Klimastreiks können laut Fridays for Future Hoffnung spenden.Bild: imago images / Bernd Lauter
Gastbeitrag
Linda Kastrup
Fahnen wehen im Wind, Menschen laufen mit Megaphonen herum, laute Musik und politische Sprüche hallen durch die Straßen der Welt. Am 20. September ist globaler Klimastreik von Fridays for Future und der war für uns noch nie so wichtig und gleichzeitig noch nie so herausfordernd.
Vor fünf Jahren ist Fridays for Future am 20. September mit über 1,4 Millionen Menschen auf den Straßen gewesen. Wir haben seitdem Großes bewegt und vieles geschafft: ein erfolgreiches Bundesverfassungsgericht-Urteil für mehr Klimaschutz, einen Kohleausstieg, die deutschen Klimaziele.
Diese Klimaschutzmaßnahmen können wir uns als Bewegung als Erfolg zuschreiben. Während der letzten fünf Jahre hat Fridays for Future Unvorstellbares erreicht, dennoch geht es immer noch zu langsam. Klimaschutz ist kein Sprint, sondern ein langwieriger Marathon und sich für das Klima einzusetzen, wird konstant schwerer.
Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.
Das merken wir alle in Deutschland. Diverse Krisen treffen aufeinander und die Ermüdung ist groß. Die heutige politische Stimmung ist mit dem Jahr 2019 nicht mehr zu vergleichen.
Ein Pseudo-Klimakanzler, ein abgeschwächtes Klimaschutzgesetz, neue Gas-Deals und eine erstarkte AfD: 2024 ist der Tiefpunkt der Klimaschutz-Geschichte Deutschlands. Es ist katastrophal.
Wie weitermachen nach AfD-Erfolgen?
Je mehr ich davon in den Nachrichten oder auf Social Media lese, desto schwieriger finde ich es, wieder aufzustehen und weiterzumachen. Die Wahlergebnisse der letzten Woche in Sachsen und Thüringen haben nicht zu mehr Zuversicht geführt.
Das sind Momente, die hoffnungslos erscheinen können. Aber genau dann, wenn es schwierig wird, braucht es Aktivist:innen und Demoteilnehmende am meisten. Wir wissen, wie diese Probleme gelöst werden können, und wir tragen die Hoffnung und die Gewissheit in uns, dass es eine lebenswerte Zukunft geben kann.
In den letzten Tagen habe ich immer wieder ein Video gesehen, bei dem Dutzende Menschen im Osten Arm in Arm auf einer Wiese sitzen und gemeinsam Widerstandslieder singen, während die zerschmetternden Wahlergebnisse eintreffen.
Der Zusammenhalt dieser Menschen hat mich ermutigt. In Zeiten, in denen Rechtspopulisten uns so gerne gespalten sehen wollen, ist unser größter Triumph, dem nicht nachzugeben. Wir stehen geeint, Seite an Seite.
Ob im Alltag oder bei Demonstrationen, unsere Solidarität und unser Mitgefühl sind nicht an Hautfarbe oder Geschlecht gebunden. Unsere Vision von einer lebenswerten Zukunft ist das, was uns zusammenbringt.
Die Emotionen, die dieses Video aus dem Osten in mir ausgelöst hat, sind dieselben, die ich sonst auf Demonstrationen bekomme. Das ist der Grund, warum ich dort so gerne bin. Demonstrationen führen uns zusammen und lassen die Perspektivlosigkeit verschwinden.
Globale Klimastreiks bündeln Hoffnung auf eine bessere Welt und lassen unsere Gedanken laut durch die Straßen auf diesem Planeten hallen. Die Klimapolitik der Bundesregierung in den letzten Monaten war ein Griff ins Klo und die beteiligten Parteien wollen sich vor der Verantwortung wegducken.
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Wir sind jedoch da und lassen das nicht zu. Man würde meinen, dass sich kein Mensch heute noch für Autobahnen, Gasfelder oder fossile Subventionen entscheiden würde, wenn in der Gleichung immer auch die Zerstörung der Menschheit inkludiert ist. Dem ist aber leider nicht so.
Diese Koalition ist progressiver als alle bisherigen Regierungen und trotzdem schafft sie es nicht, Verantwortung zu übernehmen und die Klimazerstörung zu stoppen. Wieder einmal braucht es uns als Zivilgesellschaft.
Durchgehend bin ich davon beeindruckt, was wir bewegen können, wenn wir uns kollektiv zusammenschließen und diese Verantwortung ungewollt übernehmen. Wir verändern buchstäblich die Welt, auch wenn es uns selten so vorkommt, denn das, was wir tun, ist häufig nicht messbar.
Wenn wir Erfolg haben, ist meistens etwas nicht geschehen. Ein Gaswerk wurde nicht gebaut, eine Autobahn nicht erweitert. Optisch betrachtet hat sich durch uns nicht viel geändert, faktisch gesehen hat ist aber ganz viel passiert.
Wir sind der Grund, warum die Zerstörung nicht noch schneller voranschreitet. Die Zivilgesellschaft übernimmt die Verantwortung, weil die Bundesregierung selbst es nicht schafft, die Menschen vor der eskalierenden Klimakrise zu schützen.
Linda Kastrup ist Klimagerechtigkeitsaktivistin aus dem Ruhrgebietnull / Markus Laghanke
Fünf Jahre sind seit dem 20. September 2019 vergangen und wir stehen noch immer an dem Punkt, dass wir der Regierung und den Konzernen Nachhilfe in der Klimakrise geben müssen.
Fünf Jahre, in denen viel passiert ist, aber noch viel mehr hätte geschehen müssen. Fünf Jahre, in denen Deutschland viel weniger für das Klima getan hätte, wenn es nicht jede einzelne Person von uns gegeben hätte.
Deswegen braucht es jetzt dringender denn je alle Menschen in Deutschland für mehr Klimaschutz auf den Straßen. Wenn wir nicht über das Klima reden, wer tut es dann? Niemand.
Christian Linder subventioniert fossile Energien, Volker Wissing rodet Wälder, Robert Habeck baut neue Gasinfrastruktur und Olaf Scholz meidet jegliche Positionen.
Parallel dazu sehen wir Brände, Überflutungen und Dürren in unbekanntem Ausmaß auf der ganzen Welt. Politiker:innen sollten sich tagtäglich an ihren Entscheidungen für das Klima messen müssen. Wird es der Wald oder die Autobahn?
Am 20. September wollen wir diese Maßstäbe für Klimagerechtigkeit neu setzen. Verkehrswende, statt Autoindustrie. Erneuerbare Energien, statt Kohletagebau. Finanzielle Investitionen in die Zukunft, statt krampfhaftes Verhalten an der Vergangenheit.