Hunger, Durst, Dürre: Das Jahr 2022 war für viele Menschen von zahlreichen Krisen geprägt.Bild: imago stock&people / imago images
Klima & Umwelt
Die schlechten Nachrichten überschlugen sich schon zum Jahresauftakt 2022 – und ebbten auch im Laufe des Jahres nicht ab: Überschwemmungen. Dürre. Wasserknappheit. Hunger. Tod. Waldbrände. Tornados. Schmelzende Gletscher. Steigende Meeresspiegel. Tod.
Die Liste der Katastrophen, ausgelöst durch die Erderwärmung, ist endlos lang.
Welches die größten Klima-Katastrophen, Gesetzesdurchbrüche, Rück- und Fortschritte in Sachen Klimaschutz im Jahr 2022 waren, hat watson für euch recherchiert. Ein Jahresüberblick aus Umweltsicht:
Januar
Dürre in Kenia – drei Millionen Menschen in Not
Schon im September 2021 erklärte Kenias Präsident Uhuru Kenyatta die Dürre zur nationalen Katastrophe: "Unser Vieh stirbt. Unsere Menschen hungern", sagte er und versprach 15 Millionen Euro Hilfe für die Menschen.
Doch im neuen Jahr hat sich die Lage noch verschlimmert: Die Böden sind verdorrt, Wasserlöcher ausgetrocknet – und mit ihnen auch die Grundnahrungsmittel der Menschen vor Ort. Die Folgen einer Heuschrecken-Plage und der Corona-Pandemie verschlimmern die Lage zusätzlich. Knapp drei Millionen Menschen brauchen Hilfe.
Felder verdorren. Wasser und Nahrung werden knapp.Bild: EPA / Dai Kurokawa
Und das Schlimmste: Langfristig wird sich die Lage wohl noch verschlimmern. Der Grund: Die Klimakrise.
Februar
IPCC-Bericht: "Gibt nur begrenzten Zeitraum"
Am 28. Februar stellte der Weltklimarat (IPCC) den zweiten Teil seines sechsten Sachstandsberichts zu den Folgen der Klimakrise vor. IPCC-Mitglied und Meeresbiologe Hans-Otto Pörtner erklärte damals: "Es gibt nur einen begrenzten Zeitraum, in dem erfolgreiches Handeln auf den Weg gebracht werden kann." Dazu sei ein massiver Rückgang des Treibhausgasausstoßes nötig, aber auch Klimaanpassungsmaßnahmen.
Technisch ließe sich die Erderhitzung noch auf 1,5 Grad begrenzen, politisch wird dieses Ziel immer abwegiger. Bild: dpa / Jens Büttner
März
Der Osten Australiens steht unter Wasser
Extremer Regen, Sturzfluten und Windböen haben zahlreiche Regionen rund um Sydney sowie Teile von New South Wales und Queensland überschwemmt. Tausende Menschen mussten evakuiert werden.
Aus dem Bericht des Weltklimarats von Februar geht hervor, dass Australien in Zukunft wohl noch häufiger von verheerenden Naturereignissen heimgesucht wird. Zu erwarten sind stärkere Hitze, gefährlichere Feuer, mehr Dürren und Überschwemmungen, ein höherer Meeresspiegel sowie trockenere Winter.
Globaler Klimastreik von Fridays for Future treibt Hunderttausende auf Straße
Um Klimakatastrophen zu verhindern, sind zum zehnten globalen Klimastreik von Fridays for Future am 25. März wieder Hunderttausende Menschen unter dem Motto #PeopleNotProfit auf die Straße gegangen. Allein in Deutschland forderten über 220.000 Teilnehmende die Regierungen dazu auf, sich von den fossilen Energien zu verabschieden.
April
Hitzewelle in Indien und Pakistan lässt Stromversorgung kollabieren
Hunderte Millionen Menschen in Indien und Pakistan litten unter Temperaturen nahe der 50 Grad-Marke. Beide Länder berichteten über Probleme bei der Stromversorgung, Pakistan meldete Stromausfälle von bis zu acht Stunden. Diese extremen Temperaturen stellen nicht nur für die Natur und Landwirtschaft eine ernsthafte Bedrohung dar, sondern auch für die Menschen selbst.
Mit Habecks Osterpaket soll der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden. Bild: www.imago-images.de / imago images
Habecks Osterpaket ist ein großer Schritt in die richtige Richtung
Das Osterpaket der Ampel-Regierung ist die größte energiepolitische Gesetzesnovelle seit Jahrzehnten. Ziel des Pakets ist der beschleunigte und konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien: Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Das zieht mehr Windkraft auf Land und See nach sich, als auch mehr Solaranlagen auf den Dächern.
Selbst Umweltorganisationen wie Germanwatch bezeichnen das Paket "als ambitionierteste[s] Gesetzespaket" zur Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren, "das wir in Deutschland je gesehen haben".
Mai
Über 2,3 Milliarden Menschen von Wassermangel betroffen
Die Zahl der Dürren ist laut einem Bericht der Uno seit dem Jahr 2000 um 29 Prozent gestiegen – Tendenz steigend.
Bislang war davon vor allem der globale Süden betroffen, doch die anhaltende Trockenheit, der Verlust fruchtbarer Böden und Wassermangel weiten sich auch auf Europa aus. Mehr als 2,3 Milliarden Menschen sind der Uno zufolge von Wassermangel betroffen.
Die Zahl und Intensität der Dürren steigt seit Jahren.Bild: imago stock&people / imago images
UN-Bericht: 1,5-Grad-Ziel vermutlich schon in fünf Jahren überschritten
Und noch ein besorgniserregender Bericht wird veröffentlicht: Der Klimabericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO): Demnach besteht ein Risiko von 50 Prozent, dass sich die Erde bereits in den kommenden fünf Jahren um 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau erwärmt hat.
