Schlittenfahren, Schneeballschlacht und weiße Weihnachten sind in den letzten Jahren zur magischen Seltenheit geworden – zumindest in großen Teilen Deutschlands. Dass es nach einem insgesamt viel zu warmen Jahr einen plötzlichen Wintereinbruch mit Schnee und teilweise sogar Schnee-Chaos gab, irritiert da viele.
Schnee in Zeiten des Klimawandels – kann das überhaupt sein?
Somit war es wenig überraschend, dass die Schneefälle nicht nur zu Unfällen, Bahn- und Flugausfällen geführt haben, sondern allem voran auf dem Kurznachrichtendienst X zur erneuten Leugnung der Klimakrise. Die Annahme: Fällt Schnee, könne es die Erderhitzung nicht geben, denn dafür müsse es schließlich kalt sein.
Doch das stimmt so nicht, wie Experten gegenüber watson betonen. Sogar ganz im Gegenteil.
Ja, durch den Ausstoß von CO2 erhitzt sich die Erde immer weiter – in den Wintermonaten in Deutschland seit den 1980er Jahren im Mittel um ein bis maximal zwei Grad. Dadurch steigt auch die Schneefallgrenze.
Die Folge: Die Orte, im Flachland und in Mittelgebirgslagen, an denen tatsächlich Schnee fällt, hat bereits "signifikant" abgenommen, wie Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf eine watson-Anfrage erklärt.
Im Schnitt gibt es also weniger Schnee, "aber die Kaltluft ist ja nicht grundsätzlich weg von diesem Planeten", wie auch Sven Plöger, Diplom-Meteorologe und TV-Moderator, gegenüber watson sagt. Und ob es nun minus zehn oder minus fünf Grad kalt sei, spiele für den Schnee keine Rolle. Plöger ergänzt:
Dazu kommt eine einfach physikalische Regelung: Wärmere Luft kann mehr Wasser in Form von Wasserdampf aufnehmen – pro Grad Erwärmung sieben Prozent.
Die Folge: Im Sommer kann es bei entsprechender Wetterlage zu stärkeren Niederschlägen (und damit Hochwasser und Überschwemmungen) kommen, im Winter (bei Minusgraden) eben zu Schnee.
Mojib Latif, Meteorologe und Klimawissenschaftler, beschreibt den Effekt gegenüber watson wie folgt:
Allerdings gibt es im Mittel nicht nur weniger Schnee. Auch der Schnee an sich verändert sich, wenn es wärmer ist – er ist nasser. Das verstärkt die Schneelast – und birgt einige Gefahren.
Ist Schnee sehr nass, kann schon eine zehn Zentimeter hohe Schneedecke deutlich über 40 Kilogramm pro Quadratmeter wiegen, wie ein Bauexperte gegenüber "T-Online" erläutert. Deswegen solle man bei viel Schnee sein Hausdach, angebaute Garagen und Vorbauten überprüfen – und gegebenenfalls freiräumen.
Die Aussagen der Wissenschaftler und Meteorologen machen deutlich: Ganz so einfach ist das nicht mit dem Klimawandel und Schnee. Zwar wird es im Mittel weniger Schnee geben – und diesen in eher höheren Lagen – gänzlich ausbleiben wird er aber sicher nicht.
Auch wenn die Temperaturen zum Ende dieser Woche wieder steigen, kann also ein Fünkchen Hoffnung auf weiße Weihnachten bestehen bleiben.