Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg und die Abhängigkeit von russischem Erdgas hat Bundeskanzler Olaf Scholz den schnellen Bau von zwei LNG-Terminals für Flüssigerdgas in Deutschland angekündigt. Als mögliche Standorte für ein LNG-Terminal nannte Scholz Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven. Denn in Deutschland steht davon bisher noch keins. Insgesamt gibt es europaweit 36 solcher Terminals, über die Flüssigerdgas an Land gebracht wird. Damit verfügen die europäischen Terminals über eine Regasifizierungskapazität von 241 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, auf die die EU-Mitgliedsstaaten jetzt mit dem Wegfall von russischem Gas setzen müssen.
Nach Angaben der Zukunft Gas GmbH, einer Initiative von Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft, würde die jährliche Kapazität eines Terminals bis zu 12 Mrd. m3 betragen. Um die Energieversorgung Deutschlands weiter zu sichern, wird der Bau von zwei Anlagen für die Regasifizierung von tiefgekühltem Erdgas nicht ausreichen. Die Verband fordert mindestens drei LNG-Terminals in Deutschland, um unabhängiger vom Pipelinegas zu werden.
Doch was genau sind LNG-Terminals, wie funktionieren sie und welche Folgen bringt ihr Einsatz mit sich? watson hat für euch dazu eine Übersicht zu den wichtigsten Fakten zusammengestellt.
Mit LNG ("liquefied natural gas") ist Erdgas gemeint, das auf −162 Grad Celsius abgekühlt und dadurch verflüssigt wurde. Durch seinen flüssigen Zustand kann es in Druckbehältern, sogenannten LNG-Tanks, gespeichert werden und so vor allem mit Schiffen oder Lkws transportiert werden.
Beim Flüssigerdgas ist die Dichte bei Raumtemperatur und Normaldruck rund 600-mal höher als in gasförmiger Form. Deshalb müssen Flüssigerdgas-Behälter gut wärmegedämmt werden, da jede Zufuhr von Wärme sonst zur Verdampfung, also zur Abgabe gasförmigen Erdgases, und zu einem Anstieg des Drucks führt. Denn auch mit Wärmedämmung gibt ein LNG-Tank stetig eine gewisse Menge Erdgas ab: diese wird entweder direkt zum Antrieb der Schiffe verbraucht, die oft mit Gasturbinen betrieben werden und einen Teil des Gases verbrennen, oder muss durch Rückverflüssigung wieder dem Tank zugeführt werden.
Ein LNG-Terminal ist der logistische Knotenpunkt für die Ent- und Beladung von LNG-Tankern. Hier werden LNG-Tanks gelagert oder auf weitere Transportmittel umgeladen; vor allem besitzen sie aber Anlagen, die das Erdgas entweder in einen flüssigen oder gasförmigen Zustand umwandeln.
Die Verflüssigung des Gases in einem LNG-Terminal verbraucht erhebliche Mengen von Energie – rund 10 bis 25 Prozent des Heizwerts des Erdgases gehen dabei allein für die Umwandlungen verloren. Dies liegt daran, dass das Gas für die Verflüssigung sehr tief abgekühlt werden muss, um ihm die Kondensationswärme zu entziehen. Die dafür nötigen Kältemaschinen werden dabei mit einem Teil des Gases betrieben, müssen aber meist zusätzlich mit elektrischer Energie aus dem Stromnetz unterstützt werden.
Vor allem aber kann nie ganz verhindert werden, dass eine gewisse Menge Wärme von außen in die sehr kalten Tanks eindringt und damit stetig einen Teil des Gases verdampft. Dieses "Boil-off-Gas" muss dem Tank regelmäßig entnommen werden, da sonst der Druck so stark ansteigen würde, bis die Tankwandung versagt und es zur Explosion des Tanks kommt.
Das wird beispielsweise dann nötig, wenn ein Schiff mit LNG-Tanks im Hafen liegt und kaum Gas benötigt, beispielsweise während der Entladung. Dann kann das Gas über eine Leitung an die Hafenanlage abgegeben werden oder mithilfe einer Kältemaschine wieder rückverflüssigt werden. Wenn diese Möglichkeiten aber nicht umgesetzt werden können, muss das Erdgas abgefackelt werden. Beim Abblasen von unverbranntem Gas wird dann Methan in die Atmosphäre abgelassen, das bis zu 87-mal stärker auf die Atmosphäre einwirkt als CO2 und damit hochgradig klimaschädlich ist.