor's". Zudem drohe den Inseln Wasserknappheit – und dennoch würden Ressourcen durch die hohe Zahl an Besucher:innen weiterhin stark beansprucht werden.
Massentourismus: Antarktis bedroht, aber Venedig nicht?
Dass die Antarktis auf der No-List 2026 auftaucht, mag zunächst überraschen. Schließlich gibt es dort keine lokale Bevölkerung, die unter dem Tourismus leidet. Doch die Umwelt ist extrem fragil. "Das ist ein seltener Lebensraum und genau deshalb wollen Menschen dorthin – aber genau deshalb kann er auch keine hohen Besucherzahlen verkraften", erklärt Jessica O’Reilly, Anthropologin an der Indiana University.
Die Zahl der Tourist:innen hat sich in den letzten Jahren stark erhöht und könnte laut "Fodor's" bis 2033 sogar doppelt so hoch sein wie heute. Zwar reisen viele mit kleinen Expeditionsschiffen, doch auch diese hinterlassen Spuren in der empfindlichen Natur.
"Leider hat sich die Antarktis im letzten Vierteljahrhundert eher in Richtung Massentourismus bewegt, anstatt in der traditionellen Welt des Ökotourismus zu bleiben", klagt Mike Gunter, Professor für Politikwissenschaft und Tourismus-Experte. Das Reisemagazin bilanziert: Die Antarktis sollte sich auf keiner Bucket List eines Reisefans befinden.
Während die Antarktis wohl eher mit ihrem Listenplatz überrascht, fehlen gleichzeitig seit Jahren über Massentourismus klagende Orte, wie Venedig oder Barcelona. Beide standen noch 2025 auf der Liste. Ihr aktuelles Fehlen bedeutet laut "Fodor's" aber leider nicht, dass die Probleme dort gelöst sind.
"Diese Reiseziele sind nicht auf magische Weise geheilt worden – sie stehen nach wie vor vor großen Herausforderungen", schreibt das Reisemagazin. Vielmehr wolle man den Fokus auf andere Orte lenken, die ebenfalls dringend eine Pause vom Massentourismus benötigen.
Von Paris bis Kenia: Touristen belasten Städte
Darunter etwa Mombasa. Der Massentourismus boomt in Kenia, speziell in der Küstenstadt laut "Fodor's". Dort führt er demnach jedoch mitunter zu vermüllten Stränden, belasteten Gewässern und überbeanspruchter Infrastruktur. Zudem gebe es viele verfallene Gebäude.
Die Behörden würden den Tourismus jedoch priorisieren und hätten sogar eine spezielle Sicherheitseinheit für Tourist:innen eingerichtet, während die Einheimischen unter hoher Arbeitslosigkeit, Kriminalitäts- und Drogenproblemen leiden würden. Im April sorgte ein Überfall einer bewaffneten Jugendbande auf Kreuzfahrttourist:innen für Aufsehen. Daraufhin wurden Sicherheitsmaßnahmen verstärkt.
In Montmartre in Paris wiederum gibt es ganz andere Probleme: Einst ein charmantes Künstlerviertel, wird es zunehmend von Souvenirläden und Touristen-Cafés dominiert. "Disneyfication" nennen die Einheimischen diese Entwicklung laut dem Reisemagazin, bei der traditionelle Geschäfte und Familienräume immer mehr verschwinden. Die Lebensqualität der Bewohner:innen leide darunter.
Die Jungfrauregion in der Schweiz wiederum, bekannt für ihre atemberaubenden Gipfel und Gletscher, zieht jedes Jahr unzählige Besucher:innen an. Doch der Ansturm belastet die empfindliche Natur und die Lebensqualität der Anwohner:innen. Besonders die schmelzenden Gletscher und die begrenzten Ressourcen der Region stehen unter Druck. Die steigenden Besucherzahlen machen deutlich, dass auch die Alpen nicht unbegrenzt belastbar sind.
