Ein Parteitag reiht sich an den nächsten. Im bayerischen Kloster Seeon kam Anfang der Woche die CSU zur traditionellen Winterklausur zusammen. In verschneiter Traumkulisse sprach man über mehr Härte in der Migration und weniger Grün in der Politik. In Stuttgart traf sich die FDP zum ebenfalls traditionellen Dreikönigstreffen und versuchte zu retten, was zu retten ist.
Kernpunkte der Drei-Prozent-Partei: Weniger Steuern, weniger Bürokratie, mehr Lindner. Und in Lübeck präsentierten sich Anfang der Woche auch die Grünen wahlkampfbereit. Spitzenkandidat Robert Habeck will mehr Europa, mehr Wirtschaft, weniger "Ausschließeritis".
Aber für eines hat selbst er in seiner Rede nur drei mickrige Sätze übrig: das Klima. Noch sieben Wochen bis zur Bundestagswahl, die Parteien schalten in den Wahlkampfmodus, schwingen große Reden – aber erwähnen die Klimakrise mit fast keinem Wort. Die Stille ist dröhnend und das Klima immer noch Randthema. Am Wochenende stehen die Parteitage von SPD und AfD an. Dass sich dort ein anderes Bild zeigt, ist zu bezweifeln.
Und das, obwohl es im letzten Jahr so heiß war, wie noch nie – und damit die zehn heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung in direkter Folge stehen. Obwohl gerade in diesen Momenten Los Angeles brennt und die Flammen fünf Fußballfelder pro Minute verschlingen.
Obwohl allein im vergangenen Jahr mehr als 40 Millionen Menschen aufgrund von Extremwetterereignissen fliehen mussten – und extreme Hitze, Dürren und Fluten durch die Klimakrise nur noch häufiger werden. Und obwohl all das Geschehnisse allein aus den letzten zwei Wochen waren.
Trotzdem spielt die Klimakrise bisher keine Rolle in diesem Wahlkampf. Niemand spricht über den Elefanten im Raum. Niemand? Nicht ganz.
Wir von Fridays for Future haben in den vergangenen Monaten an vielen Dingen gearbeitet. Denn wenn die Politik es nicht schafft, selbst über die größte Katastrophe der Menschheit, über die Klimakrise zu sprechen, dann tun wir das eben selbst.
Zwischen Scheindebatten und politischen Grabenkämpfen entscheidet sich in diesen Tagen eben auch das Klima der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Und wenn eines klar ist, dann das: Wir müssen jetzt nachschärfen, brauchen mehr Tempo beim Klimaschutz, müssen Deutschland zukunfts- und klimafest machen, müssen mit einer Welt im Wandel umgehen. Gesagt, getan.
Wir fordern unser Recht auf eine sichere Zukunft ein. Das bedeutet konkret: Wir müssen so schnell wie möglich klimaneutral werden – spätestens bis 2035, um unseren gerechten Anteil zu leisten. Dafür müssen wir schon heute Planbarkeit schaffen.
Deshalb fordern wir einen klaren Plan für den geordneten Gasausstieg. Spätestens 2035 muss mit allen fossilen Energieträgern Schluss sein, wenn wir unsere Klimaziele einhalten wollen. Der fossile Ausstieg und die Klima-Transformation darf nicht auf den Schultern der Menschen ausgetragen werden.
Deshalb fordern wir ein Recht auf klimafreundliche Wärme und Mobilität. Das bedeutet: Alle Grundbedürfnisse müssen bezahlbar klimaneutral erfüllt werden können. Solarpaneele installieren, Wärmepumpen einbauen, Busse fahren – um das zu verwirklichen, muss viel passieren. Die Transformation kann nur gelingen, wenn überall in Deutschland Millionen Menschen anpacken. Deshalb fordern wir, jährlich 300.000 Leute in Zukunftsindustrien auszubilden.
Die Kosten für diese Klima-Giga-Transformation müssen gerecht geteilt werden. Insbesondere diejenigen, die am meisten zur Klimakrise beitragen, müssen ihren fairen Beitrag leisten. Praktischerweise sind das auch diejenigen, die am meisten von der Klimakrise profitieren.
Deshalb fordern wir eine Superreichensteuer zur Finanzierung der Transformation. Aber egal, wie ambitioniert die vorangetrieben wird, alle Schäden werden wir nicht mehr verhindern können. Das erleben wir schon jetzt. Um die Menschen zu schützen, fordern wir deshalb einen zentralen Fonds für Klimaanpassungen und Katastrophenhilfe – finanziert von den fossilen Konzernen, die seit Jahrzehnten ohne Rücksicht auf Verluste unsere Lebensgrundlage vernichten.
Die nächste Bundesregierung wird eine Klimakatastrophen-Regierung. Das ist ganz klar, denn wir sind schon jetzt mitten in der Klimakrise. Die neue Regierung muss beweisen, dass sie das Zeug dazu hat, uns durch eine Zeit im Wandel und im Umbruch zu lenken. Wir werden sie deshalb nicht aus den Augen lassen. Es darf jetzt keine Rückschritte geben.
Gesetzte Ziele dürfen nicht aufgeweicht werden. Aktuelle Projekte müssen bis zum Ende durchgezogen werden. Aber das reicht nicht. Wir müssen jetzt weiter gehen, nach vorne blicken. Das tun diese Forderungen. Das tun wir von Fridays for Future.
Wir müssen im Alltagstrubel, im Wahlkampf-Gewimmel, die echten Probleme dieses Landes im Blick behalten. Wahlversprechen sind schnell gemacht, Parolen laut gerufen. Aber es muss jetzt konkret und ambitioniert gehandelt werden.
Mit unseren Forderungen setzen wir einen Rahmen und zeigen, was nötig und möglich ist. Wir werden die neue Regierung an ihren Taten messen, nicht an ihren Wahlkampfversprechen. Diese Forderungen sind unser Maßstab. Setzt sie um – jetzt!