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Ostsee-Sensationsfund: Forscher lösen Rätsel um mysteriöse Steine

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Forschende haben in der Ostsee das Rätsel um einen uralten Fund gelöst.Bild: dpa / Stefan Sauer
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Forscher lösen Rätsel um Sensationsfund an der Ostsee

13.02.2024, 11:59
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Es gibt keine weißen, also unerforschten Flecken auf dieser Erde mehr, heißt es so oft. Trotzdem machen Archäologen immer wieder erstaunliche Entdeckungen.

Ironischerweise sind diese Funde zum Teil erst durch die Klimakrise möglich: Denn das sich verändernde Klima verursacht immer häufiger Dürreperioden, durch die Flüsse zeitweise austrocknen und ihre verborgene Schätze freilegen. Auch im 21. Jahrhundert kann man so noch spannende Relikte der Vergangenheit entdecken. Manchmal aber entdecken Archäolog:innen auch historische Stätten, die vom steigenden Meeresspiegel verschluckt wurden. So wie kürzlich in der Mecklenburger Bucht.

Dort haben Forschende auf dem Grund der Ostsee einen fast einen Kilometer langen, steinernen Wall entdeckt. Zum ersten Mal erfasst wurde der historische Blinkerwall zwar bereits durch Zufall im September 2021 bei Kartierungen. Doch erst jetzt konnten die Forscher:innen herausfinden, um was es sich bei dem Fund gehandelt haben könnte.

Entlang der Linie soll der überflutete Steinwall verlaufen.
Entlang der Linie soll der überflutete Steinwall verlaufen. bild: leibniz-institut für ostseeforschung warnemünde

Rätselhafter Ostsee-Fund ist über 10.000 Jahre alt

Lange Zeit rätselten die Forscher:innen nämlich, welchen Ursprung diese Steine hatten und aus welcher Zeit sie stammten. Natürliche Ursachen für die Anlage, wie ein Tsunami, sich zurückziehende Gletscher oder Strömungen unter Wasser, hält das Team für äußerst unwahrscheinlich.

Laut heutigem Erkenntnisstand wurde der Wall vermutlich vor 12.000 Jahren, zum Ende der letzten Eiszeit, von Jägern und Sammlern angelegt. Das Team glaubt, dass Wildbeuter-Gruppen die Anlage zur Jagd nach Rentieren nutzten. Direkt datiert wurde die Struktur nicht, aber ab vor 9800 Jahren war die Region um die Stadt Rerik bewaldet und Rentiere zogen seltener vorbei – da hätte eine solche Anlage keinen Sinn mehr ergeben.

"Es wird angenommen, dass in dieser Zeit nicht mehr als 5000 Menschen in ganz Nordeuropa lebten. Ein Hauptnahrungsmittel dieser Gruppen waren Rentiere, die im jahreszeitlichen Rhythmus in Herden durch die vegetationsarme nacheiszeitliche Landschaft zogen. Wahrscheinlich diente der Wall dazu, die Rentiere am Rande eines Sees in die Enge zu treiben, sodass sie von den steinzeitlichen Jägern mit Jagdwaffen erlegt werden konnten", erläutert Marcel Bradtmöller von der Universität Rostoc die Funktionsweise des Walls.

Solche Jagdtechniken sind auch in anderen Teilen der Welt bereits mehrfach nachgewiesen worden. So haben US-amerikanische Archäolog:innen im Lake Huron im Bundesstaat Michigan Steinmauern gefunden, die nachweislich für die Treibjagd von Karibus, dem Nordamerikanischen Pendant des Rentieres, errichtet wurden. Die Steinmauern im Lake Huron und in der Mecklenburger Bucht weisen große Ähnlichkeiten auf.

Das älteste menschliche Bauwerk der Ostsee

Der Wall liegt rund zehn Kilometer nordwestlich der Stadt Rerik in etwa 21 Metern Tiefe. Er besteht aus fast 1700 Steinen, ist 971 Meter lang, bis zu zwei Meter breit und meist unter einem Meter hoch. Die Struktur wurde erst vor etwa 8500 Jahren von der Ostsee überflutet. Etwas Vergleichbares gebe es in Europa nicht, schreibt die Gruppe. Die Steinmauer wäre damit das älteste, jemals in der Ostsee entdeckte, menschliche Bauwerk.

"Zwar sind in der Wismarbucht und entlang der Küsten Mecklenburg-Vorpommerns zahlreiche gut erhaltene archäologische Fundstellen aus der Steinzeit bekannt, diese liegen aber in deutlich geringeren Wassertiefen und datieren meist in die Mittel- und Jungsteinzeit", erklärt Jens Auer vom Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern.

Die Steinmauer und der umgebende Meeresboden sollen nun noch genauer untersucht werden. Insgesamt können die Untersuchungen einen bedeutenden Beitrag zum Verständnis der frühen steinzeitlichen Wildbeutergruppen leisten und helfen, deren Lebensweise, Organisation und Jagdmethoden zu verstehen.

(Mit Material der dpa)

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