
Nationalstürmer Deniz Undav ist in diesem Sommer zum Rekordeinkauf des VfB Stuttgart aufgestiegen.Bild: dpa / Bernd Thissen
Analyse
Der SC Freiburg also wieder. Wenn der VfB Stuttgart am Samstag um 15.30 Uhr in die neue Bundesliga-Saison startet, geht es gegen den einst so kleinen Nachbarn aus dem Breisgau, der in den vergangenen Jahren am VfB vorbeigezogen war.
Schon in der Vorsaison trafen die beiden Klubs aus Baden-Württemberg früh aufeinander. Am dritten Spieltag gaben die Stuttgarter dabei einen ersten Vorgeschmack, dass sich die Machtverhältnisse um Südwesten der Republik wieder verschieben würden. Mit 5:0 fegten sie im Hinspiel über den Sport-Club hinweg, ebneten den Weg für eine berauschende Saison.
Eine Leistungsdelle gab es nur zum Start ins Jahr 2024, der 3:1-Sieg in Freiburg brachte den VfB Stuttgart aber zurück in die Erfolgsspur, katapultierte ihn am Ende gar auf einen sensationellen zweiten Platz. 73 Punkte, direkt vor dem FC Bayern, aus dem Abstiegskampf in die Champions League – es war ein famoses Jahr für den Traditionsklub.
Der Ausverkauf beim VfB Stuttgart
Was Fans, Spielern und Verantwortlichen in der Vorsaison derart viel Freude bereitet hat, schlug im Verlaufe des Sommers in Enttäuschung um. Den VfB Stuttgart ereilte der Fluch der guten Tat, denn gleich mehrere Leistungsträger machten den Abflug. Torjäger Serhou Guirassy und Kapitän Waldemar Anton gingen zum BVB, Defensivallrounder Hiroki Itō zum FC Bayern.
"Überrascht waren wir alle von Waldemar Anton, dass ausgerechnet der Kapitän von Bord geht und woanders Champions League spielen will, die wir als Vizemeister auch erreicht haben", sprach der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle im Interview mit der "Sport Bild" seine Verwunderung aus.
Bei Guirassy hingegen sei man vorbereitet gewesen, der Stürmer wurde schließlich schon in den beiden vorherigen Transferperioden mit anderen Klubs in Verbindung gebracht.

Überraschender Abgang: Waldemar Anton ist vom VfB Stuttgart zum BVB gewechselt.Bild: IMAGO images / RHR-Foto
Ohne dieses Trio vollzieht der VfB Stuttgart einen Umbruch, woraus auch Trainer Sebastian Hoeneß keinen Hehl macht. "Wir sind noch nicht komplett, wir sind noch nicht final. Deswegen wird es auch ein bisschen Zeit brauchen. Wir haben schon sehr viele Spieler abgegeben, sehr viele Spieler geholt", erklärte er vorm Supercup gegen Bayer Leverkusen.
Es fühlt sich ein wenig wie das verflixte zweite Jahr eines Aufsteigers an, dem die Leistungsträger nach dem überraschenden Erfolg weggekauft wurden. Einfacher wird es damit bekanntermaßen nicht.
Zumal die Schwaben neben der harten Herausforderung des Umbruchs und der kniffligen Bestätigung der Leistungen aus der Vorsaison nun auch die königliche Aufgabe Champions League bewältigen "müssen".
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Für das junge Stuttgarter Team werde dies "natürlich herausfordernd", gab Hoeneß unumwunden zu. Wie gefährlich es werden kann, zeigte im Vorjahr Union Berlin. Die Köpenicker stürzten aus den CL-Rängen in den Tabellenkeller und retteten sich erst am letzten Spieltag.
Die neue Stärke des VfB Stuttgart
Über Union spricht in Stuttgart zumindest offiziell niemand. Stattdessen verweisen die Klubbosse lieber auf die eigenen Stärken. Da wäre etwa die bereits im Vorjahr beeindruckend nachgewiesene Qualität, abgewanderte Topspieler ersetzen zu können. Konstantinos Mavropanos, Wataru Endō und Borna Sosa verließen den VfB im Sommer 2023, schlechter wurde das Team trotzdem nicht.
Dieses Jahr sind die Mittel zudem ganz andere. Die Stuttgarter haben diesen Sommer gleich zweimal ihren eigenen Transferrekord geknackt: zunächst mit Ermedin Demirović (21 Millionen Euro) und dann mit Deniz Undav (27 Millionen Euro). Hintergrund sind finanziell verbesserte Voraussetzungen.
"Inzwischen haben wir ein stabiles finanzielles Fundament. Der Einstieg von Porsche als Partner bringt zudem in Summe aller Komponenten deutlich mehr als 100 Millionen. Die MHP Arena ist fertig und generiert Mehreinnahmen im zweistelligen Millionenbereich pro Saison. Wir sind im Ranking der TV-Erlöse geklettert und spielen in der Champions League", erklärte Wehrle in der "Sport Bild" die monetäre Power.

