
Kevin Diks kam ablösefrei vom FC Kopenhagen nach Gladbach.Bild: Imago images / Ulrich Hufnagel
Analyse
Seit fünf Jahren landet Borussia Mönchengladbach im Bundesliga-Mittelfeld. Schnell ändern wird es sich wohl nicht. Dennoch sehen Fabian Engelbach und Kevin Schulte vom Podcast "Pfostenbruch – Der Gladbach-Podcast" sportlich Hoffnung, für die Vereinsführung jedoch nicht.
10.08.2025, 11:5310.08.2025, 11:53
Sämtliche Vereinslegenden strömen in den Borussia Park. Goldene Nummern zieren die weißen Trikots. Ein 2:0-Sieg über Valencia wird gefeiert und zum Abschluss des Abends gibt es eine Pyro-Show.
Was da Anfang August in Gladbach zelebriert wurde, war jedoch nicht eine ruhmreiche und packende Europapokalnacht. Es war die Jubiläumsfeier zum 125-jährigen Vereinsbestehen der Borussia. An diesem Tag ging eine enorme Strahlkraft aus von dem Verein, der historisch so erfolgreich war und in den 2010er Jahren erneut auf einer Erfolgswelle ritt.
Doch diese Phase ist vorbei. Die letzte internationale Teilnahme bildete 2020/21 das Achtelfinal-Aus in der Champions League gegen den späteren Finalisten Manchester City. Seitdem grüßt Borussia aus dem grauen Mittelfeld der Bundesliga. Drei zehnte Plätze, einmal Platz 14, einmal Achter.
Borussia Mönchengladbach: Seoane bringt bisher keine Weiterentwicklung
Neben dieser nicht erstrebenswerten Konstanz gibt es auch auf der Trainerbank Kontinuität. Gerardo Seoane geht in seine dritte Saison. Merklich bergauf ging es unter ihm jedoch nicht. "Spielerisch ist da keinerlei Entwicklung zu erkennen seit zwei Jahren", ordnet Fabian Engelbach, einer der Hosts vom Fan-Podcast "Pfostenbruch – Der Gladbach-Podcast" gegenüber watson ein. "Seoane ist ein Trainer des Pragmatismus, der nicht dogmatisch eine Spielweise durchdrücken will. Er versucht in jedem Spiel einen Weg zu finden, um besser als der Gegner zu sein."
Heißt: Auf Auftritte, bei denen das Team hoch presst, folgen Spiele mit Mauer-Taktik. Mal klappt diese flexible Herangehensweise besser, mal schlechter, was auch immer wieder mit Kritik einhergeht.
Kevin Schulte, der zweite Host von "Pfostenbruch", geht deshalb so weit und attestiert Seoane "Timingglück" bei seiner Amtszeit am Borussia Park. Im ersten Jahr unter dem Schweizer sammelte Gladbach gerade mal 34 Punkte – so wenige wie seit 2009 nicht mehr. Trotzdem durfte Seoane bleiben. "Das lag einfach daran, dass Roland Virkus nur noch diesen einen Schuss frei hatte und deswegen an ihm festgehalten hat." Die vorherigen Trainerentscheidungen von Sport-Geschäftsführer Virkus – Adi Hütter und Daniel Farke – saßen nicht.
Hoffnung auf bessere Zeiten haben beide Podcaster dennoch. Denn sukzessive wird der Kader umgebaut. Engelbach sieht die Borussia in einem Transformationsprozess: "Wir kommen von einem sehr ballbesitzorientierten Fußball, den wir noch bis vor zwei Jahren gespielt haben. Nun entwickelt sich Gladbach hin zu einer Mittelfeldmannschaft, die hinterherlaufen und den Ball jagen muss."
"Ein großes Problem unserer Defensive war in den vergangenen Jahren, dass nicht konsequent alle elf Spieler gegen den Ball mitgearbeitet haben."
Podcaster Fabian Engelbach
Im vergangenen Jahr habe die Kaderplanung diese Entwicklung bereits berücksichtigt. Es wurde aussortiert, Top-Verdiener gingen, Spieler mit Charisma kamen. "Mit Tim Kleindienst und Philipp Sander kamen zwei Spieler dazu, die der Mannschaft mehr Identifikationspotential gegeben haben", erklärt Engelbach. Die Tendenz setze sich vor.
Ein Beispiel gefällig? Alassane Pléa verlässt den Verein nach sieben Jahren für 4,5 Millionen Euro und geht nach Eindhoven. Dafür kommt Shūto Machino für 8 Millionen Euro aus Kiel. Balljäger löst Ballzauberer ab. Dieser Vorgang zeigt nicht nur die veränderte Herangehensweise auf dem Platz, sondern auch die finanzielle Marschroute, die bei der Borussia eingekehrt ist. Machino soll nur rund ein Viertel von Pléas Gehalt (4,5 Millionen Euro) verdienen.
Gladbach: Großes Manko ist die Abwehr
Die Umstrukturierung im Kader soll – so sind sich auch Engelbach und Schulte sicher – der größten Schwäche der Gladbacher entgegenwirken: den vielen Gegentoren. 57, 67, 55, 61 und 56 Mal mussten die Gladbach-Torhüter in den vergangenen fünf Spielzeiten hinter sich greifen.