Juni
Deutsche Sommer werden bald ein Grad heißer
Schon in den nächsten Jahren könnte es in Deutschland bis zu ein Grad wärmer werden als in den vergangenen drei Jahrzehnten. Das haben Klimavorhersagen ergeben, die der Deutsche Wetterdienst (DWD) für Deutschland, Europa und weltweit berechnet hat. Die Vorhersagen gehen auch von einer größeren Trockenheit aus. Dieser Trend hat sich laut DWD bereits in diesem Sommer gezeigt.
Verdorrte Böden, verblühte Pflanzen: Das könnte im Sommer bald Norm werden.Bild: dpa / Daniel Bockwoldt
G7-Staaten unterstützen Klimaclub-Idee von Olaf Scholz
Beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau schlug Bundeskanzler Olaf Scholz die Gründung eines Klimaclubs vor. Ziel solle die Minderung von Treibhausgasen sein. Im Dezember 2022 einigten sich die Industriestaaten G7 auf eine Satzung. Alle Länder sind eingeladen, Mitglied zu werden.
Verabredet werden sollen Regeln und Standards, um den Wettbewerb aufgrund höherer Klimastandards nicht zu verzerren. Der klimafreundliche Umbau dürfe nicht in einem "Zollkrieg" enden, wie Scholz betonte.
Juli
Hitzewellen, Dürren und Brände in Europa
Der Juli war der dritt-heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen und sorgte für Hitzerekorde, extreme Trockenheit und schwere Waldbrände in weiten Teilen Europas.
Das wirkte sich auch auf das Meereis aus: In der Antarktis lag die Ausdehnung des Eises sieben Prozent unter dem Durchschnitt – und damit auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen.
In großen Teilen Europas gab es schwere Waldbrände.bild: pexels / Vladislav Likhomanov
EU-Entscheidung zur Taxonomie: Grünes Siegel für Atomkraft und Gas
In der EU gelten Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke nach einer Abstimmung künftig als nachhaltig. Für Unternehmen ist dieses Siegel relevant, da es die Investitionsentscheidungen von Anlegern beeinflusst und etwa Auswirkungen auf Finanzierungskosten von Projekten haben könnte.
Klimatechnisch ist diese Entscheidung ein Desaster. Denn wird mit Erdgas Energie erzeugt, werden Treibhausgase ausgestoßen – und das fortan sogar mit einem grünen Gütesiegel.
August
US-Senat billigt Milliarden für Klima
Für die Demokrat:innen ist das Gesetzespaket ein riesen Erfolg: Der größte Teil des beschlossenen Pakets bezieht sich auf den Klimaschutz, für den in den kommenden zehn Jahren über 370 Milliarden Dollar investiert werden sollen. Außerdem sollen die Treibhausgase bis 2030 um 40 Prozent gesenkt werden.
Für US-Präsident Joe Biden war das Gesetzespaket ein großer Erfolg. Bild: X07310 / KEN CEDENO
September
Flut in Pakistan
Rund 33 Millionen Menschen waren (und sind) von der vier Monate andauernden Flutkatastrophe in Pakistan betroffen – es ist die schwerste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Mindestens 1700 Menschen starben, rund 13.000 wurden verletzt und vielen mehr mangelt es an Wasser, Nahrung und medizinischer Hilfe. Die Erderhitzung begünstigt Extremwetterereignisse wie diese.
Millionen Menschen verloren durch die Flutkatastrophe ihre Heimat. Bild: www.imago-images.de / imago images
Oktober
Braunkohleausstieg in NRW acht Jahre vorgezogen
Nach umstrittenen Gasdeals, dem Hochfahren von Kohlemeilern sowie dem bevorstehenden Abriss Lützeraths verkündeten Wirtschaftsminister Robert Habeck und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (beide Grüne) im Oktober feierlich, den Braunkohleausstieg im Rheinischen Revier acht Jahre von 2038 auf 2030 vorzuziehen. Angeblich sollen dadurch 280 Millionen Tonnen Kohle im Boden bleiben.
Der Tagebau gleicht einer Mondlandschaft.Bild: www.imago-images.de / imago images
Einer Studie zufolge aber ist diese Annahme falsch: Demnach würden durch die Rückholung der Kohlemeiler bis zu 61 Millionen Tonnen CO₂ mehr ausgestoßen, auch würde Deutschland damit seine im Klimaschutzgesetz verankerten Ziele um 164 Millionen Tonnen bis 2030 reißen.
November
COP27 endet mit herber Enttäuschung
Nach zwei Wochen harter Verhandlungen ist die Klimakonferenz in Ägypten zu Ende gegangen. Doch beim Klimaschutz, also dem Herunterfahren von Emissionen, wurden kaum Fortschritte erzielt. Einzig ein Finanztopf, der ärmeren Ländern einen Ausgleich für durch die Klimakrise entstandene Verluste und Schäden zahlen soll, gilt als Erfolg.
Die ärmeren Länder kämpften für einen Finanzausgleich.Bild: AP / Peter Dejong
Dezember
Biodiversitätsgipfel einigt sich auf Abschlusserklärung
Nach knapp zwei Wochen Verhandlungen haben sich die Teilnehmenden der Uno-Biodiversitätskonferenz (COP15) im kanadischen Montreal auf eine Abschlusserklärung geeinigt: Bis 2030 wollen die rund 200 Staaten mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz stellen.
30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen sollen unter Schutz gestellt werden. bild: watson / josephine andreoli