Die Wohnungssuche in Deutschland ist vielerorts alles andere als ein Zuckerschlecken. Wer Glück hat, findet über persönliche Kontakte eine neue Bleibe; manche probieren es ganz altmodisch über einen Aushang im eigenen Wohnhaus oder an einem Schwarzen Brett.
Früher oder später landen die meisten aber auf den üblichen Immobilien-Plattformen im Internet. Dort konkurriert man oft mit hunderten anderen Bewerber:innen. Einfach nur die Schufa-Auskunft, die Gehaltsnachweise und eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung hochzuladen, reicht teilweise gar nicht mehr aus, um sich von der Masse abzuheben.
Manche Bewerber:innen werden deshalb kreativ und schicken beispielsweise einen Lebenslauf samt Bildern und Hobbys oder ein Empfehlungsschreiben des aktuellen Vermieters mit.
Andere setzen auf Schnelligkeit: Wenn eine neue Wohnungsanzeige hochgeladen wird, reagieren sie dank Push-Benachrichtigung in Sekundenschnelle. Die Hoffnung: Je früher die Bewerbung abgeschickt wird, desto eher landet man im oberen Bereich des Vermieter-Postfachs.
Ganz genau weiß man allerdings selten, worauf der oder die jeweilige Vermieter:in bei der Auswahl seiner künftigen Mieter:innen achtet. Gegenüber dem "Münchner Merkur" hat nun ein Vermieter ganz offen über seine Entscheidungsfindung gesprochen.
Stefan Porsch suchte für seine 1,5-Zimmer-Wohnung in Unterschleißheim (Landkreis München) eine:n Mieter:in. Er lud ein entsprechendes Inserat auf einer bekannten Immobilien-Plattform hoch und hatte innerhalb weniger Sekunden schon über 30 Bewerbungen im Postfach. "So viele, so schnell?", zeigte sich Porsch dem Bericht zufolge überrascht.
Insgesamt erhielt der 62-Jährige 600 Bewerbungen und war deshalb gezwungen, radikal auszusortieren. Unhöfliche oder fehlerhafte Bewerbungen habe er direkt gelöscht. In die engere Auswahl kamen stattdessen vollständige und aussagekräftige Anschreiben.
Besonders mit einer Eigenschaft konnte man bei dem Vermieter Pluspunkte sammeln: Wer in der Bewerbung handwerkliches Geschick erwähnte oder angab, kleinere Reparaturen selbst übernehmen zu können, war im Vorteil. "Das ist viel wert, wenn ich nicht wegen jedem tropfenden Wasserhahn vorbeischauen muss", erklärt Porsch gegenüber der Zeitung.
Aber auch der Beruf der Bewerber:innen fließt mit in seine Entscheidung ein. Wer in für die Gesellschaft unverzichtbaren Bereichen arbeite, beispielsweise als Pflegekraft, Polizist:in oder Busfahrer:in, käme in die engere Auswahl, verrät Porsch. Inwieweit das auch für andere Vermieter:innen relevante Auswahlkriterien sind, lässt sich natürlich nicht sagen.
Am Ende bekam aber tatsächlich ein Busfahrer die Zusage für die 1,5-Zimmer-Wohnung. Den anderen Bewerber:innen absagen zu müssen, lässt Porsch derweil nicht kalt: "Es ist ein Dilemma, und ich habe Mitleid mit den aussortierten Bewerbern." Vor allem junge Menschen hätten es schwer, nach dem Berufseinstieg, einen eigenen Hausstand zu gründen.