Nachhaltigkeit
Gastbeitrag

Fridays for Future: In Hamburg können wir Klimaschutz wieder relevant machen

ARCHIV - 31.05.2024, Nordrhein-Westfalen, Köln: Teilnehmer halten bei einer Demonstration von Fridays for Future ein Plakat mit der Aufschrift "Klimaschutz statt Umweltschmutz" und "Wir ...
Ein Volksentscheid könnte Hamburg zur Vorzeigestadt machen.Bild: dpa / Henning Kaiser
Gastbeitrag

Fridays for Future: Klimaschutz ist weniger präsent – das können wir in Hamburg ändern

04.10.2024, 17:2004.10.2024, 17:20
Lou Töllner
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In den letzten Wochen haben viele Menschen frustriert die Diskussionen in der Öffentlichkeit verfolgt. Zwischen Rechtsruck, Migrationsdebatten und Populismus findet die Klimakrise kaum statt. Als Teil der Klimabewegung ist das zu beobachten sehr frustrierend – aber auch nichts Neues.

Um dem etwas entgegenzusetzen, die Debatte inhaltlich und fokussiert zu führen und gleichzeitig alle mitzunehmen, wurde in Hamburg ein neues Projekt gestartet: der Hamburger Zukunftsentscheid. Ein Volksbegehren für ein besseres Klimaschutzgesetz, das die Klimaneutralität vorzieht, jährliche Ziele einführt und jede Einsparungsmaßnahme zur Sozialverträglichkeit verpflichtet.

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In Hamburg steht alles auf Klimaschutz

In der Hansestadt kann man mittlerweile kaum einen Tag unterwegs sein, ohne auf den Hamburger Zukunftsentscheid hingewiesen zu werden. Denn für das Volksbegehren werden seit Samstag Unterschriften gesammelt. Dahinter steht ein breites Bündnis aus über 60 Organisationen, darunter Ver.di, der Mieterverein, NABU und Fridays for Future. Aber auch Wirtschaftsakteure und Kultureinrichtungen unterstützen.

Für Hamburg bedeutet das eine reale Chance, ein besseres Klimaschutzgesetz zu bekommen, das tatsächlich Emissionen einspart und das Leben vieler Hamburger:innen verbessert. Mit einem ambitionierten, aber realistischen Entwurf und deshalb auch einem breiten Bündnis, das sich gemeinsam auf ein Klimaprojekt konzentriert.

Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.
Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.

Das Projekt gibt Hoffnung, die öffentliche Debatte zu politisieren. Über viele Gespräche mit Bündnispartner:innen, aber auch mit Hamburger:innen auf der Straße wieder Dialogräume zu eröffnen, die vorher nicht (mehr) da waren. Ein gemeinsames Projekt zu haben, das nicht Klimapolitik gegen soziale Fragen ausspielt, sondern bewusst zusammenbringt.

Als Hafenstadt, Industriestandort in Deutschland und als Großstadt kann Hamburg Vorbild für viele andere Städte werden, die gerade noch darauf beharren, dass klimapolitisch nicht mehr geht. Ein gewonnener Volksentscheid bedeutet, eine Mehrheit aufzuzeigen.

Das ist nicht nur für Hamburg bedeutsam: nach dem verlorenen Volksentscheid in Berlin wurde Klimapolitik bundesweit als weniger beliebt eingeschätzt und zurückgestellt. Jetzt haben wir die Chance, die Erzählung umzudrehen und Klimaschutz mehrheitsfähig zu machen. Neben dem lokalen Bündnis bekommt der Zukunftsentscheid deswegen auch bundesweiten Unterstützung.

Ein Gesetzentwurf für alle

Für einzelne Wochenenden reisen Aktivist:innen aus anderen Städten an, um auch Unterschriften zu sammeln. Das bedeutet auch, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände mitgehen können, den Umweltorganisationen und Kultureinrichtungen für sinnvoll halten.

Nach langen Diskussionen mit Wissenschaftler:innen und Anwält:innen ist deshalb ein Gesetz entstanden, das nicht einzelne Maßnahmen angeht – sondern den Rahmen für Hamburgs Klimapolitik neu festlegt.

Das aktuelle Hamburgische Klimaschutzgesetz hat ein Reduktionsziel für 2030 und fordert die Klimaneutralität bis 2045. Was dazwischen passiert, ist bestenfalls undeutlich; klar ist nur, dass schon diese Ziele nicht ausreichen. Derart vage Ziele schaffen keine politische Verbindlichkeit, keine Planbarkeit und auch keine Sicherheit für dringend nötige wirtschaftliche Investitionen.

Zwischen populistischen Streitigkeiten und vorhersehbaren Nachbesserungen geht das Vertrauen in eine Klimapolitik, die niemand alleine lässt, verloren. Mit der Klimaneutralität bis 2045 läuft Hamburg anderen Bundesländern hinterher. In sieben Bundesländern ist sie bis 2040 bereits Gesetz, von der Landesregierung geplant oder im Koalitionsvertrag vereinbart – sogar in Bayern.

Jährliche Klimaschutz-Ziele als Ergänzung

Mit dem Hamburger Zukunftsentscheid wird die Klimaneutralität auf 2040 vorgezogen. Wir ergänzen das Klimaschutzgesetz auch um jährliche Ziele. So schaffen wir echte Transparenz und Planbarkeit. Durch einen Sofortmaßnahmenmechanismus bei Überschreitung und eine Anrechnung auf die Folgejahre wird Hamburgs Klimaschutz verlässlicher.

Vertrauen in Klimaschutz gewinnen wir, wenn Klimapolitik transparenter wird. Wenn nachvollziehbar ist, was noch fehlt und alle mitgenommen werden. Deshalb wird ein deutlich engmaschigeres Monitoring eingeführt. So wissen wir nach wenigen Monaten, wo die Hansestadt steht.

Die 21-jährige Lou Töllner studiert Jura und ist seit Dezember 2018 bei Fridays for Future.
Die 21-jährige Lou Töllner studiert Jura und ist seit Dezember 2018 bei Fridays for Future.Bild: privat

Und deshalb führen wir die verpflichtende Sozialverträglichkeit ein: Damit Klimaschutz angenommen wird und langfristig alle ein besseres Leben haben, müssen wir Klimaschutz und soziale Fragen zusammen denken. Unsere Lebensgrundlagen schützen wir nur gemeinsam.

Deshalb sollen laut dem Hamburger Zukunftsentscheid alle Maßnahmen sozialverträglich umgesetzt werden. Die Kosten der Transformation dürfen nicht diejenigen tragen müssen, die es ohnehin schon am schwersten haben. Nur sozialer Klimaschutz ist auch nachhaltiger Klimaschutz – und das heißt, in Härtefällen durch Unterstützung zu helfen.

Mit Beratungen, Finanzierung oder Ausnahmeregelungen wird niemand zurückgelassen. Wir können viel gewinnen – an Inhalten, Gesprächen, politisieren Menschen und einem neuen Klimaschutzgesetz.

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