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Analyse

Krieg und Klima: So klimaschädlich sind Bundeswehr und Militär

Die Datenlage über klimaschädliche Effekte von Krieg und Militär ist dünn. Bekannt ist aber, dass die CO2-Emissionen hoch sind.
Die Datenlage über klimaschädliche Effekte von Krieg und Militär ist dünn. Bekannt ist aber, dass die CO2-Emissionen hoch sind. bild: pexels / pixabay (CC0)
Analyse

Krieg gegen das Klima: Warum das Militär als Klimasünder gilt und wie es um die Bundeswehr steht

10.11.2022, 12:2110.11.2022, 12:25
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Nie zuvor war das Leid auf der Welt so groß wie derzeit. Über 274 Millionen Menschen sind im Jahr 2022 auf humanitäre Hilfe angewiesen – von Afghanistan über den Jemen bis hin zu Myanmar, Syrien und die Ukraine. Das zeigt die Emergency Watchlist vom International Rescue Committee (IRC), die jährlich die schlimmsten humanitären Krisen auflistet. Wenn sich die Krisen auch von Ort zu Ort unterscheiden, eines haben sie fast immer gemein: Militärische Auseinandersetzungen und Hunger, Krankheiten oder Flucht – als Folge der Erderwärmung.

Doch Krieg und Militär bringen nicht nur katastrophale Auswirkungen für die Menschen vor Ort mit sich – sie treiben auch eine weitere Krise mit gravierenden Folgen an: die Klimakrise.

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Krieg und Militär treiben die Klimakrise an – mit gravierenden Folgen für Menschen vor allem im globalen Süden.Bild: www.imago-images.de / imago images

Die Datenlage über klimaschädliche Effekte von Krieg und Militär ist dünn. Auf Nachdruck der USA wurde das Militär bei der Aushandlung des Kyoto-Protokolls 1997 ausdrücklich von der Berichtspflicht der nationalen Emissionen ausgenommen.

CO2-Fußabdruck der Bundeswehr als sicherheitspolitisches Risiko?

Diese Ausnahme wurde bei den Verhandlungen des Pariser Klimaabkommens 2015 zwar nicht erneuert, aber auch jetzt gilt noch: Jede Nation entscheidet selbst darüber, ob CO2-Emissionen der Armeen erhoben und veröffentlicht werden. Der Grund: Ein CO2-Fußabdruck gibt Informationen über Truppengrößen, Fuhrparks und die Besatzung einzelner Standorte preis – und könnte damit zum sicherheitspolitischen Risiko für militärische Weltmächte wie die USA, Russland oder China werden.

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Kampfjets stoßen pro Einsatz bis zu 28 Tonnen an Treibhausgasen aus.Bild: iStockphoto / Airubon

Aber auch ohne konkrete Bennung der Emissionen ist klar: Der CO2-Ausstoß der Armeen ist hoch. Allein ein Leopard-2-Panzer schluckt im Schnitt etwas mehr als vier Liter Diesel und stößt dabei 1,5 Kilogramm CO2 pro Kilometer aus, wie die "Neue Zürcher Zeitung" berichtete. Noch größer sind die Emissionen von Kampfjets: Pro Einsatz bläst ein einziger Jet schätzungsweise knapp 28 Tonnen Treibhausgas in die Luft.

Militär ist weltweit für fünf Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich

Das summiert sich. Laut einem Bericht der britischen Wissenschaftsorganisation "Scientists for Global Responsibility" sind Armeen weltweit für etwa fünf bis sechs Prozent der Emissionen verantwortlich. Darunter fallen aber nicht nur die Kriegsgeräte, sondern auch der Betrieb militärischer Anlagen sowie die Beschaffung von Logistik und Einsatzmaterialien – vom Helm bis zur Fertigmahlzeit.

YEOJU-GUN, SOUTH KOREA - OCTOBER 19: U.S. soldiers participate in a river crossing exercise with South Korean soldiers on October 19, 2022 in Yeoju, South Korea. North Korea's military said Wedne ...
Das US-Militär ist der größte institutionelle Treibhausgasemittent der Welt.Bild: Getty Images AsiaPac / Chung Sung-Jun

Und noch etwas gilt als Indikator für den erhöhten Ausstoß von Emissionen im Bereich der Verteidigung: die Ausgaben fürs das Militär. Und die steigen nicht erst seit Kriegsbeginn in der Ukraine. Aus einem Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri geht hervor, dass die weltweiten Militärausgaben 2021 erstmals die Marke von zwei Billionen US-Dollar überschritten haben.

Weltweites Wettrüsten beginnt – mit gravierenden Folgen fürs Klima

Die USA geben demnach wohl am meisten aus, ihre Waffenkäufe und Emissionen aber sind leicht rückläufig. Anders dürfte das beim russischen Militär aussehen: Wie die Sirip-Daten zeigen, hat Putin das Verteidigungsetat vor seinem Einmarsch in die Ukraine um drei Prozent aufgestockt. Schon jetzt hat die russische Regierung aber angekündigt, das Verteidigungsbudget um weitere 20 Prozent anzuheben.