Rekordeinkauf: Deniz Undav ist für knapp 27 Millionen Euro fest zum VfB Stuttgart gewechselt.Bild: IMAGO images / Eibner
Diese geht so weit, dass der VfB seinen Profis künftig keine Ausstiegsklauseln mehr in die Verträge schreiben möchte: "Immer wird das sicher nicht möglich sein. Aber wir sind jetzt so stabil, dass wir es uns leisten können, Verträge auch mal auslaufen zu lassen."
Selbst Hoeneß lässt sich daher deutliche Worte entlocken, sprach vor dem Supercup ganz offen darüber, dass noch ein Innenverteidiger kommen soll. "Da ist die Suche noch im vollen Gange, dort einen absoluten Qualitätsspieler hinzuzubekommen. Dass wir da was suchen und brauchen, steht außer Frage", sagte der Trainer. Auch ein Stürmer könnte noch kommen, gehandelt wird El Bilal Touré von Atalanta Bergamo.
Dabei wurde die Mannschaft auch abseits der Millionentransfers im Angriff clever verstärkt. Mit Jeff Chabot kam einer der zweikampfstärksten Verteidiger der Vorsaison, mit Nick Woltemade, Justin Diehl sowie Yannik Keitel drei ablösefreie Talente. Und wer weiß, vielleicht macht es der vom FC Bayern ausgeliehene Außenverteidiger Frans Krätzig wie Philipp Lahm vor 21 Jahren und startet beim VfB richtig durch.
Beim VfB Stuttgart überwiegt das Positive
"Diese Kombination ist unser neuer Weg: Wir wollen Leistungsträger, die sofort helfen, und dazu junge, entwicklungsfähige Spieler mit großem Potenzial", erklärte Wehrle die spannende Stuttgarter Kaderzusammensetzung. "Auch in der neuen Saison werden wir eine wettbewerbsfähige Mannschaft haben."
Es sind weitaus mehr als leere Worthülsen, wie sie Funktionär:innen in der ganzen Fußballwelt gerne herausposaunen. Rund um das Team herrscht trotz der Probleme, die es in den vergangenen Monaten in der Vereinsführung gegeben hat, große Euphorie. Die Fans sehnen Reisen quer durch Europa herbei, das Team verspricht einen guten Mix und mit Trainer Hoeneß ist der Vater des Erfolgs geblieben.

Der Vater des Stuttgarter Erfolgs: Sebastian Hoeneß.Bild: dpa / Tom Weller
Diesen positiven Gesamteindruck bestätigten die Schwaben auch im Supercup. Gegen Leverkusen zeigten sie Mut, Aggressivität, Zielstrebigkeit und Spielwitz. Freilich, der VfB offenbarte auch die eine oder andere Schwäche, gerade in der Innenverteidigung sowie in der Schlussphase. Einen Union-esquen Absturz wird dieses Team aber nicht hinlegen.
"Wenn wir unsere Schritte gehen, wenn wir uns an diesem Prozess orientieren, können wir wieder überraschen", sagte Hoeneß nach dem Supercup. Das sei allerdings "kein Warnschuss – an niemanden", ordnete Undav ungewohnt zurückhaltend ein.
Ein konkretes Ziel will Hoeneß nicht ausgeben, eine sorgenfreie Saison aber ist realistisch. Mit einzelnen Highlights in der Königsklasse on top.
Borussia Mönchengladbach steht im kommenden Transfersommer vor richtungsweisenden Entscheidungen. Besonders die Personalie Rocco Reitz könnte dabei eine zentrale Rolle spielen. Der 22-jährige Mittelfeldspieler, der aktuell nach einer Fuß-Operation pausieren muss, hat sich in den vergangenen Monaten zu einem der wertvollsten Spieler des Klubs entwickelt. Sein Marktwert ist seit seiner Rückkehr von VV St. Truiden im Sommer 2023 rasant gestiegen: von 800.000 Euro auf mittlerweile 15 Millionen Euro.