Die menschengemachte Klimakrise zeigt immer wieder: Sie ist gekommen, um zu bleiben. Umso verheerender, sollten wir nicht irgendwas an unserer Lebensweise ändern. Das ist aber nicht so einfach, denn die Masse an Menschen auf diesem Planeten muss mit Strom, Wasser, Lebensmitteln und anderen Ressourcen versorgt werden.
Forscher:innen versuchen deswegen schon länger, CO₂-Emissionen zu binden, um die Belastung in der Atmosphäre und die damit einhergehende Erderwärmung zu hemmen. Eine Möglichkeit dafür sind Mikroben. Anfang des Jahres wurde eine Mikroben-Art entdeckt, die beispielsweise CO₂-Gas unter der Erde zu Gestein umwandeln kann.
Forscher:innen einer Gruppe mit dem Namen Two Frontiers Project (2FP), die vom Biotech-Unternehmen Seed Health finanziert wird, wollen noch weitere CO₂-vernichtende Mikroben finden. Und sie suchen an einem eher ungewöhnlichen Ort: in Wohnungen und Haushaltsgeräten.
Deswegen bittet die Forscher-Gruppe, Menschen in den Vereinigten Staaten zu Hause nach "seltsamem mikrobiellem Wachstum" Ausschau zu halten. Denn sie könnten so den nächsten Mikroorganismus finden, der CO₂ aus der Luft saugen oder beim Abbau von Umweltschadstoffen helfen könnte.
Obwohl Mikroben auf jeder Oberfläche in Haushalten zu finden sind, ist die Gruppe besonders an jenen interessiert, die in extremeren Umgebungen leben. Einschließlich Orten mit hohen Temperaturen wie Geschirrspülern, Klimaanlagen, Mikrowellen, Warmwasserbereitern und Duschköpfen.
"Diese häuslichen Umgebungen ahmen die extremen Bedingungen in der Natur nach", sagte Braden Tierney, der geschäftsführende Direktor von 2FP, gegenüber "CNN". "Sie spiegeln die Umweltveränderungen wider, mit denen unser Planet in Zukunft konfrontiert sein könnte – einschließlich steigender Temperaturen, erhöhter Strahlung und einer zunehmenden Versauerung der Ozeane und Böden."
Das Team hofft, in Häusern Mikroben zu entdecken, die die gleichen kohlenstoffabsorbierenden Eigenschaften haben wie einige andere, die in der Natur vorkommen.
"Ungewöhnliche Farben, Gerüche, Texturen und andere Daten" können den Wissenschaftler:innen helfen, Bereiche von Interesse zu identifizieren, erklärte Tierney. Wenn sie etwas weiter untersuchen wollen, werden sie ein DNA-Proben-Kit an Freiwillige schicken, die es benutzen und an sie zurückschicken können.
Die Ergebnisse werden in eine frei zugängliche Datenbank für extremophile Mikroben aufgenommen. Das sind Mikroben, die in rauen Umgebungen gedeihen und einzigartige Eigenschaften entwickeln. Und diese wiederum kann sich die Biotech-Industrie zunutze machen und für Klimalösungen verwenden.
"Es ist eine sehr interessante Alternative, um Zugang zu Mikroben mit Fähigkeiten zu erhalten, die noch nicht bekannt sind", urteilt Wilfried Weber, wissenschaftlicher Direktor am Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken, der nicht an der Studie beteiligt ist. "Ich denke, dass es eine sehr gute Chance gibt, dass neue Mikroben identifiziert werden", sagte Weber der "CNN".
Das Weltwirtschaftsforum hat die mikrobielle Kohlenstoffabscheidung in einem Bericht vom Juni als eine der weltweit wichtigsten aufkommenden Technologien bezeichnet. Noch steckt sie jedoch in den Kinderschuhen, und die Unternehmen führen Pilotprogramme durch, um die kommerzielle Machbarkeit zu testen.
Der Weltklimarat der Vereinten Nationen hat ebenfalls erklärt, dass die Welt nicht nur die fossilen Brennstoffe drastisch reduzieren muss, um einen zunehmend katastrophalen Klimawandel zu verhindern. Auch große Mengen des bereits in der Atmosphäre vorhandenen CO₂ müssen entfernen werden.
Trotzdem ist die Kohlenstoffbindung als Lösung für das Problem des Klimawandels umstritten. Die Bindung umfasst eine Reihe von Technologien – von riesigen vakuumähnlichen Anlagen, die in der Lage sind, die Klimaverschmutzung aus der Luft zu saugen, bis hin zu kohlenstoffabsorbierenden Schwämmen.
Kritiker:innen warnen deswegen davor, dass diese Konzepte teuer sind und sich in großem Ausmaß nicht bewähren. Auch wird die Kohlenstoffbindung von der Industrie für fossile Brennstoffe als Ausrede genutzt, um weiterhin Öl und Gas zu fördern, anstatt auf sauberere Energieformen wie Wind und Sonne umzusteigen.