Biarritz ist ein beliebter Urlaubsort für Frankreich-Fans. Tourist:innen, die erneut in die Küstenstadt im Südwesten des Landes reisen wollen, erwartet bei einem weiteren Besuch bald eine Neuerung, wenn sie durch die Stadtviertel der französischen Stadt ziehen. Das Viertel "La Négresse" werden sie so nämlich nicht mehr vorfinden – zumindest nicht unter dem Namen.
In einem schon länger schwelenden Rechtsstreit hat am Donnerstag ein Gericht in Bordeaux entschieden, dass Biarritz das Stadtviertel umbenennen muss. Die Bezeichnung "La Négresse", übersetzt handelt es sich dabei um das N-Wort, sei ein "rassistischer und sexistischer" Name, urteilte das Berufungsgericht.
Der Ausdruck verweise – unabhängig von seiner vermuteten Herkunft – "heute abwertend auf die rassische Herkunft einer Frau", begründete das Gericht seine Entscheidung. Das Gericht in Bordeaux wies auf die "semantische Entwicklung" des Wortes hin, das diesem heute eine "beleidigende Konnotation" verleihe, berichtet die französische Zeitung "Le Monde".
Die Bezeichnung könne die Menschenwürde verletzen und von Einwohner:innen oder Besucher:innen als feindselig gegenüber Menschen afrikanischer Herkunft empfunden werden, erklärte das Gericht weiter.
Der Name des Viertels ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts belegt und soll auf ein Wirtshaus zurückgehen, das von einer schwarzen Frau geführt und von den Soldaten Napoleons aufgesucht wurde. Karikaturen schwarzer Frauen wurden seitdem häufig für Ladenschilder oder Veranstaltungsplakate in dem Viertel benutzt.
Andere Quellen führen den Namen auf den Ausdruck "lane gresse" zurück, der eine in dem Ort vorkommende Lehmerde bezeichnet, so schreibt es "Le Monde".
Dass das Gericht nun die Namensänderung angeordnet hat, bedeutet einen Sieg für den in Bordeaux ansässigen Verein "Mémoires et Partages" (deutsch: Erinnerungen und Teilhabe), der die Geschichte der Kolonialisierung und des Sklavenhandels aufarbeitet, von dem Bordeaux stark profitiert hat.
Der Verein hatte die konservative Bürgermeisterin von Biarritz, Maider Arosteguy, zunächst vergeblich zur Änderung des Namens aufgefordert.
Ein Verwaltungsgericht wies einen entsprechenden Antrag in erster Instanz ab. Das Berufungsgericht entschied nun anders. Es hat Bürgermeisterin Arosteguy drei Monate Zeit gegeben, um den Stadtrat einzuberufen und sich der Namensänderung anzunehmen.
Eine erste Idee, wie das Stadtviertel stattdessen heißen könnte, gibt es bereits. Der baskische Historiker Egoitz Urrutikoetxea setzt sich dafür ein, dem Viertel offiziell seinen baskischen Namen zu geben. Das wäre dann die Bezeichnung "Harausta", was auf deutsch "staubiger Ort" bedeutet.
Bestrebungen zu Änderungen von rassistischen Bezeichnungen im Stadtbild gibt es auch in anderen Städten. In Berlin-Mitte etwa soll die "Mohrenstraße" umbenannt werden. Das hatten Grüne, SPD und Linke 2021 beantragt, mit der Begründung, dass es sich um einen rassistischen und kolonialistischen Begriff handelt.
Deshalb soll sie in Gedenken an einen afrikanischen Gelehrten aus dem 18. Jahrhundert zur "Anton-Wilhelm-Amo-Straße" werden. Dieses Vorhaben zieht sich jedoch hin, weil Anwohner:innen gegen die Umbenennung geklagt hatten. Die geplante Umbenennung der aus denselben Gründen problematischen U-Bahnhaltestelle ist ebenfalls noch nicht vollzogen worden.
(Mit Material der afp)