Nachdem der VfB Stuttgart im Sommer die Saison 2023/24 völlig überraschend auf dem zweiten Platz in der Bundesliga abgeschlossen hatte, war den Verantwortlichen sowie allen Fans und Beobachter:innen klar: Viele der Spieler werden den Verein verlassen.
Denn das ist ein ganz typischer Effekt bei Underdog-Teams: Sobald sie erfolgreich spielen, zweifeln manche Spieler daran, dass das singuläre Erfolgserlebnis wiederholt werden oder Bestand haben kann und sehen ihre einmalige Chance, zu einem Top-Klub zu wechseln.
Im Falle der Stuttgarter war dennoch recht überraschend, für manche gar schockierend, dass ausgerechnet Kapitän Waldemar Anton den VfB verlässt – und dann auch noch zu Borussia Dortmund geht.
Dem DFB-Innenverteidiger nahmen das nicht nur die Fans, sondern auch die Vereinsführung übel. Seine Enttäuschung über den Wechsel bekräftigte nun einmal mehr VfB-Boss Alexander Wehrle.
Bereits in der Vergangenheit hatte Wehrle gegenüber der "Sport Bild" erklärt, dass er über den Anton-Abgang "überrascht" gewesen sei. Dabei wies er darauf hin, dass Stuttgart schließlich ebenso wie der BVB für die Champions League in der aktuellen Saison qualifiziert ist.
Im Interview mit dem "Kicker" präzisierte Wehrle nun: "Bei Waldi war ich ein Stück weit enttäuscht." Als Begründung liefert er mit, dass sich Anton bei Stuttgart zum deutschen Nationalspieler entwickelt hat und bei Stuttgart Kapitän war.
Unerwähnt lässt Wehrle gar, dass Anton erst im Januar 2024 seinen Vertrag verlängert hatte und sich dabei "auf die weiteren Jahre im Trikot mit dem Brustring" freute.
Insgesamt kam wohl auch bei Wehrle ein falscher Eindruck auf. Anton habe "signalisiert, dass er sich auf die Champions League mit uns freut".
Besonders die aktive Stuttgart-Fanszene hatte Anton nach seinem Wechsel lautstark kritisiert und mitunter beleidigt. In ihren Augen betrog Anton sie. Dem Innenverteidiger wurde etwa beim Saisonabschluss die Ehre zuteil, in der Stuttgarter Kurve mit den Ultras zu stehen und etwas ins Mikro zu sagen.
Als Anton dann mit dem BVB im September nach Stuttgart zurückkehrte, hingen seine ehemaligen Fans Banner auf, die ihn etwa als "geldgeil" bezeichneten. Zudem wurde er bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen.
Sportvorstand Fabian Wohlgemuth verteidigte die Pfiffe, sprach sich jedoch gegen die Plakate aus und nahm Anton in Schutz. Und auch Alexander Wehrle erklärte jetzt im "Kicker": "Er hat sich jahrelang für uns reingehauen, verteufeln darf man ihn deshalb nicht."
In dem Interview kritisierte Wehrle zudem deutlich das Vorgehen der Polizei gegen Fans des VfB Stuttgart am Rande des Champions-League-Spiels in Belgrad. Er habe "den Eindruck, dass es nicht die oberste Priorität bei der Uefa ist, die Auswärtsfans so zu unterstützen, dass sie ein normales Fußballerlebnis haben können."
Fans seien etwa lange nach Abpfiff im Stadion festgehalten worden, ohne auf die Toilette gehen zu können oder sich was zu trinken holen zu dürfen. Wehrle deutlich: "Das kann nicht sein." Den Verein gäbe es nur, weil sich die Fans für ihn interessieren.
Die Fankultur sollte in Deutschland daher generell gestärkt werden. "Ohne Fans wird es schwierig."