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Gastbeitrag

Fridays for Future: Christian Lindner ist in der "ökologischen Kostenfalle"

Bundesfinanzminister Christian Lindner will an seinem Haushaltsplan festhalten.
Bundesfinanzminister Christian Lindner will an seinem Haushaltsplan festhalten. Bild: imago images / photothek
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Fridays for Future: Christian Lindner ist in der "ökologischen Kostenfalle"

09.02.2024, 15:44
gastautor, jakob blasel
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Irgendwo in Deutschland sitzt gerade ein Jugendlicher gebückt über seinem Laptop. Hinter ihm stapeln sich neue Schuhe und jetzt ploppt auch noch die neue Frühjahrskollektion auf dem Display auf. Kaufen! Kurz vor dem Bezahlvorgang stellt er allerdings fest: sein Konto ist leer. In der Not greift er auf einen tückischen Service zurück.

Mit der Funktion "Kauf jetzt, zahl später" bieten immer mehr Online-Shops Ratenzahlungen und verzögerte Abbuchung von Einkäufen an. Allerdings treibt ihn dies in eine Schuldenfalle. Er verliert den Überblick und stolpert irgendwann über die Folgen des Kaufrausches. Benannt nach dem bekanntesten Anbieter hat sich deswegen der Begriff der Klarna – Schuldenfalle etabliert.

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Der deutsche Finanzminister befindet sich in einer ähnlichen Schuldenfalle. Christian Lindner hat wie ein leichtsinniger Klarna-Schuldner im Kaufrausch den Blick für die Folgen seiner Politik verloren. Hinter dem Staatshaushalt, den er penibel hütet, baut sich nämlich eine ökologische Kostenfalle auf. Dabei müsste ihm dies eigentlich bewusst sein. Die Zahlen seiner eigenen Regierung zeigen, wie sehr auch Deutschland bereits jetzt unter der Klimakrise finanziell leidet.

Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.
Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.

Jetzt beim Klima zu sparen, verursacht später noch mehr Kosten

Eine im Auftrag der Regierung durchgeführte Studie offenbart, dass durch die Klimakrise verursachte Schäden sich auf mehr als 145 Milliarden Euro belaufen. Je nach Fortschreiten des Klimawandels könnten uns allein in Deutschland bis 2050 Kosten von 280 bis zu 900 Milliarden Euro erwarten. Diese Prognosen berücksichtigen noch nicht einmal die weitreichenden gesundheitlichen Folgen, wie zunehmende Todesfälle durch Hitze und Überschwemmungen, die Belastung unserer Ökosysteme, den schwindenden Artenreichtum und den generellen Verlust an Lebensqualität.

Der absehbare Sog an Schulden und Krisen bringt aber weder den Online-Shopping-Schuldner noch Christian Lindner zum Umdenken. Vielmehr wird weiter eingekauft und der Status quo in Form der 'Schwarzen Null' bewahrt. Lindner fährt nach der Devise: "Kauf jetzt nichts, zahl trotzdem später." Es herrscht eine Politik der Kurzsichtigkeit.

Jakob Blasel hat 2018 eine der ersten Fridays for Future Demos in Deutschland organisiert. Seitdem hat er schon viele Aktionen mitgemacht.
Jakob Blasel hat 2018 eine der ersten Fridays for Future Demos in Deutschland organisiert. Seitdem hat er schon viele Aktionen mitgemacht.bild: privat

Doch die Schuldenfalle schnappt trotzdem zu, denn uns schützt auch eine "Schwarze Null" nicht vor milliardenschweren Kosten, die durch Überschwemmungen und Dürre verursacht werden. Sie bietet auch keinen Trost für die Familien älterer und kranker Menschen, die durch Hitzewellen zunehmend in Lebensgefahr geraten. Die Kosten für die Untätigkeit werden nur in die Zukunft geschoben und dadurch stetig höher.

