Es war der Aufreger des vergangenen Bundesliga-Wochenendes: der Feuerzeugwurf aus der Fankurve des 1. FC Union Berlin auf Patrick Drewes, den Torhüter des VfL Bochum. Nach knapp 30-minütiger Unterbrechung wurde die Partie ohne den Schlussmann fortgeführt, die Gäste spielten aufgrund des aufgebrauchten Wechselkontingents mit Stürmer Philipp Hofmann zwischen den Pfosten weiter.
Wobei von spielen nicht wirklich die Rede sein konnte, unter den Pfiffen der Köpenicker Zuschauer:innen einigten sich die Profis auf einen Nichtangriffspakt. Die Bochumer legten anschließend Protest gegen die Spielwertung ein, worüber der DFB ebenso noch entscheiden muss wie über die Strafe für Union.
Gesprochen und geschrieben aber wurde seit dem Eklat vom Samstag vor allem über Drewes, das Opfer in Köpenick. Ein "Schmierentheater" etwa hat Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe dem Schlussmann vorgeworfen. Fans von Union fluteten zudem einen älteren Instagram-Post von Drewes mit geschmacklosen Kommentaren.
Es haftet ein fader Beigeschmack von Täter-Opfer-Umkehr an all diesen Botschaften, denn das eigentliche Opfer ist hier deutlich zu erkennen. Drewes wurde klar ersichtlich vom Feuerzeug am Kopf getroffen, klagte anschließend über Unwohlsein, Übelkeit und Kopfschmerzen. Und doch wird er im Nachgang attackiert.
Auch, dass er zu Wochenbeginn mit dem Mannschaftstraining aussetzen musste, ließ seine Kritiker:innen nicht verstummen. Physisch war er schnell wieder bereit, aber das ist nicht die einzige Ebene, auf die es ankommt. Es geht auch um mentale Probleme, wie Dieter Hecking im Gespräch mit der "WAZ" erklärte:
Es hätte womöglich eingedämmt werden können, wenn sich der 1. FC Union Berlin etwas deutlicher geäußert hätte. Der Verein tat zwar gut daran, den Feuerzeugwerfer zu identifizieren und mit einem dreijährigen Stadionverbot zu belegen. Obendrein hat der Klub auch Anzeige erstattet. Das schnelle Handeln könnte auch die zu erwartende Strafe vonseiten des DFB etwas abschwächen.
Der Verein hat es bis dato aber nicht geschafft, sich beim Opfer zu entschuldigen. Und das ist auch kein Versehen, wie Christian Arbeit, Unions Geschäftsführer Kommunikation, auf Anfrage der "Bild" betonte:
Es war gewiss nur eine einzelne Person, die ein Feuerzeug auf Drewes geworfen hat. Es war aber eine ganze Tribüne, die anschließend pfiff, es war ein großer Teil der Fangemeinde, der den Torhüter im Nachgang auf Social Media diskreditierte. Und Bochums Geschäftsführer Ilja Kaenzig berichtete auch noch von "hässlichen Kommentaren" in den Katakomben der Alten Försterei.
Sich letztlich also nur hinter diesem einzelnen Täter zu verstecken, der im Übrigen auch ein Unioner ist, ist der Thematik nicht angemessen. Eine Entschuldigung würde den Köpenickern gewiss nicht wehtun, zugleich könnten sie damit den Rahmen für einen besseren öffentlichen Umgang mit dem Opfer setzen.
Wie einfach ein solches Sorry ist, haben ausgerechnet die Bochumer schon einmal vorgemacht. Als der Becherwurf auf Linienrichter Christian Gittelmann im Frühjahr 2022 für einen Spielabbruch sorgte, entschuldigte sich der Klub noch am selben Abend öffentlich.
Trotz des unschönen Diskurses der vergangenen Tage gibt es übrigens auch eine gute Nachricht: Drewes ist am Donnerstag ins Bochumer Mannschaftstraining zurückgekehrt und wird am Sonntag gegen Heidenheim wohl spielen können.