Die Zahl ist gigantisch. 331 Millionen Menschen haben im vergangenen Jahr die Nationalparks der Vereinigten Staaten von Amerika besucht. Ein Rekord.
Wer Bilder kennt oder gar vor Ort war, ist nicht verwundert: die Everglades, das Tal des Todes, der Grand Canyon, der Haleakalā auf Hawaii, die Rocky Mountains und natürlich der Yosemite National Park: Welch atemberaubende Natur die USA zu bieten haben, sieht man an all diesen Orten, weit weg vom Großstadttrubel und moderner Industrie.
Die Feierlichkeiten zum neuen Rekord wurden allerdings abgeblasen. Keine Pressemitteilung, keine Social-Media-Posts, keine proaktive Kommunikation, wie es im Marketingsprech heißt. Ansage von ganz oben, von Donald Trumps Regierungsapparat. Das belegt ein Memo, aus dem unter anderem die "New York Times" zitiert.
Die Nationalparks stehen unter Druck, weil ihnen das Personal ausgeht. Die von Elon Musk angeleiteten Massenentlassungen der sogenannten Effizienzkommission trafen auch Parkranger:innen und weitere Angestellte, watson berichtete darüber vor einigen Wochen bereits hier.
Konkret bedeutet das: Es fehlen Menschen, die Müll einsammeln, Toiletten in der Wildnis leeren, Ordnung schaffen, Führungen machen oder Campingplätze betreiben. Oder für Sicherheit sorgen, bei Autounfällen, medizinischen Notfällen oder unvorhersehbaren Gefahrensituationen.
Mehr als 1000 Angestellte haben die Kündigung erhalten, fast nochmal so viele nahmen Musks Abfindungsangebot an. Noch ist nicht klar, ob die Fahnenstange bereits erreicht ist. "Es ist ein Schlag ins Gesicht", sagte Kristin Bengel, Vizepräsidentin der National Parks Conservation Association, der "New York Times".
In mehreren Parks kam es zu Protesten, die immerhin zur Folge hatten, dass die (verbliebenen) Verantwortlichen auch dieses Jahr saisonale Hilfskräfte einstellen dürfen. Auch das stand auf der Kippe. Nur weiß niemand so genau, wer die Hilfsarbeiter:innen anleiten oder einarbeiten soll.
"Es wird ein rauer Frühling werden", sagte eine ehemalige Parkrangerin zu "USA today". Leiden muss darunter die Natur, denn die gigantischen Parks sind grüne Lungen und Brutstätten der Artenvielfalt. Jedoch: Rund 500 Biolog:innen und ähnliche Fachkräfte sind verschwunden.
Zu spüren bekommen das auch Tourist:innen. Aktuell fehlen oft sämtliche Verfügbarkeiten für Touren, für die Hauptsaison fehlt jegliche Planbarkeit.
Watson hat in den vergangenen Wochen den Test für den Yosemite National Park gemacht. Das Ergebnis ist: Man weiß nur, dass man nichts weiß.
Um die Natur nicht zu überlasten und um zu lange Wartezeiten am Einlass zu vermeiden, wurden dort in den vergangenen Jahren Vorab-Tickets verkauft und die Besuchermassen begrenzt. Wer rein wollte, musste demnach sicherstellen, eine Genehmigung für die Einfahrt vorab zu erwerben. Doch für den Frühling und den Sommer 2025 fehlen jegliche Informationen.
Aktuell sind keinerlei Tickets für die Hochsaison zu kaufen, auch nicht für den April. Mitte Februar sollten Informationen folgen. Doch darauf warten Millionen Tourist:innen vergeblich. "Wir verstehen, wie wichtig die Informationen für Sie sind", ist auf einer Homepage des Parkservices zu lesen. Und man kann zwischen den Zeilen lesen, was die Verantwortlichen denken. Auf der Seite steht auch: "Wir sind dankbar für das starke öffentliche Engagement in diesem Prozess."
Die Folge ist Verunsicherung bei Urlauber:innen. Wer will schon in Nationalparks fahren, um am Ende vor geschlossenen Schranken zu stehen oder keinen Campingplatz zu haben? Wer bucht schon einen Flug, wenn man nicht weiß, ob man wirklich dahin fahren darf, wo man hin möchte?
Womit das Thema wieder ein wirtschaftliches wird. Wenn das Geld von Reisenden fehlt, werden riesige finanzielle Lücken gerissen. Die "Zeit" führt Untersuchungen aus, dass ein neuer Nationalpark in Landkreisen zu 6000 neuen Arbeitsplätzen und 200 Millionen US-Dollar Jahresumsatz führt.
200 Millionen, die in Hotels, Restaurants und Souvenirshops umgesetzt werden. Es sei denn, die Menschen bleiben weg.
Die grundsätzliche Thematik ist noch lange nicht ausgestanden. Jüngst wurde berichtet, dass Präsident Trump 34 Nationalpark-Büros dichtmachen möchte.
Zu den betroffenen Orten gehört der San Antonio Missions National Historical Park, die einzige Unesco-Weltkulturerbestätte in Texas. Theresa Pierno, Geschäftsführerin der National Parks Conservation Association, warnte vor einer Entwicklung zu einem Punkt, an dem es "kein Zurück mehr gibt."
Denn: "Diese Schließungen werden die Fähigkeit des Park-Services, die Parks sicher zu betreiben, beeinträchtigen und bedeuten, dass Millionen unersetzlicher Artefakte gefährdet oder, schlimmer noch, verloren gehen. (...) Der National Park Service, wie wir ihn kennen, wird gerade zerschlagen – Ranger für Ranger und Stein für Stein."
Umweltschützer:innen sind aufgrund dieser Entwicklung ohnehin längst alarmiert. Donald Trump sucht Gelder für den sogenannten Sovereign Wealth Fund, einen Staatsfond, der die USA auf finanziell bessere Beine stellen soll. Eine Möglichkeit, an Geld zu kommen, ist der Verkauf von öffentlichem Land. Nationalparks inklusive.