Der Staat muss jetzt doppelt für das Klima investieren

Die einzige Lösung kann es sein, jetzt die notwendigen Mittel aufzuwenden. Jeder andere Weg führt in die ökologische Schuldenfalle. Die erforderlichen Technologien stehen bereit. Es fehlt weder in der Wirtschaft noch in der Zivilgesellschaft an Innovationsbereitschaft oder Engagement. Was benötigt wird, ist der Mut zu weitreichenden Investitionen, die über eine kurzfristige Sparpolitik hinausgehen.

Der Staat muss dabei doppelt investieren: in unsere Infrastruktur und in die Entlastung der Bürger:innen sowie der Unternehmen. Auf diese wird schon jetzt die meiste Verantwortung verlagert, wenn der Kauf emissionsfreier Technik wie Wärmepumpen oder Elektroautos zur Pflicht wird. Auch deshalb darf der Staat die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nicht einfach im Haushalt verplanen. Dieses Geld muss zur Entlastung an die Bürger:innen direkt als Klimageld ausgezahlt werden. So werden klimaschädliche Technologien immer teurer – ohne dass wir weniger Geld in der Tasche haben.

Der Kauf von Elektroautos muss stärker gefördert werden.
Der Kauf von Elektroautos muss stärker gefördert werden.Bild: iStockphoto / Halfpoint

Es ist ein Fehler aller Ampel-Parteien, dass dieses Geld schon über Jahre im Staatshaushalt verplant wurde und auch deshalb nicht zügig ausgezahlt werden kann. Der Staat muss dennoch in die Infrastruktur investieren. Und zwar mehr als bisher. Dies bedeutet, in den nächsten zehn Jahren Milliarden in das Schienennetz, die Sanierung öffentlicher Gebäude und den Ausbau der europäischen Stromnetze zu stecken. Dadurch können Millionen sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen. Zudem wird unser Alltag erleichtert, wenn nicht ständig Züge an einer veralteten Signalleuchte oder an maroden Weichen zum Stehen kommt.

Parteien müssen "radikal umdenken"

Aber wie soll dies alles finanziert werden? Hier ist ein radikales Umdenken seitens aller politischen Parteien gefordert, um ihre veralteten Prinzipien abzulegen. Die Möglichkeiten sind vielfältig: ein Klima-Sondervermögen, ein Klima-Solidaritätsbeitrag für Milliardäre oder eine Reform der Schuldenbremse könnten Wege sein, um fehlendes Geld zu organisieren. Die Frage darf dabei nicht sein, ob wir Klimaschutz finanziert bekommen, sondern wie der Staat das möglich machen kann. Die Rechnung muss wie beim Online-Händler ohnehin bezahlt werden.

Wir stehen deshalb vor der Entscheidung: Wollen wir Milliarden für den regelmäßigen Wiederaufbau nach Katastrophen ausgeben oder jetzt in eine nachhaltige Transformation investieren?

Diese Investitionen schaffen nicht nur Arbeitsplätze und saubere Luft, sondern sichern auch künftige Busse, Bahnen, Häuser und Fabriken. Der gegenwärtige Sparkurs riskiert unbezahlbare und zerstörerische ökologische Folgen. "Wer billig kauft, kauft zweimal", lehrte mich mein Großvater. Heute gilt für unsere Regierung: "Wer heute nicht investiert, zahlt später trotzdem – oft mit weit mehr als nur Geld."

Flixtrain baut sein Angebot auf beliebten Strecken aus

Bei Reisen auf der Schiene bevorzugen einige die Deutsche Bahn, andere fahren lieber Flixtrain. Grundsätzlich geht es bei Flixtrain etwas weniger komfortabel zu, dafür sind die Fahrten meist viel günstiger. Zudem gibt es für alle Fahrgäste einen im Ticket ohne Aufpreis inbegriffenen Sitzplatz. Wer also möglichst billig und schnell von A nach B kommen will, entscheidet sich bei der Buchung oft gegen die Deutsche Bahn – und für Flixtrain.

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