"Das kann nicht der richtige Ansatz sein für eine seriöse Fußballmannschaft", ist sich Schulte sicher und bringt als Gegenbeispiel die "erfolgreichsten Jahre der Neuzeit" unter Lucien Favre an. Der Schweizer war viereinhalb Jahre Trainer der Fohlen. In den vier vollständigen Spielzeiten unter ihm kassierte die Borussia nie mehr als 50 Gegentreffer, blieb zweimal sogar unter 30.
Dass hier das große Problem steckt, ist bei den Gladbachern angekommen. Jüngst gab Mittelfeldspieler Rocco Reitz im "Kicker"-Interview an, dass er im kommenden Jahr die Dinge besser machen wolle, die in der vergangenen Saison schief liefen. "Dazu gehören zum Beispiel die Gegentore, das waren zu viele. Werden wir in dem Bereich besser, schneiden wir automatisch besser ab."
Für Engelbach ist ein Teil der Problemlösung die bereits erwähnte Kaderumstrukturierung. "Ein großes Problem unserer Defensive war in den vergangenen Jahren, dass nicht konsequent alle elf Spieler gegen den Ball mitgearbeitet haben. Das kannst du dir im modernen Fußball einfach nicht mehr leisten."
Neben der sportlichen Analyse spielte sich in Gladbach auch abseits des Platzes eine der großen Soap-Episoden des Sommers ab: das Mallorca-Video von Florian Neuhaus. Der Mittelfeldspieler kritisierte Roland Virkus öffentlich, bezeichnete ihn als "schlechtesten Manager der Welt". Dass sich Neuhaus dadurch selbst ins Abseits gesprochen hat, ist für beide Podcaster klar.
Sie sehen in dem Vorfall jedoch auch eine andere Ebene, auf der es in Gladbach nicht rund läuft: die Vereinsführung. "Mir gefällt es nicht, wie Virkus mit sich umgehen lässt", fängt Schulte an. Er findet es zwar gut, dass Virkus damit kokettiert, dass Neuhaus seine zwei letzten Vertragsjahre auf der Tribüne absitzen könnte: "Leider wird aber Neuhaus noch zu wenig in die Pflicht genommen".
Gladbach: Transfers von Roland Virkus machen Hoffnung
Ganz grundsätzlich verstehe Schulte nicht, wie die Vereinsführung "immer wieder weitermachen kann, auch wenn die Ziele Jahr für Jahr nicht erreicht werden." Um diesen Punkt zu verdeutlichen, stellt er klar: "Vieles klingt sehr negativ, aber ich würde es viel mehr auf die Vereinsführung beziehen. Dort gibt es kein Charisma, keine Visionäre. Immerhin ist Virkus gerade dabei, transfertechnisch einen ordentlichen Job zu machen. Auf dem Platz sehe ich da eine gute Entwicklung."
Denn sportlich, so wird es im Gespräch mit watson deutlich, ist das Podcast-Duo gerade mit den Zugängen zufrieden. Neben Machino kam Haris Tabaković per Leihe aus Hoffenheim, dazu wurden schon frühzeitig Kevin Diks (Kopenhagen) und Jens Castrop (Nürnberg) verpflichtet.
Gerade den Transfer vom 29-jährigen Diks, der bereits im Januar offiziell war, findet Schulte smart: "Es ist wohl da schon durchgesickert, dass Kō Itakura gehen will. Da hat es Sinn gemacht, ihn aus Dänemark zu holen. Er ist absolut erfahren und hat den großen Vorteil, dass er in der Verteidigung nahezu jede Position spielen kann." Schulte verspricht sich dadurch auch mehr Konkurrenz für Joe Scally auf der rechten Seite.
Ein weiterer Lichtblick für Schulte und Engelbach ist Gladbach-Eigengewächs Rocco Reitz. Der 23-Jährige war im Mittelfeld in der vergangenen Saison gesetzt, spielte zudem eine starke U21-Europameisterschaft. Schulte ist jedoch auch klar, welche Nebenwirkungen die herausragenden Leistungen des Rechtsfußes nach sich ziehen:
"Ich gebe mich da auch keinen Illusionen hin: Wenn alles normal läuft, ist das der Spieler, den wir 2026 verkaufen werden. Und dann ist das auch in Ordnung, weil ich da bei der Vereinsführung bin und sage, wir müssen Werte schaffen."
Neben den Werten, die der Verein schaffen möchte, könnte ein ganz besonderer Spielzug in der kommenden Saison für Gladbach stehen: Flanken von rechts. Das kann sich Schulte zumindest vorstellen. "Ein hoher Ball von Honorat und dann ein Kopfball von Tabaković oder Kleindienst ist aus meiner Sicht unser absoluter Go-to-move."
Und wer weiß, vielleicht wird diese Kombination im Borussia-Park legendär und kann sich über einen Auftritt und die Herzen der Fans beim nächsten großen Jubiläum freuen.
Nach harter Kritik steht Max Eberl beim FC Bayern vor einer wichtigen Aufsichtsratssitzung. In der Klubführung mehren sich die Zeichen der Rückendeckung.
Zuletzt war viel Kritik zu hören. Die verpasste Verpflichtung von Florian Wirtz, öffentlich ausgetragene Diskussionen um Transferziele, eine gewisse Unruhe auf dem sportlichen Parkett – Max Eberl stand beim FC Bayern unter Druck. Intern wie extern wurde debattiert, ob der Sportvorstand der richtige Mann für die großen Aufgaben an der Säbener Straße sei.