Am vergangenen Sonntag waren in Schleswig-Holstein Kommunalwahlen. Ein Anlass, mal über etwas zu sprechen, das selten im Fokus steht, aber eigentlich sehr relevant ist: kommunale Klimapolitik.
Die Wahlbeteiligung von nur 49,4 Prozent in Schleswig-Holstein und die mangelnde Aufmerksamkeit sind ein Spiegel der geringen Bedeutung, die Kommunalpolitik im Allgemeinen beigemessen wird. In einer von Krisen dominierten Zeit, in der auf allen politischen Ebenen riesige Veränderungen vorangebracht werden müssen, ist das fatal. Denn gerade klimapolitisch spielen die Kommunen eine entscheidende Rolle.
Wenn in der Öffentlichkeit über Klimaschutz gesprochen wird, dann geht es meist um Ziele, Gesetze und Vorhaben auf internationaler, Bundes- oder Landesebene. Das ist auch richtig und wichtig, denn um eine globale Krise zu bewältigen, müssen wir die großen Fragen stellen und global Lösungen voranbringen.
Doch ohne die konkrete Umsetzung dieser Maßnahmen in den Städten und Gemeinden können Klimaziele nicht eingehalten werden. Und ob die nicht unerheblichen Handlungsspielräume der Kommunen dafür ausreichend genutzt werden, wird bislang kaum diskutiert.
In der eskalierenden Klimakrise, das betont nicht zuletzt auch das Pariser Klimaabkommen, muss Klimaschutz auf allen politischen Ebenen stattfinden. Wir können es uns nicht länger leisten, auf der kleinsten, dafür aber direktesten Ebene nicht richtig hinzuschauen.
Und wenn man hinschaut, dann stellt man fest, dass viele Kommunen sich beim Klimaschutz noch immer zwischen Ambitionslosigkeit und Arbeitsverweigerung bewegen. Allzu häufig sitzen in Kommunalparlamenten konservative Mehrheiten, die den Ernst der Lage, teils aus Überzeugung, teils aus Bequemlichkeit, noch immer nicht verstehen wollen. In Kombination mit einer fehlenden Öffentlichkeit entsteht ein Gefüge, das die notwendige Transformation von Energie- bis Mobilitätswende an vielen Stellen ausbremst und blockiert.
Bei der Frage nach der notwendigen Transformation mangelt es uns nicht an wissenschaftlichen Erkenntnissen und Lösungen. Die Umsetzung und Ausgestaltung vieler dieser Lösungen findet in den Städten und Gemeinden längst statt. Hier wird darüber entschieden, ob die Menschen in Zukunft klimaneutral und kostengünstig von A nach B kommen.
Hier geht es auch darum, ob der Straßenraum zugunsten klimafreundlicher und sozial gerechter Mobilitätsformen und gesellschaftlicher Teilhabe umverteilt wird, oder ob weiterhin der motorisierte Individualverkehr im Mittelpunkt steht.
Von der Umsetzung der Energiewende vor Ort über die Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete, bis hin zum Erstellen einer erneuerbaren kommunalen Wärmeplanung und dem Aufbau von CO₂-Senken durch die Wiedervernässung von Mooren können die Kommunen Entscheidungen treffen. Und diese Entscheidungen können den Klimaschutz entweder voranbringen, oder den CO2- und ressourcenintensiven Status quo erhalten.
Die Kommunen sind die Orte, an denen Politik sichtbar und erlebbar wird. Und das ist gleichzeitig eine riesige Chance, um zu zeigen, wie eine klimagerechte Gesellschaft aussehen kann. Denn neben der Verantwortung, einen gerechten Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung zu leisten, geht es darum, ob Städte und Gemeinden in Zukunft zu lebenswerten, krisensicheren und gerechten Orten werden.
Ohne Frage kann wirksame kommunale Klimapolitik nur dann funktionieren, wenn dafür die finanziellen und gesetzlichen Voraussetzungen auf Bundes- und Landesebene geschaffen werden.
Wir brauchen Rahmenbedingungen für eine kommunale 1,5-Grad-Politik. Bund und Länder müssen die Ausgestaltung und Ausfinanzierung der Transformation ermöglichen und von den Kommunen die Umsetzung einfordern. Umgekehrt müssen die Kommunen die entsprechenden Gesetzesänderungen fordern, die zum Beispiel flächendeckende Tempo-30-Zonen ermöglichen oder Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe verankern.
Statt wie bislang Verantwortung von einer politischen Ebene zur anderen zu verschieben. Und das, ohne dass sich am Ende ernsthaft etwas ändert. Es muss sich gegenseitig zu mehr Klimaschutz befähigt und motiviert werden.
Was könnte das für ein konstruktives politisches Klima sein, in dem Bund, Länder und Kommunen gemeinsam Konzepte und Strategien für die klimagerechte Gesellschaft der Zukunft entwickeln?
Die Klimakrise ist längst angekommen. Und zuallererst spüren wir sie nicht im politischen Berlin, sondern in den Gemeinden, die von Extremwetter betroffen sind. In den Städten, in denen die Menschen unter Hitzewellen leiden. Und in den Regionen, die wegen beispielloser Dürre mit Ernteausfällen kämpfen.
Trotz der immer sichtbarer und bedrohlicher werdenden Klimafolgen vor Ort fehlt bislang (bis auf einige Ausnahmen) der politische Wille für Klimaschutz. Während die Welt immer mehr aus den Fugen gerät, steckt die kommunale Klimapolitik vielerorts irgendwo im Vorgestern fest.
Es ist allerhöchste Zeit, dass auch Kommunalpolitiker:innen ihrer Verantwortung für unsere Zukunft nachkommen. Dazu brauchen wir eine Öffentlichkeit, die hinsieht. Eine Zivilgesellschaft, die Druck macht und eine Bundes- und Landespolitik, die klimagerechte Kommunen fordert und fördert.
Und ja, es ist anstrengend und auch frustrierend, sich mit Kommunalpolitik auseinanderzusetzen. Man stößt auf so viele Widerstände, Rückwärtsgewandtheit und Vorstellungen fernab der Krisenrealität. Aber wenn wir uns mal die Zeit nehmen, uns klarzumachen, wie gut und gesund und gerecht unsere Städte und Dörfer sein könnten, dann stellen wir fest, dass es sich lohnt, auch dafür zu kämpfen.