Wer es will, bekommt es schon: Bei der Deutschen Bahn und bei zahlreichen Verkehrsverbünden in Deutschland hat am Montag der Verkauf der 9-Euro-Monatstickets begonnen. Eine Woche vor dem Start der dreimonatigen Aktion wird mit starker Nachfrage gerechnet und dann mit einem entsprechenden Andrang der Fahrgäste. Was in den kommenden Monaten folgt, ist wohl eines der größten Experimente im Öffentlichen Personen-Nahverkehr.
Der Andrang war bereits am Montagmorgen riesig: Allein in den frühen Morgenstunden seien über die digitalen Kanäle der Bahn rund 50.000 Tickets verkauft worden, teilte ein Konzernsprecher mit. Die Buchungs-Seite war aufgrund der hohen Nachfrage immer wieder überlastet.
Mittlerweile läuft die Seite wieder und Interessierte können das Ticket dort erwerben. Auch über die Bahn-App DB-Navigator ist das 9-Euro-Ticket bereits erhältlich. Wer über die Handy-App eine Reise im Regionalverkehr bucht, stößt während des Prozesses ebenfalls auf das Angebot. Auch in den DB-Reisezentren können Interessierte das Ticket erwerben. Der Verkauf startete, "sobald diese öffnen". Einige Verkehrsunternehmen und Städte haben mit dem Verkauf aber bereits in den vergangenen Tagen begonnen.
Dass der Andrang so riesig ist, verwundert kaum: Mit den Sondertickets können Fahrgäste im jeweils gültigen Monat für 9 Euro im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) durch ganz Deutschland fahren. Und zwar bundesweit im öffentlichen Nah- und Regionalverkehr – in allen Städten und über alle Verbundgrenzen hinweg.
Die Sondertickets sollen für Juni, Juli und August angeboten werden. Die jeweils 9 Euro im Monat sind viel günstiger als Monatskarten normalerweise kosten. Die Bundesregierung will Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der starken Inflation mit dem Angebot entlasten und zudem den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel attraktiver machen. Trotz Kritik und Skepsis aus den Bundesländern hatte der Bundesrat am Freitag dem Vorhaben zugestimmt.
Wer bereits ein Monats- oder Jahresabo hat, soll sich um nichts weiter kümmern müssen. "Es werden automatisch Reduzierungen bei bestehenden Abos vorgenommen, so dass nur die neun Euro pro Monat anfallen", heißt es etwa beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Die Reduzierungen werden später auf das jeweilige Kundenkonto zurücküberwiesen.
Die Billigtickets sind Teil der Entlastungspakete der Ampel-Koalition wegen der stark gestiegenen Energiepreise. Zugleich sollen sie eine große Schnupperaktion sein, um mehr Fahrgäste anzulocken und zum Umsteigen vom Auto zu ermuntern. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von einer Chance für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und klimafreundliche Mobilität.
Nach dem am Freitag beschlossenen Gesetz stellt der Bund den Ländern unter anderem 2,5 Milliarden Euro bereit, um Einnahmeausfälle der Verkehrsanbieter auszugleichen. Von den Ländern hatte es zuvor Forderungen nach generell mehr Geld für den ÖPNV gegeben.
Wer ab Juni mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, muss vermutlich mit überfüllten Fahrten rechnen. Bahn- und Busbetreiber und die Verkehrsverbünde stellen sich auf einen größeren Andrang von Fahrgästen ein – gerechnet wird vor allem an Wochenenden mit vollen Zügen zu Ausflugszielen. Besonders spannend könnte bei diesem Experiment der Aspekt sein, wie groß das Gefälle zwischen urbanem und ländlichem Raum ausfallen wird. Gerade die Erreichbarkeit spielt dabei wohl eine größere Rolle.
(ast/mit Material von dpa)