Doch damit bleibt das Land kein Einzelfall – weltweit zeichnet sich ein Wettrüsten ab. Die Nato will ihre schnelle Eingreiftruppe von 40.000 auf 300.000 Soldaten aufstocken. Japan plant eine Verdoppelung seines Verteidigungsetats und China einen Anstieg um sieben Prozent. Auch Deutschland will ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro in die Landes- und Bündnisverteidigung pumpen.

Klima- und Umweltschutz spielen bei der Bundeswehr eine große Rolle

Aber immerhin: Die deutsche Bundeswehr veröffentlicht zumindest den inländischen Emissionsausstoß alle zwei Jahre im "Nachhaltigkeitsbericht des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundeswehr". Erfasst und in CO2-Äquivalenten ausgewiesen werden die Emissionen bereits seit 2005.

"Das Verteidigungsministerium und die Bundeswehr leisten einen erheblichen Beitrag zum Erreichen der umweltpolitischen Ziele der Bundesregierung."
Sprecherin der Bundeswehr

Weil der Klimaschutz als zentrale globale Herausforderung gilt, hat er im vierten Nachhaltigkeitsbericht (erschienen 2020) des Verteidigungsministeriums ein eigenes Kapitel bekommen. Darin wird auch auf den Umwelt- und Naturschutz, den Strom- und Wärmeenergieverbrauch sowie nachhaltige Mobilität und nachhaltiges Bauen eingegangen.

Bundeswehr macht weit unter ein Prozent gesamtdeutsche Emissionen aus

"Das Bundesministerium der Verteidigung und die Bundeswehr leisten einen erheblichen Beitrag zum Erreichen der umweltpolitischen Ziele der Bundesregierung", erklärt eine Sprecherin des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr auf Anfrage von watson.

Auf Deutschland und Europa kommt ein Richtungswechsel in der Sicherheitspolitik zu.
Die Bundeswehr macht weit unter einem Prozent der gesamtdeutschen CO2-Emissionen aus. bild: pexels / specna arms

Mit Blick auf die gesamtdeutschen Emissionen würden die durch die Bundeswehr verursachten Emissionen lediglich einen Anteil von weit unter einem Prozent ausmachen – nämlich 0,18 Prozent oder 1,45 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2019. Im gleichen Jahr stieß Deutschland insgesamt etwa 805 Millionen Tonnen CO2 aus. Trotzdem arbeiteten Bundeswehr und Ministerium daran, den Umwelt- und Klimaschutz weiter auszubauen.

Gegenüber watson schreibt die Sprecherin:

"Zugleich sehen wir eine 'Win-Win-Situation': Wenn wir an der richtigen Stelle investieren – wie in den sparsamen Betrieb oder in nachhaltige Energiesysteme – spart das Haushaltsmittel und macht uns mit eigenerzeugter Energie durchhaltefähiger in Krisensituationen."

Plan der Bundeswehr: Vermeiden, vermindern, kompensieren

Grundgerüst der Klimaschutzmaßnahmen ist auch bei der Bundeswehr das Bundes-Klimaschutzgesetz. Die Bundesregierung hat sich dazu verpflichtet, ihre Verwaltung bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu gestalten. Um das zu erreichen, werden zahlreiche Gesetze, Verordnungen, Strategien und Pläne angeschoben. 2023 soll auch eine Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategie im Verteidigungsministerium veröffentlicht werden, wie die Sprecherin gegenüber watson erklärte.

Darüber hinaus gebe es eine Vielzahl an Studien, Pilotprojekten und Maßnahmen zur Defossilisierung der Mobilität und des Liegenschaftsbetriebs, also der bundeseigenen Einrichtungen – dem Schwachpunkt der Bundeswehr mit Blick auf den CO2-Ausstoß. "Den grundlegenden Rahmen zur Minderung bildet das strategische Motiv 'Vermeiden, Vermindern, Kompensieren'", wie die Sprecherin erläutert.

Klimaschutz ist wichtig, aber Einsatzbereitschaft der Bundeswehr hat Vorrang

Das bedeutet, dass die erneuerbaren Energien bereits jetzt überall dort, wo es möglich ist, eingesetzt werden: Für den Strom oder E-Fahrzeuge etwa. Die Sprecherin ergänzt:

"Außerdem spart die Bundeswehr Energie dort ein, wo es möglich ist, indem etwa auf Dienstreisen verzichtet wird und stattdessen Termine digital stattfinden, wenn es angebracht ist."

Und das mit Erfolg: Im Jahr 2019 konnten bereits 25 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs durch die Erneuerbaren gedeckt werden. Der Anteil dieser am Strommix der Bundeswehr beträgt sogar über 60 Prozent. So konnte die Bundeswehr ihre CO2-Emissionen in den bundeseigenen Einrichtung im Vergleich zu 2018 um 20 Prozent senken.

Dennoch betont die Sprecherin, dass Klimaschutzmaßnahmen mit Blick auf die spezifischen militärischen Belange "stets in Einklang mit der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte" gebracht werden müssten.

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