
Bereits am 25.9.2020 gingen Aktivistinnen beim globalen Klimastreik auf die Straße.Bild: www.imago-images.de / RAINER UNKEL
Klima & Umwelt
18.03.2021, 14:1818.03.2021, 14:18
Am Video-Ende improvisiert Eminem. "Guess who
is back, back again? FFF is back." Ratet mal, wer zurück ist? Fridays
for future (FFF) ist zurück. Die deutsche Klima-Aktivistin Luisa
Neubauer hat das Video, das mit der Umdichtung des Originalsongs
endet, Anfang der Woche auf Twitter gepostet. Die Botschaft: Die
Klimaaktivisten sind zurück – und die Parteien können sich im
Superwahljahr warm anziehen.
In mehr als 50 Ländern wollen sie am Freitag beim globalen Klimastreik auf die Straße
gehen, um mehr Tempo im Kampf gegen den Klimawandel zu fordern. Auf
Brücken und Straßen in ganz Deutschland wollen sie Plakate
hochhalten. Für einen schnelleren Kohleausstieg, für mehr Strom aus
Wind und Sonne, für ein ambitionierteres Klimagesetz und gegen die
fortschreitende Erderwärmung. In der ganzen Republik rüsten sie sich
für Präsenz-Aktionen in mehr als 200 Städten – von Berlin bis Köln.
Die Organisatoren haben nach eigenen Angaben bundesweit mehr als 10.000 Pakete mit Sprühkreide und Schablonen an ihre Mitstreiter
geschickt. Noch viele weitere sollen sich im Netz per Livestream dazu
schalten.
Es ist der siebte globale Klimastreik, zu dem die Aktivisten
aufrufen – der letzte war am 25. September 2020. Die Zeiten, in denen
Fridays for Future jeden Freitag Jung und Alt gemeinsam auf die
Straßen brachte, sind schon länger vorbei. Die Pandemie verordnete
dem Massenprotest, der im Jahr 2019 so richtig Fahrt aufgenommen
hatte, eine Zwangspause. Und doch wollen sie nun wieder richtig
loslegen. Trotz steigender Infektionszahlen. Mit Fahrrädern und
kontaktloser Kunst. Mit Maske und Abstand.
Hygienekonzepte bei allen Aktionen
Zur Kundgebung am Berliner Alexanderplatz sind 200 Teilnehmer
angemeldet. Es ist eine von vielen Kundgebungen in der Hauptstadt.
Die Polizei betont: Eine Teilnehmerbeschränkung gebe es nicht. Die
Beamten würden aber die Einhaltung der Hygieneregeln sehr genau
kontrollieren. Jede Aktion erfordere ein Hygienekonzept, heißt es auf
Anfrage.
"Natürlich ist die Präsenz eine ganz andere, als sie das vor der
Corona-Pandemie war", sagt eine der wichtigsten Mitorganisatorinnen,
Carla Reemtsma. Die Pandemie habe das Bewusstsein für Klimathemen
verändert, die Aufmerksamkeit klar verschoben, analysiert die
22-jährige Berlinerin. Studien hätten aber gezeigt, dass Klima und
Umwelt zu den wahlentscheidenden Themen gehörten, sagt sie. Und
tatsächlich weisen nicht nur die Wahlerfolge der Grünen darauf hin,
dass die Dynamik, die 2019 in der Verabschiedung des
Klimaschutzgesetzes gipfelte, nicht verschwunden ist. Einer
UN-Meinungsumfrage zufolge stufen mehr als drei Viertel aller
Deutschen den Klimawandel als globalen Notfall ein.
Corona hilft bei Klimazielen
Auch der sogenannte Corona-Effekt sei kein Grund zum Aufatmen,
sagt Reemtsma. Erst in dieser Woche stellte das Umweltbundesamt die
deutsche Klimabilanz für das Jahr 2020 vor. Demnach emittierte
Deutschland im vergangenen Jahr 70 Millionen Tonnen weniger
Treibhausgase – und übertraf damit sein Klimaziel leicht. Zur
Begründung hieß es aber: Ohne die Corona-Lockdowns mit weniger
Produktion und Mobilität hätte Deutschland das Ziel verfehlt. Fridays
for Future fühlt sich bestätigt, betont, dass Deutschland die Pariser
Klimaziele auch mit Corona-Effekt nicht einhalten werde.
In dem
Abkommen von 2015 verpflichten sich fast alle Staaten der Welt, die
Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad – besser 1,5 Grad – im
Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Der Hashtag zum
Protest lautet "#Allefür1Komma5".
Davon sei die Welt meilenweit entfernt, sagen die Aktivisten. Sie
gehen auch auf die Straße, um dafür zu sorgen, dass die Parteien
diese Zahl in ihren Wahlprogrammen verankern.
Auch neugegründete Klimaliste ist dabei
So wie es die neu gegründete Klimaliste in Rheinland-Pfalz und
Baden-Württemberg getan hat. Einige ihrer Parteimitglieder werden am
Freitag auf der Straße sein. Aber längst nicht alle. Er wisse noch
nicht, ob er sich anschließen werde, sagt Vorstandsmitglied Alexander
Grevel.

Alexander Grevel von der Klimaliste distanziert sich von Fridays for Future.Bild: dpa / Philipp von Ditfurth
Die Aktivisten, die sich erst vor einem halben Jahr als Partei in
Baden-Württemberg formiert hatten, erhielten bei der Landtagswahl am
Sonntag 43.000 Stimmen. Grünen-Chef Robert Habeck warf ihnen noch am
Abend in der Sendung "Anne Will" vor, durch ihr Antreten einer
Koalition aus Grünen und SPD die entscheidende Mehrheit genommen zu
haben. "Wählerstimmen gehören keiner Partei", kontert Grevel. Alles
andere sei "ein merkwürdiges Demokratieverständnis". Seine Partei
habe sich aus Verzweiflung über die Klimapolitik gegründet. Die
Corona-Pandemie werde diesen Widerstand nicht aufhalten können, sagt
er. "Gegen die Klimakatastrophe gibt es keine Impfung."
Als natürlicher Partner von Fridays for Future versteht sich die
Klimaliste aber nicht, beide Bewegungen distanzieren sich
voneinander. Die Ziele einen sie, aber die Methode ist eine andere.
Die Klimaliste hofft, dass sie bei der nächsten Landtagswahl in
Sachsen-Anhalt das Baden-Württemberg-Ergebnis von 0.9 Prozent
übertreffen kann. Fridays for Future will dagegen nicht auf Parteien,
sondern auf mehr Bewusstsein bauen. Auf den Druck der Straße. Was er
im Superwahljahr unter Corona-Bedingungen bewirken kann, wird sich in
den kommenden Wochen zeigen.
(lau/dpa)
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